Zelle: Zellkern

Heilkundelexikon

Zelle: Zellkern


Kern. Der Kern stellt einen meist in den centralen Abschnitten der Zelle gelegenen, von derselben durch eine Membran abgegrenzten, mit einem besonderen Stroma versehenen und häufig einen oder mehrere Kernkörper (Nucleoli) einschliessenden runden oder ovalen Körper dar, der sich meist schon morphologisch, ausserdem aber durch die physikalische und chemische Beschaffenheit seiner Theile auffällig von der Substanz des Zellkörpers unterscheidet. In manchen Geweben sind im unveränderten Zustand derselben Kerne überhaupt nicht zu unterscheiden (Hornhaut, Linse, Epithel der Kiemenblätter der Salamanderlarven) oder sie erscheinen nur als homogene, zart begrenzte Körper, in denen ein Kernkörperchen sichtbar sein kann (Ganglienzellen) oder erst auf Zusatz von Reagentien vortritt.

Bezüglich der niederen, eines Kernes ganz entbehrenden Organismen (Moneren) ist die Möglichkeit keineswegs ausgeschlossen, dass eine der Kern-
Substanz verwandte Substanz sich im Protoplasma vertheilt findet, da auch bei höheren Thieren ein solches Vorkommen constatirt wurde. So fand Slater, dass bei einem 0, 8 Mm. langen Embryo einer südamerikanischen Peripatusart die Zellen keine Kerne enthielten, sondern nur Chromatin-partikel, die durch die ganze Zelle zerstreut waren.

Fig. 115: A? D von Ascaris megalocephala bivalens. ? A ruhender Kern einer Ursamenzelle. B Kern einer Samenmutterzelle aus dem Anfang der Wachsthumszone. G ruhender Kern einer Samon-mutterzelle aus der Wachsthumszone. D bläschenförmiger Kern einer Samenmutterzelle am Anfang der Theilungszone, in Vorbereitung zur Theilung. ? Aus HERTWIG, Zelle, Fig. 20.
Fig. 115: A? D von Ascaris megalocephala bivalens. ? A ruhender Kern einer Ursamenzelle. B Kern einer Samenmutterzelle aus dem Anfang der Wachsthumszone. G ruhender Kern einer Samon-mutterzelle aus der Wachsthumszone. D bläschenförmiger Kern einer Samenmutterzelle am Anfang der Theilungszone, in Vorbereitung zur Theilung. ? Aus HERTWIG, Zelle, Fig. 20.

Fig. 116: Ein deutlich feinwebiger Kern von Ceratium tripos. Nach Bütschli, Taf. 26, Fig. 14. A in der Ventralansicht; B in seitlicher Ansicht. Beide im optischen Durchschnitt. Aus HERTWIG, Zelle, Fig. 22. Fig 117: Ein ruhender Zellkern von Tritillaria imperialis. Nach Strassburger, Fig. 191A. Aus HARTWIG, Zelle, Fig. 25. <br /><br />Während die bei weitem meisten Kerne rund oder oval und dabei nicht selten abgeplattet sind, wie die der Schwann'schen Scheide, der Capillar-membran, die Zellhäutchen der VATER'schen Körper und Pia mater, besitzen andere eine von der gewöhnlichen mehr oder weniger abweichende Form. Mit Einkerbungen versehene oder nierenförmige und gelappte Kerne finden sich bei manchen Acineten, in den LEYDiG'schen Schleimzellen und im Hautepithel von Amphibienlarven, besonders bei hungernden Thieren (Flemming, 0. Schultze); ferner in den Riesenzellen des Knochenmarks von Kaninchen und Meerschweinchen, wie in Leukocyten und Wanderzellen (J. Arnold). In vielen spindelförmigen Zellen liegt der grösste Durchmesser des Kernes in der Richtung der Längsachse der Zelle; so sind in den glatten Muskelfasern die Kerne gestreckt, cylin-drisch und in den Rindenzellen der Haare zu einer langen Fadenspindel ausgezogen. Mehr oder weniger reich verästelte, mit ihren Verästelungen den Zellkörper durchziehende Kerne kommen bei Wirbellosen vor. <br /><br />Die Grösse des Kernes unterliegt sehr beträchtlichen Schwankungen, namentlich bei den Wirbellosen. Bei den Wirbelthieren besitzen die meisten Kerne einen Durchmesser von 4?8 [/., bei den Eiern und Ganglienzellen vom Menschen ist derselbe bis um das 4?5fache grösser. Beim Salamander sind die Kerne in sämmtlichen Geweben durch ihre Grosse ausgezeichnet, eignen sich daher besonders zu histologischen Studien (s. Zelltheilung). Constante Beziehungen zwischen Grosse der Zellen und Grosse der Kerne bestehen nicht, wenn auch vielfach grosse Zellen entsprechend grosse Kerne besitzen. <br /><br />Consistenz. Ueber die Consistenz des Kernes geben active und passive Veränderungen seiner Form Aufschluss. Die Kerne von Leukocyten werden in die Länge gezogen, band- oder strangförmig an einem Ende oder an beiden aufgerollt, bilden Buckel und Fortsätze, wobei es zwar mitunter schwierig oder unmöglich ist, zu entscheiden, inwieweit diese Formveränderungen durch Bewegungen des Protoplasma oder durch Eigenbewegungen <a name= des Kernes bewirkt werden, deren Zustandekommen aber unter allen Umständen auf eine weiche Beschaffenheit der Kernsubstanz schliessen lässt. Beim Zerzupfen der Gewebe von Wirbellosen (Arthropoden) wird nicht selten der Kern nicht nur als Ganzes deformirt in die Länge gezogen, birn-, keulen-, hantel- oder fächerförmig, sondern es tritt auch durch Einrisse der Membran sein Inhalt zu einem grösseren oder geringeren Theil aus und wird in die Länge gezogen (Carnoy, Van Bambeke), und auch daraus lässt sich entnehmen, dass die Kernsubstanz eine weiche, zähe Beschaffenheit besitzt. Da meist mit den Stromatheilen auch die homogene Grund- oder Maschensubstanz ausgezogen wird, scheint die Consistenz der letzteren nur wenig geringer zu sein als die der ersteren und dieselbe kann vielfach nur cum grano salis als »Kernsaft« bezeichnet werden. Weniger leicht und in geringerem Grade als die Stromatheile werden die Membran und die Kernkörperchen durch Druck und Zug deformirt, scheinen demnach aus einer etwas festeren Substanz zu bestehen. In verhornenden Theilen erlangen dagegen auch das Stroma und die Grundsubstanz eine grössere Dichtigkeit; die letztere ist auch in den Kernen der Hautdrüsen von Urodelen fester und tritt bei Druck nicht aus.

