Zelle: Zellmembran

Heilkundelexikon

Zelle: Zellmembran


Allgemeines. (Nach Fr. Eilhard Schulze, Verhandlungen der Anatom. Gesellschaft, 1896.) Wie oben in der kurzen geschichtlichen Einleitung gesagt wurde, ist der Begriff der Zellmembran ursprünglich von der häutigen Cellulosehülle der Pflanzenzellen entnommen worden und wurde in der thierischen und menschlichen Histologie auf sehr verschiedenartige Hüllen- und Rindenbildungen angewandt, welche sich bei verschiedenen Zellformen an der Oberfläche des plasmatischen Zellenleibes im lebenden oder abgestorbenen Zustande wahrnehmen lassen. Nachdem sich (s. o.) herausgestellt hatte, dass eine distincte Membran vielen Zellen fehlt, verfiel man, im Gegensatz zu der alten Lehre Schwann's, eine Zeitlang in das andere Extrem, d. h. man hielt die Zellmembran für einen ganz unwesentlichen Bestandteil der thierischen Zelle und beschäftigte sich in neuerer Zeit sehr wenig mit derselben, so dass eine Zeit lang sogar eine Unsicherheit darüber bestand, was man überhaupt bei thierischen Zellen »Zellmembran« nennen soll und in welchem Sinne verwandte Beziehungen, wie Pellicula, Cuticula etc., zu verstehen oder anzuwenden seien. Eilh. Schulze wies nun 1896 daraufhin, dass für derartige histologische Begriffe und Bezeichnungen nur rein morphologische Gesichtspunkte, d. h. Form und Lage, in Betracht kommen können, nicht die chemische Natur oder die Structurverhältnisse. Ob eine Zellgrenzschicht aus Albumin, Chitin, Keratin, Cellulose oder irgend einer anderen festen organischen Substanz oder Verbindungen solcher besteht, würde gleicbgiltig sein. Auch ob eine Zellhülle homogen, lamellös geschichtet oder radiär durchbohrt ist, ob sie aus einem Balkennetz, Balkengerüst oder aus Waben besteht, ob differente Formelemente dieser oder jener Art eingelagert sind oder nicht, kann hier nach Schulze kaum in Betracht kommen. Anders steht es mit der Frage nach dem Unterschied in der Festigkeit einer Rindenschicht gegenüber dem übrigen Plasma des Zellleibes.
Dabei ist abzusehen von dem »physikalischen Qberflächenhäutchen«, welches an der Oberfläche jeder in dünnerer Flüssigkeit freiliegenden Plasmamasse als eine dichtere Grenzschicht vorhanden ist, nach Art einer Zellmembran wirken und sich optisch darstellen kann, aber den Namen Membran nicht verdient, da es nicht als feste Masse für sich besteht. Besonders wichtig aber erscheint ein schon vor langem durch Leydig hervorgehobener Umstand, nämlich die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen einer nach innen gegen den weichen Plasmakörper mehr oder minder scharf abgegrenzten festen Grenzschicht und einer ganz allmählich ohne erkennbare Grenze in die weiche Plasmamasse übergehenden Rindenmasse.

Nur die erstere kann nach Schulze auf die Bezeichnung Zellmembran, entsprechend dem deutschen »Haut« oder »Häutchen« (man denke an gekochte Milch) Anspruch machen, für andere Bildungen muss man andere Bezeichnungen wählen. So liesse sich z. B. die derbe hyaline Rindenmasse, welche sich bei in Verhornung begriffenen Epithelzellen nicht scharf von dem in der Umgebung des Kernes vorhandenen Plasmakörper der Zelle abgrenzt, etwa mit dem Worte Crusta, Kruste bezeichnen (z. B. Brotkruste, Käserinde). Ferner erhebt sich die Frage, ob man nur die den ganzen Zellkörper vollständig umhüllende oder auch eine nur einseitig entwickelte Decke als Zellmembran bezeichnen soll. Für letztere ist der Ausdruck »Cuticula« seit langem in Gebrauch. Die den Plasmakörper allseitig umhüllende Membran könnte man dann »Pellicula« nennen.

Als »Cuticula« eine durch Ausscheidung, als »Membran« eine durch Umwandlung der Plasmarinde entstandene Hülle zu bezeichnen, erscheint zur Zeit wenigstens, schon deshalb unzweckmässig, weil wir in vielen Fällen gar nicht wissen, auf welche Weise diese Gebilde entstehen; ferner aber deshalb, weil diese beiden Entstehungsarten sich oft nicht von einander trennen lassen.

Eine besondere, vom Zellinhalt deutlich abzugrenzende Membran kommt keineswegs allen Zellen zu und geht, wo sie sich findet, aus einer Verdichtung der peripheren Protoplasmaschicht hervor (M. Schultze). Verhältnissmässig derb sind die Membranen der Chorda dorsalis und auch hier zuerst, von Joh. Müller, nachgewiesen worden. Sehr verbreitet ist ihr Vorkommen an den Geschlechts- und Epithelzellen bei Wirbellosen, namentlich Arthropoden, bei Wirbelthieren finden sie sich an Eizellen (Dotterhaut des Vogel- und Reptilieneies), an manchen Epithelien (Magenepithel, Becherzellen, LlEYDiG'sche Schleimzellen, Alveolarzellen der Schleimdrüsen), an den äusseren Haarzellen des Cortischen Organs u. a. a. O.

