Wirbelsäule: Wirbeleigenschaften

Heilkundelexikon

Wirbelsäule: Wirbeleigenschaften


II. Allgemeine Eigenschaften der Wirbel.

Alle Wirbel sind, wenn auch im geringen Grade, auf ihrer rechten Seite stärker entwickelt, als links. An den Lendenwirbeln ist dies oft sehr auffallend. ? Die Wirbel bestehen zumeist aus Substantia spongiosa, welche nach aussen von einer zusammenhängenden, aber sehr vielfach durchbohrten dünnen Lamelle umschlossen wird. Stärkere Ansammlung von Compacta findet sich nur am Grunde der oberen wie der unteren Incisur, am Ursprünge
des Bogens (vergl. unten). Auch in der oberen Hälfte des Zahnes vom Epistropheus ist Compacta vorherrschend. Die Wirbelkörper können als kurze Röhrenknochen betrachtet werden, da sie eine Diaphyse und zwei Epiphysen (je eine obere und untere) besitzen (vergl. unten). Die Knochen-bälkchen verlaufen in dem Wirbelkörper 1. senkrecht von der oberen zur unteren Fläche, 2. wagerecht, 3. von den Gelenkfortsätzen (Gelenkflächen) aus in den Wirbelkörper hinein, derart, dass die von dem oberen Gelenk-fortsatze ausgehenden nach dem unteren Rande des Körpers gelangen und umgekehrt. Ferner findet eine Durchkreuzung nach der anderen Seite hin statt. Die Knochenbälkchen sind an den beiden Enden sehr viel zahlreicher und feiner als nach der Mitte zu. Hier kommt es zu der Bildung grösserer Balken und grösserer Hohlräume, welche in den unteren Wirbeln schon sehr an die einfache grosse Markhöhle der langen Röhrenknochen erinnern. Sehr wichtige Stellen sind die oben erwähnten Anhäufungen von Compacta am Bogenhals, welche Verfasser als »Knotenpunkte« bezeichnet hat. Hier sammeln sich die Knochenbälkchen vom Bogen und den Gelenkfortsätzen her, und von hier strahlen sie anderseits in den Körper hinein aus. Näheres über den complicirten Aufbau der Wirbelspongiosa siehe in dem unten citirten Werke des Verfassers. Eine Störung der Regelmässigkeit, jedenfalls eine Unterrechung erleiden die Bälkchensysteme durch die in die Spongiosa eingegrabenen Canäle für Arterien und Venen, ? in denen auch Lymphbahnen, sowie Nerven (s. unten) verlaufen. Den Ausgangspunkt dieser Canäle hatten wir oben bereits als Foramen nutritium (magnum) kennen gelernt. Ausserdem gibt es noch ungezählte kleinere an den Flächen des Körpers, des Bogens und der Fortsätze.

Das Gewicht und Volumen der Wirbel nimmt mit den einzelnen Dimensionen im allgemeinen von oben nach unten hin zu, abgesehen natürlich von den beiden ersten, sowie von den Kreuz- und Steisswirbeln. Bei diesen ist ja leicht das Umgekehrte zu erweisen. Eine Ausnahme machen (vergl. oben) die obersten Brustwirbel. Der 2. ?5. wiegen weniger als der erste. Als Durchschnitt von vier fehlerfreien trockenen Wirbelsäulen fand Verfasser (1. c.) folgende Zahlen:
1. Brustwirbel12, 68 Grm. 4. Brustwirbel10, 95 Grm.
2. ?11, 76 ?5. ?11, 78 ?
3. ?10, 68 ?6. ?12, 80 ?
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Eine absolute und starke Abnahme zeigt also der 2. gegen den 1., dann der 3. gegen den 2. Die Zunahme des 4. und des 5. ist noch ungenügend, um dem 1. gleich zu kommen; erst der 6. Brustwirbel erreicht den 1. oder übertrifft ihn um ein Geringes. Verf. hat diese auffallende Erscheinung phylogenetisch und mechanisch zu erklären versucht. Bekanntlich nehmen die Wirbel der Vierfüsser vom Halse nach dem höchsten Punkte des Rückens (Inclinationspunkt) hin allmählich ab, um dann nach dem Kreuz hin wieder stärker zu werden. »Es wäre nun denkbar,« so äusserte Verf. sich vor 25 Jahren, »dass sich bis zum heutigen Tage ein Residuum dieses Ver-hältnisses beim Menschen erhalten hätte.« Aus dem »denkbar« möchte Verf. jetzt ein »höchst wahrscheinlich« machen. Eine zweite, rein mechanische ? der ersten aber nicht widersprechende, sogar sie unterstützende ? Erklärung gestattet der Umstand, dass der erste Brustwirbel infolge der An-lagerung der 1. Rippe vorzugsweise die Last der oberen Extremitäten zu tragen hat. (Schlüsselbein, oberes Stück des Brustbeines). Selbstverständlich theilt sich diese Belastuug auch den folgenden Wirbeln mit, theils direct, theils durch Vermittelung des Brustbeines und der Rippen. Die vom Verf. a. a. O. mitgetheilte Curve für die Gewichtszunahme der Wirbel zeigt bei sonstiger grosser Regelmässigkeit im Bereiche des 7. Hals- bis 3. Brustwirbels eine Störung; es ist, als wenn man der Curve eine zweite aufgesetzt hätte.

Die Wirbel sind überall, ausgenommen die obere und untere Fläche des Körpers und die Gelenkflächen der schiefen Fortsätze, mit Periost um-kleidet. An den angeführten Stellen liegt hyaliner Knorpel, ein Rest des knorpeligen Stadiums, welches der Wirbel in seiner Entwicklung durchmacht (s. unten). B. Bänder und Gelenke der Wirbelsäule. Erst durch die Band Verbindungen wird aus den einzelnen Elementen ein zusammenhängendes Ganzes, eine Säule, geschaffen. Wir unterscheiden die Verbindungen der Wirbelkörper, der Bogen, der Gelenk-, Quer- und Dornfortsätze.


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