Meist findet sich in den Zellen nur ein einziger Kern, mitunter deren zwei bis drei oder eine grössere Zahl, wie in den vielkernigen Zellen des Knochenmarks (Riesenzellen, Myeloplaxes).

Die Kernmembran wurde früher als eine allseitig geschlossene angesehen, der Kern selbst als ein vom übrigen Zellinhalt ringsum abgeschlossenes Bläschen. 1867 behauptete Frommann, dass der Kern vom Protoplasma zwar abgeschlossen zu sein scheine, es aber thatsächlich nicht sei, indem feine Protoplasmafäden sich theils in seine Membran einsenken, theils durch Lücken derselben in sein Inneres treten. Bei Anwendung stärkerer Vergrösserungen hat sich gezeigt, dass bei vielen Kernen die Membran aus meist sehr dicht aneinander gelagerten und vielfach netzförmig verbundenen Körnchen und Knötchen besteht, in welche in wechselnder Häufigkeit sich auch periphere Stromatheile des Kerninnern inseriren und aus mehr oder weniger zahlreichen kürzeren oder längeren Faden- oder Strangstücken bestehen. Je nach der Derbheit dieser Theile und ihrer mehr oder weniger dichten Stellung ist auch das Durchschnittsbild der Membran ein wechselndes. Es treten bald nur feinere und derbere Körnchen in dichter, perlschnurartiger Anordnung oder, wenn sie etwas weiter auseinandergerückt sind, auch feine, sie verbindende Fäden hervor, bald wird der Contour in grösserer oder geringerer Ausdehnung durch spangenförmige oder Bruchstücke von Ringen darstellende Fäden gebildet, zwischen denen er wieder ein körniges, durchbrochenes Aussehen darbietet. Auf das Vorhandensein einer ganz geschlossenen Membran lässt sich nur dann mit Wahrscheinlichkeit schliessen, wenn der Kerncontour nicht blos bei einer Durchschnittsansicht ein glatter, ununterbrochen in sich zurücklaufender ist, sondern es auch beim Wechsel der Einstellung bleibt. Ausser den häufig vorkommenden kleinen Lücken treten mitunter auch weitere auf, die Membran kann im Bereiche eines grösseren oder selbst des grössten Theiles des Kernumfanges ganz fehlen und die Lücke ist dann entweder ganz leer oder sie wird durchsetzt von einzelnen aus dem Kern aus- oder in ihn eintretenden Fäden oder von Netzsträngen und Streifen, welche mit den Protoplasmanetzen continuirlich zusammenhängen, so in Ganglienzellen, in den Zellen des Hyalinknorpels vom Salamander, in Zellen des fibrillären Bindegewebes, in Epidermiszellen vom Hühnchen (Frommann), im Wimperepithel der Epididymis (Klein) und bei Wirbellosen im Darmepithel, in den MALPiGHi'schen Gefässen, im Fettkörper und in Ganglienzellen (Leydig) (Fig. 109, 114 und118). In den glatten Muskelfasern von Tritonen fehlt mitunter an den Kernpolen die Membran und die Fibrillen des Protoplasma
laufen jederseits direct in das Netz des Kerninnern aus und auch im fibrillären Bindegewebe (ebenso auch bei der grauen Degeneration des Rückenmarks) setzen sich mitunter feine, durch Membranlücken aus dem Kern ausgetretene Fäden unmittelbar in Pibrillen fort, die den übrigen in der Umgebung des Kernes befindlichen und aus dem Protoplasma gebildeten ganz gleichen. Verbindungen von Fäden der Protoplasmanetze mit der Kernmembran sind in Epithel-, Bindesubstanz-, Nerven- und Drüsenzellen von Wirbelthieren und Wirbellosen nachgewiesen worden, die Abgrenzung des Kernes erscheint aber trotzdem als eine scharfe, weil die Membran meist derber und stärker glänzend ist als die in sie sich einsenkenden Protoplasmafäden. Wenn sich, wie es häufig der Fall ist, Stromabälkchen in grösserer Zahl in die Membran inseriren, kann dieselbe als eine den Kern umschliessende Schale von dichter als im Kerninnern aneinander gerückten Stromatheilen betrachtet werden. Ausser dieser, dem Kern zugehörigen, durch Kernfärbemittel färbbaren Membran ist von manchen Beobachtern nach aussen von derselben noch eine zweite, sehr dünne, den Kern ringsum und vollständig umschliessende Membran beschrieben worden, welche im Gegensatz zu der ersteren nicht färbbar ist. Eine solche zweite achromatische Membran fand Flemming im Epithel der Kiemenblätter von Amphibienlarven, in Eiern von Wirbellosen, in Nervenzellen, in den Zellen der Hautdrüsen von Urodelen, den Speicheldrüsen von Chironomus, ebenso Leydig an den Ganglien von Gastropoden (Fig. 119). Kernstroma.