Die Membranen sind homogen oder bestehen aus sehr dicht aneinander gereihten, zum Theil verschmolzenen Körnchen und besitzen in Zellen mit Netzstructur mitunter die gleiche, aber meist äusserst engmaschige Structur. Eine solche lässt sich namentlich bei jungen Membranen nachweisen, in welchen die Netzsubstanz sich chemisch und physikalisch noch wenig von der des Zellkörpers unterscheidet; dem entsprechend sind auch solche Membranen weich, elastisch und nachgiebig bei amöboiden Bewegungen des Zellkörpers, so die Hodenzellen von Arthropoden (Carnoy, Platner). Die gleiche weiche Beschaffenheit und häufig gleichfalls eine netzförmige Structur besitzt auch die einer Membran gleichwerthige Cuticula von Infusorien. In die Membran senken sich häufig die Netztheile der peripheren Protoplasmaschicht fort, schwinden in ihr, wenn sie homogen geworden ist, oder verbinden sich mit Knotenpunkten ihrer Netze, wie in den Zellen des Rete Malpighi, den Zellen von Schleimdrüsen, den Schleimzellen der Amphibienblase und im Darmepithel der Assel.

Mit dem Alter wird die Membran häufig resistenter gegen die Einwirkung von Säuren und Alkalien, widersteht der Maceration wie Eiweiss
losenden und verdauenden Flüssigkeiten und erlangt ein stärkeres Brechungsvermögen. Gleichzeitig wird eine vorhandene Netzstructur undeutlich oder schwindet, indem entweder nur die Maschensubstanz sich verdichtet oder auch die Netztheile derber und stärker glänzend werden unter entsprechender Verkleinerung der Maschen; häufig nimmt dabei die Membran auf Kosten der angrenzenden peripheren Schicht des Zellkörpers an Dicke entweder stetig zu oder so, dass nacheinander Netzlamellen sich in Membranlamellen umwandeln. Innerhalb einer solchen concentrisch geschichteten Membran weist häufig nur noch eine feine, radiäre Streifung auf die ursprünglichen Structur-verhältnisse hin.

Sowohl in der Dotterhaut des Vogeleies wie in der Membran der Fettzellen wechseln ganz homogene Abschnitte mit solchen ab, die ein deutlich netzförmiges, in der Dotterhaut öfter fein fibrilläres Gefüge darbieten, und lässt sich der Uebertritt von Protoplasmafäden zur Membran und in dieselbe hinein deutlich verfolgen. Die an Bildung der Fettzellenmembran betheiligten Netzelemente des Protoplasms verblassen nicht nur, sondern verlieren auch die Fähigkeit, Farbstoffe aufzunehmen und Goldchlorid zu reduciren, während die Maschensubstanz gleichzeitig eine grössere Dichte erlangt, bis schliesslich die Membran ein ganz homogenes Aussehen darbietet (Fig. 113).

Fig. 113: Bei a in der Flächenansicht einer Fettzellenmembran vom Mesenterium der Katze mit in der Peripherie bereits verblassten Protoplasmastructuren, die in der Mitte in voUkonWen homogene Membranabschnitte übergehen; bei b optische Durchschnitte der zum Jros^TSl noch körnigen nnd lückenhaften Membran.
Fig. 113: Bei a in der Flächenansicht einer Fettzellenmembran vom Mesenterium der Katze mit in der Peripherie bereits verblassten Protoplasmastructuren, die in der Mitte in voUkonWen homogene Membranabschnitte übergehen; bei b optische Durchschnitte der zum Jros^TSl noch körnigen nnd lückenhaften Membran.


In jüngeren Membranen und in älteren, deren Netzstructur noch deutlich vortritt, rnuss es häufig dahingestellt bleiben, ob die Masehen abgeschlossen oder offen sind und Flüssigkeiten freien Durchtritt aus den Zellen und in dieselben gestatten. Carnoy hält die Maschen für geschlossen durch Verdichtung ihres Inhaltes oder durch Verdickung der Netztheile, während Die fand, dass in den Zellen des Rete Malpighi, wie im Epithel der Lippen-, Mund- und Darmschleimhaut die Maschen der Membrannetze dnrch sehr zarte, färbbare Membranen geschlossen werden. Den Membranen der Spermatocyten von Lepidopteren schreibt dagegen Plattner ausdrücklich offene Maschen zu und ebenso Leydig der Aussenfläche der Secretionszellen der Spinngefasse von Raupen, der Zellen der Schleimcanäle von Aulocostomum, der Speicheldrüsen von Wasserwanzen und Chironomuslarven und ebenso der Außenfläche hüllenloser Zellen höherer Thiere.


Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Text auf dieser Seite um einen Auszug aus einem über hundert Jahre alten Fachbuch der Medizin handelt.
So entsprechen vor allem die genannten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nicht dem aktuellen Stand der Medizin, die Anwendung kann nicht nur die Diagnose einer Erkrankung verzögern, sondern auch direkt den Körper schädigen.

Hinweis: Der Text auf dieser Seite entstammt einem über einhundert Jahre alten Fachbuch. Daher entsprechen die gemachten Angaben nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Verwenden Sie niemals die angegebenen Rezepturen und Heilmethoden, da sie gesundheitsgefährdend seien können.