Wirbelsäule: Bänder am Wirbelkörper

Heilkundelexikon

Wirbelsäule: Bänder am Wirbelkörper


I. Verbindungen der Wirbelkörper.
1. Die Zwischenwirbelbänder,
Zwischenwirbelscheiben
Zwischenscheiben, Ligg. intervertebralia s. s., stellen »Symphysen« dar. »Symphyse« ist eine Knochenverbindung, die zwischen der Naht, Syndes-mose und Synchondrose einer-, dem Gelenke andererseits steht. Die oberen und unteren Flächen der Wirbelkörper besitzen zunächst einen dünnen Be-lag von echtem (byalinen) Knorpel, an den sich die bindegewebige, faserige Zwischenscheibe anschliesst. Man kann, wenn man will, den ganzen Apparat als »Faserknorpel«, d. h. als ein Bindegewebe mit Knorpelzellen, Bindege-websknorpel bezeichnen, es ist aber besser, ihn, wie es eben geschehen, zu zerlegen. Ein dritter Bestandtheil der Scheibe ist der Kern, Nucleus oder Pulpa, eine aus gallertigem Bindegewebe, mit sehr zahlreich eingestreuten Zellen bestehende weiche Stelle hinter der Mitte der Scheibe. Es handelt sich hier um eine entwicklungsgeschichtlich wie mechanisch gleich wichtige Gegend; einmal finden wir hier die Reste der Chorda dorsaiis, des Zell-stranges, welcher die erste Anlage des Achsenskelets darstellt, zweitens ver-läuft durch diese Stellen die »neutrale Achse« der Wirbelsäule, d. h. die Linie, innerhalb deren am wenigsten Druck und Zug bei. den Bewegungen der Säule auftritt. Die Pulpa kann, besonders an den unteren Partien, so weich werden, dass eine Art von Gelenkhöhle nebst Gelenkflüssigkeit auftritt, Luschka hat diese Verbindungen, wie die Symphysis ossium pubis, geradezu als »Halbgelenke« beschrieben. Das fibröse Bindegewebe der Scheiben ist ausserordentlich fest und in bestimmter Weise angeordnet. Es verlaufen »concentrische« Fasern ringähnlich parallel den Rändern der Scheibe, welche in ihrer Form und Grosse der Wirbelkörperoberfläche genau entspricht, oder, zumal bei stärkerer Belastung, etwas über die Knochenränder hervorragt. Diese concentrische, natürlich nicht genau kreisförmige Schichtung des Ge-webes erkennt man sehr leicht an Horizontalschnitten. Auf Sagittal- und Frontalschnitten sieht man sich kreuzende Fasern, die an ein Fachwerk erinnern. Die Verbindung zwischen Wirbelkörper und Knorpelscheibe, zwischen dieser und dem eigentlichen Bande und der Elemente des letzteren unter sich ist eine ausserordentlich feste. Trotzdem sind aber Bewegungen zweier Nachbarwirbel gegeneinander um die drei Achsen des Raumes, natürlich nur innerhalb beschränkter Grenzen möglich, da nicht nur die Festigkeit, son-dern auch die Elasticität der Scheiben eine sehr hohe ist. Ceteris paribus muss die Bewegungsgrösse zunehmen mit der Höhe (Dicke) der Scheiben ebenso wie der Abnahme der horizontalen Ausdehnung der Scheiben, wir der Wirbel. Je kleiner also die Wirbeloberfläche und je höher die Scheibe desto grösser die Beweglichkeit. Die höchsten Scheiben finden wir nun zwischen den Lendenwirbeln, deren Breite und Tiefe aber diesen Vortheil grösstentheils compensirt. Die Höhe der Scheiben nimmt nach oben hin bis zum 3. Brustwirbel allmählich ab, dann wieder zu bis zur Mitte der Hals-wirbelsäule, um schliesslich, zwischen dem 2. und 3. Halswirbel, am kleinsten zu sein. Gegenden mit sehr niedrigen Scheiben sind daher die vom 3. ?6. oder 7. Brustwirbel und die zwischen 2. oder 3. Halswirbel. Die zwischen Kreuz-bein und letztem Lendenwirbel liegende Scheibe ist 5?7mal so hoch als die zwischen dem* 3. und 4. Brustwirbel. Entsprechend der biconcaven Form der Wirbelkörper sind die Scheiben im allgemeinen an den Rändern niedriger als in der Mitte. Besonders gilt dies vom hinteren »Rande« oder den hinteren Abschnitten der Scheibe, und zwar in dem Masse, dass allein durch die (vorn und hinten) ungleiche Höhe der Scheiben, ohne Zuthun der Wirbel-körper, Krümmungen der Wirbelsäule mit der Convexität nach vorn zustande kommen würden. Ueber die Beziehungen der Zwischenscheiben zu den beiden Längsbändern siehe unten.

2. Das vordere Längsband, Lig. longitudinale s. commune verte-brale anticum, Pascia longitudinalis anterior. An jedem Wirbelkörper wird der obere und untere Rand ? die ja beide mehr oder weniger vorragen ? durch längs (senkrecht) verlaufende Züge fibrösen Bindegewebes verbunden. Dieser tiefsten Schicht folgen Fasern, welche von einem Wirbelkörper zum nächsten verlaufen und mit der betreffenden Zwischenscheibe innig ver-wachsen sind. Auf diese folgen dann immer länger werdende Züge, welche zum 2., 3., 4. -nächsten Wirbelkörper gehen u. s. w. So entsteht schliesslich ein von oben nach unten, wie von vorn nach hinten in sich zusammen-hängender Bandapparat, der sich von dem Tuberculum des Atlas bis zur Mitte des Kreuzbeines verfolgen lässt; dies Band wird zunächst immer stärker und breiter, um dann vom 5. Lendenwirbel an wieder, und zwar sehr schnell schmaler und dünner zu werden. Zwischen Atlas und Hinterhaupt vertritt die Membrana obturatoria anterior die Stelle des Bandes. Das hintere Längsband, Lig. longitudinale s. commune vertebrale posticum, Fascia longitud. postica, liegt im Rückenmarkscanale an der hinteren Fiäche der Wirbelkörper. Wie das vordere, steht es nicht nur mit den Wirbelkörpern, sondern auch mit den Zwischenscheiben in Verbindung. Es ist sehr viel schwächer, als das vordere und wird von oben nach unten hin stetig schmaler und dünner. An den unteren Wirbeln verbindet es nur noch die mittleren Theile der Ränder eines Wirbelkörpers, beziehungsweise zwei auf einander folgende Scheiben mit einander. Es liegt zwischen den paarigen grossen Foramina nutricia oder theilt den Eingang in ein unpaares in zwei Hälften. Dieses Band verläuft vom Hinterhauptsbein bis ins Kreuz-bein, hinein. Am oberen Theile der Halswirbelsäule zerfällt es in zwei Schichten, deren vordere als »Apparatus ligamentosus« bezeichnet wird. (Siehe unten, Atlas-Epistropheus-Verbindung.)


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