{#26_118#Fig 118: Kern aus dem Mesenterium vom Salamander; durch zwei grosse Lücken der Kernwand treten feine, gehörnte Fibrillen in das Kerninnere. Fig 119: Riesenkern aus einer Hautdrüse von Salamandra mit achromatischer grösserer und chromatischer innerer, von schmalen Lücken durchbrochener Membran. Gerüstbälkchen zum Theil radiär gerichtet. " />
Fig. 116: Ein deutlich feinwebiger Kern von Ceratium tripos. Nach Bütschli, Taf. 26, Fig. 14. A in der Ventralansicht; B in seitlicher Ansicht. Beide im optischen Durchschnitt. Aus HERTWIG, Zelle, Fig. 22. Fig 117: Ein ruhender Zellkern von Tritillaria imperialis. Nach Strassburger, Fig. 191A. Aus HARTWIG, Zelle, Fig. 25.

Während die bei weitem meisten Kerne rund oder oval und dabei nicht selten abgeplattet sind, wie die der Schwann'schen Scheide, der Capillar-membran, die Zellhäutchen der VATER'schen Körper und Pia mater, besitzen andere eine von der gewöhnlichen mehr oder weniger abweichende Form. Mit Einkerbungen versehene oder nierenförmige und gelappte Kerne finden sich bei manchen Acineten, in den LEYDiG'schen Schleimzellen und im Hautepithel von Amphibienlarven, besonders bei hungernden Thieren (Flemming, 0. Schultze); ferner in den Riesenzellen des Knochenmarks von Kaninchen und Meerschweinchen, wie in Leukocyten und Wanderzellen (J. Arnold). In vielen spindelförmigen Zellen liegt der grösste Durchmesser des Kernes in der Richtung der Längsachse der Zelle; so sind in den glatten Muskelfasern die Kerne gestreckt, cylin-drisch und in den Rindenzellen der Haare zu einer langen Fadenspindel ausgezogen. Mehr oder weniger reich verästelte, mit ihren Verästelungen den Zellkörper durchziehende Kerne kommen bei Wirbellosen vor.

Die Grösse des Kernes unterliegt sehr beträchtlichen Schwankungen, namentlich bei den Wirbellosen. Bei den Wirbelthieren besitzen die meisten Kerne einen Durchmesser von 4?8 [/., bei den Eiern und Ganglienzellen vom Menschen ist derselbe bis um das 4?5fache grösser. Beim Salamander sind die Kerne in sämmtlichen Geweben durch ihre Grosse ausgezeichnet, eignen sich daher besonders zu histologischen Studien (s. Zelltheilung). Constante Beziehungen zwischen Grosse der Zellen und Grosse der Kerne bestehen nicht, wenn auch vielfach grosse Zellen entsprechend grosse Kerne besitzen.

Consistenz. Ueber die Consistenz des Kernes geben active und passive Veränderungen seiner Form Aufschluss. Die Kerne von Leukocyten werden in die Länge gezogen, band- oder strangförmig an einem Ende oder an beiden aufgerollt, bilden Buckel und Fortsätze, wobei es zwar mitunter schwierig oder unmöglich ist, zu entscheiden, inwieweit diese Formveränderungen durch Bewegungen des Protoplasma oder durch Eigenbewegungen
des Kernes bewirkt werden, deren Zustandekommen aber unter allen Umständen auf eine weiche Beschaffenheit der Kernsubstanz schliessen lässt. Beim Zerzupfen der Gewebe von Wirbellosen (Arthropoden) wird nicht selten der Kern nicht nur als Ganzes deformirt in die Länge gezogen, birn-, keulen-, hantel- oder fächerförmig, sondern es tritt auch durch Einrisse der Membran sein Inhalt zu einem grösseren oder geringeren Theil aus und wird in die Länge gezogen (Carnoy, Van Bambeke), und auch daraus lässt sich entnehmen, dass die Kernsubstanz eine weiche, zähe Beschaffenheit besitzt. Da meist mit den Stromatheilen auch die homogene Grund- oder Maschensubstanz ausgezogen wird, scheint die Consistenz der letzteren nur wenig geringer zu sein als die der ersteren und dieselbe kann vielfach nur cum grano salis als »Kernsaft« bezeichnet werden. Weniger leicht und in geringerem Grade als die Stromatheile werden die Membran und die Kernkörperchen durch Druck und Zug deformirt, scheinen demnach aus einer etwas festeren Substanz zu bestehen. In verhornenden Theilen erlangen dagegen auch das Stroma und die Grundsubstanz eine grössere Dichtigkeit; die letztere ist auch in den Kernen der Hautdrüsen von Urodelen fester und tritt bei Druck nicht aus.

Meist findet sich in den Zellen nur ein einziger Kern, mitunter deren zwei bis drei oder eine grössere Zahl, wie in den vielkernigen Zellen des Knochenmarks (Riesenzellen, Myeloplaxes).

Die Kernmembran wurde früher als eine allseitig geschlossene angesehen, der Kern selbst als ein vom übrigen Zellinhalt ringsum abgeschlossenes Bläschen. 1867 behauptete Frommann, dass der Kern vom Protoplasma zwar abgeschlossen zu sein scheine, es aber thatsächlich nicht sei, indem feine Protoplasmafäden sich theils in seine Membran einsenken, theils durch Lücken derselben in sein Inneres treten. Bei Anwendung stärkerer Vergrösserungen hat sich gezeigt, dass bei vielen Kernen die Membran aus meist sehr dicht aneinander gelagerten und vielfach netzförmig verbundenen Körnchen und Knötchen besteht, in welche in wechselnder Häufigkeit sich auch periphere Stromatheile des Kerninnern inseriren und aus mehr oder weniger zahlreichen kürzeren oder längeren Faden- oder Strangstücken bestehen. Je nach der Derbheit dieser Theile und ihrer mehr oder weniger dichten Stellung ist auch das Durchschnittsbild der Membran ein wechselndes. Es treten bald nur feinere und derbere Körnchen in dichter, perlschnurartiger Anordnung oder, wenn sie etwas weiter auseinandergerückt sind, auch feine, sie verbindende Fäden hervor, bald wird der Contour in grösserer oder geringerer Ausdehnung durch spangenförmige oder Bruchstücke von Ringen darstellende Fäden gebildet, zwischen denen er wieder ein körniges, durchbrochenes Aussehen darbietet. Auf das Vorhandensein einer ganz geschlossenen Membran lässt sich nur dann mit Wahrscheinlichkeit schliessen, wenn der Kerncontour nicht blos bei einer Durchschnittsansicht ein glatter, ununterbrochen in sich zurücklaufender ist, sondern es auch beim Wechsel der Einstellung bleibt. Ausser den häufig vorkommenden kleinen Lücken treten mitunter auch weitere auf, die Membran kann im Bereiche eines grösseren oder selbst des grössten Theiles des Kernumfanges ganz fehlen und die Lücke ist dann entweder ganz leer oder sie wird durchsetzt von einzelnen aus dem Kern aus- oder in ihn eintretenden Fäden oder von Netzsträngen und Streifen, welche mit den Protoplasmanetzen continuirlich zusammenhängen, so in Ganglienzellen, in den Zellen des Hyalinknorpels vom Salamander, in Zellen des fibrillären Bindegewebes, in Epidermiszellen vom Hühnchen (Frommann), im Wimperepithel der Epididymis (Klein) und bei Wirbellosen im Darmepithel, in den MALPiGHi'schen Gefässen, im Fettkörper und in Ganglienzellen (Leydig) (Fig. 109, 114 und118). In den glatten Muskelfasern von Tritonen fehlt mitunter an den Kernpolen die Membran und die Fibrillen des Protoplasma
laufen jederseits direct in das Netz des Kerninnern aus und auch im fibrillären Bindegewebe (ebenso auch bei der grauen Degeneration des Rückenmarks) setzen sich mitunter feine, durch Membranlücken aus dem Kern ausgetretene Fäden unmittelbar in Pibrillen fort, die den übrigen in der Umgebung des Kernes befindlichen und aus dem Protoplasma gebildeten ganz gleichen. Verbindungen von Fäden der Protoplasmanetze mit der Kernmembran sind in Epithel-, Bindesubstanz-, Nerven- und Drüsenzellen von Wirbelthieren und Wirbellosen nachgewiesen worden, die Abgrenzung des Kernes erscheint aber trotzdem als eine scharfe, weil die Membran meist derber und stärker glänzend ist als die in sie sich einsenkenden Protoplasmafäden. Wenn sich, wie es häufig der Fall ist, Stromabälkchen in grösserer Zahl in die Membran inseriren, kann dieselbe als eine den Kern umschliessende Schale von dichter als im Kerninnern aneinander gerückten Stromatheilen betrachtet werden. Ausser dieser, dem Kern zugehörigen, durch Kernfärbemittel färbbaren Membran ist von manchen Beobachtern nach aussen von derselben noch eine zweite, sehr dünne, den Kern ringsum und vollständig umschliessende Membran beschrieben worden, welche im Gegensatz zu der ersteren nicht färbbar ist. Eine solche zweite achromatische Membran fand Flemming im Epithel der Kiemenblätter von Amphibienlarven, in Eiern von Wirbellosen, in Nervenzellen, in den Zellen der Hautdrüsen von Urodelen, den Speicheldrüsen von Chironomus, ebenso Leydig an den Ganglien von Gastropoden (Fig. 119). Kernstroma.

{#26_118#Fig 118: Kern aus dem Mesenterium vom Salamander; durch zwei grosse Lücken der Kernwand treten feine, gehörnte Fibrillen in das Kerninnere. Fig 119: Riesenkern aus einer Hautdrüse von Salamandra mit achromatischer grösserer und chromatischer innerer, von schmalen Lücken durchbrochener Membran. Gerüstbälkchen zum Theil radiär gerichtet.


Das Innere des Kernes enthält mitunter feine und einzelne derbere Körnchen in so dichter Stellung, dass zwischen denselben nur einzelne ganz kurze fädige Theile, aber keine besonderen Bauverhältnisse unterschieden werden können. In den meisten Fällen enthält dagegen das Kerninnere ein fädiges Gerüst, das nach Stärke, Anordnung, Verbindungsweise, wie nach Dichte der Stellung seiner Theile bei den Kernen verschiedener oder auch derselben Gewebe eine sehr wechselnde Beschaffenheit besitzt. Die Verbindungsstellen seiner Fäden und Bälkchen sind als derbere Körnchen oder als knotige wie strangförmige Gebilde leicht kenntlich. Es lassen sich unterscheiden:

1. Kerne mit gleichartigem, zartem und netzförmigem Stroma, dessen rundliche oder drei- bis fünfeckige Maschen eine nur wenig wechselnde Weite besitzen. Derartige Kerne sind gefunden worden in den rothen Blutkörpern von Amphibien, in Capillaren, Bindesubstanzzellen, glatten Muskelfasern, im Epithel des Verdauungscanales, in den serösen Drüsen der
Zunge, den Magendrüsen, der Leber und in den Talg- und Schweissdrüsen von Wirbelthieren (Frommann, Heitzmann, Klein, Leydig); ferner bei Wirbellosen. Ausgezeichnet ist das Kernnetz in den Hautdrüsen von Urodelen durch die Weite seiner Maschen und durch die Derbheit seiner Balken und Knoten. In jungen wachsenden Geweben sind die Kernnetze im allgemeinen dichter als in älteren Geweben derselben Art. Hier und da haben sich Theilstücke der Septen einer Anzahl Maschen zu etwas derberen Fäden oder Strängen verdickt und derartige Kerne bilden den Uebergang zu

2. Kernen mit einem derberen und einem feineren Stroma. Das erstere wird gebildet durch derbere, stärker glänzende Fäden und Stränge, die untereinander unter Bildung knotiger Verdickungen wechselnd zahlreiche Verbindungen eingehen, zum Theil aber sich überschneiden. Die von ihnen eingeschlossenen Maschen sind relativ weit, meist unregelmässig geformt und enthalten bald nur homogene oder (auch schon im ganz frischen Zustande) äusserst fein und blass granulirte Substanz, bald werden sie durchsetzt von überaus feinfädigen und engmaschigen Netzen, die mit den Bälk-chen des derberen Gerüstes vielfach zusammenhängen. Die letzteren schlagen mitunter in ihrer Mehrzahl besondere Richtungen ein, ziehen von einem Knorpel zum andern, durchsetzen oder umspannen rippenartig den Kern mehr oder weniger quer zu seiner Längsachse, sind in anderen Fällen wieder radienartig angeordnet und verlaufen hier und da auch concentrisch zur Membran, so nach Klein in der Peripherie mancher Kerne vom Magenepithel von Tritonen, in den Epithelzellen des Darms, der Epididymis und in den Leberzellen von Säugern. Es zeigen demnach, abgesehen von der grösseren Derbheit der Kerngerüste, die Kernstructuren zum Theil ähnliche Besonderheiten wie die Protoplasmastructuren, indessen sind weder die Bedingungen bekannt, unter denen sie sich entwickeln, noch ob und welche Bedeutung sie für die Function des Kernes haben. Wie die Protoplasmastructuren sind auch die des Kernes schon an frischen Objecten, an überlebenden unter Umständen auch Bewegungen der Stromatheile und Formveränderungen des ganzen Kernes zu erkennen, und an eingerissenen Kernen sieht man aus der Rissstelle die Theile seines Stromas frei und einzelne Fäden mitunter ziemlich weit vorragen, so dass hier so wenig wie im Zellkörper daran zu denken ist, dass die Structuren nur der Ausdruck einer Vacuolisirung sind.

Eine gewisse Regelmässigkeit des Baues wird dem Kerngerüst von Rabl zugeschrieben und gleichzeitig die Structur des ruhenden Kernes in Beziehung gebracht zu den Veränderungen bei der indirecten Theilung (s. u). Durch eine Anzahl Farbstoffe werden die Kerne mehr oder weniger rasch und intensiv gefärbt und die den Farbstoff fixirende Substanz wird im allgemeinen als Chromatin bezeichnet, ohne dass durch diese Bezeichnung etwas über ihre chemische Natur ausgesagt werden soll. Manche Farbstoffe, wie verschiedene Carmine, Hämatoxylin und Safranin, färben nicht blos das Kerngerüst und die Membran, sondern auch das Kernkörperchen und, ob-schon in geringerem Grade, auch die Grundsubstanz des Kernes, das Protoplasma und Intercellularsubstanzen, andere Farbstoffe dagegen (Alauncarmin, essigsaure Lösungen von Bismarckbraun, Methylgrün u. a.) nur das Kerngerüst, die meisten Kernmembranen und einen Theil der Kernkörper und sind deshalb als reine Kernfärbemittei bezeichnet worden. Die letztgenannten Anilinfarbstoffe können aus den gefärbten Kernen nicht wieder ausgezogen werden, während dies bei Safranin der Fall ist. Durch die reinen Kernfärbemittel werden vorwiegend oder ausschliesslich die nucleinhaltigen Theile des Kernes gefärbt. In EHRLiCH-BiONDi'scher Anilinlösung nimmt in vielen Kernen die Grundsubstanz eine wechselnd tiefe purpurrothe Färbung an (Mi Heidenhain). Durch manche Reagentien werden die Kernstructuren nicht blos erhalten, sondern auch deutlicher sichtbar gemacht, wenn sie im frischen Zustand blass waren, so durch organische Säuren, Osmium-Essigsäure und Chrom-Pikrinsäuregemische bei bestimmter, im einzelnen Fall wechselnder Concentration, durch 1/Q?l%ige Chromsäure, Goldchlorid und Alkohol. Die früher viel benutzten chromsauren Salze bewirken nach Flemming sehr häufig anfangs Quellungen und weiterhin eine veränderte Anordnung der Gerüst-theile bei völligem Schwinden der Kernkörperchen, erhalten dagegen die Kernstructur des Säugethiereies viel besser wie Pikrin- oder Chromsäure.

Wasser wirkt quellend auf die frischen Kerngerüste, so dass sie ganz schwinden können, während bei nachträglichem Essigsäurezusatz wieder Gerüste, wenn auch mit veränderter Beschaffenheit, vortreten können. Die morphologischen Verschiedenheiten der Kerne beruhen hauptsächlich auf der verschiedenen Vertheilung und dem verschiedenen Mengenver-hältniss vonNuclein und Plastin. Die von dem Nuclein- und Plastingerüst eingeschlossene Grundsubstanz des Kernes verhält sich ähnlich wie die Grundsubstanz des Zellkörpers, enthält albuminoide Substanzen und mitunter Einlagerungen von mehr oder weniger zahlreichen eiweissartigen Körnchen. In den Geweben und in Eiern von Insecten schwindet der Mascheninhalt bei künstlicher Verdauung und bei Behandlung mit 10°/0igör Kochsalzlösung (Carnoy); ebenso wird in den Eiern von Unio die durch Alkohol körnig gewordene Grundsubstanz durch die künstliche Verdauung gelöst (Zacharias). Der wesentlichste und am meisten charakteristische Bestandtheil des Kernes ist das Nuclein (Nucleinphosphorsäure), das den Haupttheil des Stromas oder nur seiner derberen Theile, mancher Membranen und eines Theiles der Kernkörperchen ausmacht und bei der indirecten Kerntheilung in den chromatischen Fadenschleifen enthalten ist. Von den Eiweisskörpern unterscheidet sich das Nuclein durch seinen (beträchtlichen Schwankungen unterworfenen) Phosphorgehalt und die Gesammtheit der folgenden Re-actionen. Es quillt in Wasser, ohne sich zu lösen, wird durch Kochsalzlösung in eine gequollene, cohärente Gallerte verwandelt, quillt und löst sich schon in sehr verdünnten Lösungen von caustischen Alkalien und Ammoniak, wie in Lösungen von Soda und phosphorsaurem Natron; durch Verdauungsflüssigkeiten und verdünnte Säuren wird es nicht angegriffen, dagegen durch concentrirte Salpetersäure, wie durch rauchende Salzsäure gelöst. Durch Jod wird es gelb, durch MiLLON'sches Reagens roth gefärbt. Das saure Nuclein ist nach Kossel in den Geweben nicht im freien Zustande enthalten, sondern in salzartiger Verbindung mit einem die Rolle einer Base spielenden Körper, der nicht in allen Geweben einen gleichartigen, häufig aber einen pepton-artigen Charakter zu besitzen scheint und den Kossel als Histon bezeichnet. Wenn man also durch Essigsäure einen Kern zur Schrumpfung bringt, so bewirkt man nicht allein eine Ausfällung des Nucleins, sondern man entzieht zugleich dem Kern einen Stoff von basischen Eigenschaften.

Das Nuclein der Milch entstammt theils den Kernen von Leukocyten, theils den Kernen der Drüsenzellen, die während der Secretion sich vermehren und schon in den Zellen selbst oder im Innern des Alveolus einem Zerfall zu einzelnen Partikeln unterliegen und schliesslich ganz aufgelöst werden (Nissen). Das im Dotter des Hühnereies nachgewiesene Nuclein stammt zum Theil oder ganz aus den von His u. a. ausdrücklich als Kerne bezeichneten Inhaltskörpern der weissen Dotterkugeln, während in den Kugeln des gelben Dotters Nuclein bisher nicht gefunden worden ist. Bei Prüfung der Verdauungsrückstände der Dotterplättchen des Frosches erhielt Zacharias nur die Reactionen des Plastins.

Der mikrochemische Nachweis, dass das Nuclein wesentlich an das Kernstroma gebunden ist, lässt sich leicht an den rothen Blutkörpern von Amphibien führen. Während durch künstlichen Magensaft der Zellinhalt bis auf die Membranen gelöst wird, treten die Kerne sehr scharf vor, quellen in einer Lösung von Soda oder phosphorsaurem Natron auf und verschwinden bis auf ihre zarten Membranen. Concentrirte Salzsäure lässt die Kerne langsam verblassen und schwinden, während die Membran gleichfalls erhalten bleibt. Das gleiche Verhalten gegen Magensaft und Soda zeigen auch die Kerne von Infusorien (Zacharias).

Der Nachweis des Plastins als eines integrirenden Kernbestandtheiles ist bis jetzt vorwiegend für die Kerne von Wirbellosen und von Pflanzenzellen geführt worden. In den Kernen von Wirbelthieren scheint das feinere Kernnetz ganz oder vorwiegend aus Plastin zu bestehen. In den Kernen von Arthropoden und von Pflanzenzellen bleibt von den Kernen nur ein feinmaschiges Plastinnetz nach Lösung des Nucleins und der eiweissartigen Körper zurück. Das Plastin von Embryonalzellen ist resistenter gegen die Einwirkung von Lösungsmitteln für albuminoide Substanzen als das Plastin älterer Zellen, und ausserdem kann der Gehalt derselben Zellen an Nuclein und Plastin in verschiedenen Entwicklungsstadien wechseln; so fand Zacharias, dass das Kerngerüst in jungen Eierstockseiern von Unio und vom Frosch aus Nuclein besteht, während in älteren Eiern das Nuclein zum grössten Theil geschwunden und durch ein Plastinnetz ersetzt ist. Besonderheiten in der Vertheilung des Chromatins (Nucleins).

Die einkernigen Riesenzellen des Knochenmarks vom Kaninchen und Meerschweinchen besitzen zum Theil helle Kerne mit Membran, Stroma und Kernkörperchen, zum Theil aber glänzende, sich mehr gleichmässig und immer tief färbende Kerne, in denen das Chromatin bald in der Peripherie in Form von Ringen oder in Form eines derben, mitunter geschichteten Balken- oder Korbgerüstes angehäuft ist, bald gestreckte, gebogene, S-förmig oder spiralig gewundene Bänder bildet, die selbst wieder dunkler gefärbte Körnchen und Fäden einschliessen. Arnold lässt diese Kerne aus den erstgenannten Zellen durch Zunahme der Masse des Chromatins und durch Aenderung in seiner Vertheilung hervorgehen, Carnoy dagegen (im Knochenmark der Maus) durch näher Aneinanderrücken der chromatinhaltigen Theile. In sehr regelmässiger Vertheilung ist das Chromatin in den Stäbchen-körnern der Retina enthalten. Dasselbe nimmt hier entweder in Fofm von zwei stark brechenden, planconvexen Körpern nur die Polabschnitte des Kernes ein oder auch seine mittleren Partien als eine dieselbe durchsetzende Scheibe. Von einander und von der Kernwand werden die chromatischen Portionen durch achromatische, granulirte Substanz getrennt; ihre Grenzflächen sind nicht glatt, sondern etwas uneben, mit kleinen Fortsätzen versehen und mitunter durch wirkliche Fäden verbunden.

Eine von der gewöhnlichen sehr abweichende Beschaffenheit bieten sehr häufig die Kerne in manchen Geweben von Wirbellosen dar, namentlich bei Insecten, Myriapoden, Arachniden, Isopoden, mitunter auch bei Mollusken, Polypen, Protozoen und unter den Pflanzen bei. Monocotyledonen, indem das Innere des Kernes in grösserer oder geringerer Ausdehnung eingenommen wird von einem einzigen, zu einem rundlichen Knäuel verschlungenen Faden oder von einem derberen, bandförmigen und häufig quergestreiften Cylinder, welcher vorwiegend oder allein der Träger des Chromatins ist und den nucleinhaltigen Gerüsttheilen anderer Kerne entspricht (Carnoy).

Bei Wirbelthieren ist das Vorkommen eines Kernbandes bisher nur in sehr beschränkter Ausdehnung constatirt worden, vorwiegend in Embryonalzellen und in Eiern. In den letzteren und ebenso in den Eiern von Wirbellosen kann sich im Laufe der Entwicklung das Kernband in mehrere Stücke trennen, die das Material für Bildung von Kernkörperchen liefern, später sich von neuem ein Band bilden, das sich abermals zu Theilstückchen sondert, während in reifen Eiern ein Kernband immer fehlt. In den Kernen unreifer Eier von Siredon, Proteus, vom Salamander und von verschiedenen Fischen fanden Flemming und Rauber Kernstränge, die zwar eine deutliche Querstreifung, dabei aber bezüglich der Beschaffenheit der letzteren ein von dem sonst beobachteten abweichendes Verhalten darboten. Die Querstreifung wird hier bewirkt durch etwas derbere, dicht hintereinander und quergestellte Fadenstücke, von denen weniger tingirbare, feinere abgehen, die unter Verästelungen die Grundsubstanz durchsetzen und verschiedene Stränge untereinander verbinden.

Kernkörper, Nucleolen. Wesentliche Bestandtheile des Kernes sind die Kernkörper, runde oder ovale, mitunter, namentlich bei Wirbellosen, auch strangförmige, etwas glänzende Körper, die meist ziemlich scharf umschrieben und in die centralen Kernabschnitte eingelagert sind (Fig. 110 und119). Dieselben kommen den meisten, aber nicht allen Kernen zu, fehlen unter anderem den aus Kernen hervorgegangenen Spermatozoenköpfchen. Viele Kernkörper, namentlich solche von Ei- und Nervenzellen, sind grösser
als die Netzknoten, andere ebenso gross oder kleiner. Mitunter sind dieselben ohne Hilfe von Reagentien überhaupt nicht wahrzunehmen oder wenigstens nicht als von den Netzknoten wesentlich verschiedene Bildungen zu unterscheiden; so werden in Epithel- und Bindegewebskernen von Salamanderlarven die Kernkörper erst nach Wasserzusatz sichtbar, während die Gerüsttheile verblassen, und im Kiemenepithel der Salamanderlarven treten nach Safraninbehandlung nur Netzknoten, aber keine Kernkörperchen hervor, nach Behandlung mit Osmium säure dagegen nur Kernkörper, die kleiner sind als die zuerst überhaupt nicht sichtbaren und erst nach Hämatoxylin-behandlung vortretenden Gerüstknoten (Flemming).

Genauere Angaben über die Zahl der in den Kernen von verschiedenen Geweben enthaltenen Kernkörper sind zur Zeit nicht möglich, da häufig wohl der stärkere Glanz, beträchtliche Grosse und scharfe Contouren die Kernkörper als besondere Formelemente charakterisiren, in anderen Fällen dagegen erst ihr Verhalten Reagentien gegenüber sie von anderen Inhaltskörpern unterscheiden lässt. Im allgemeinen dürfte die Zahl der in den Kernen der meisten entwickelten Gewebe enthaltenen Kernkörper zu ein bis drei angenommen werden. Die Ganglienzellen enthalten meist nur ein einziges Kernkörperchen, während in sich entwickelnden Eiern von Wirbellosen und Wirbelthieren eine grössere Zahl, in Froscheiern nach Beginn der Dotterbildung deren gegen hundert gefunden werden. In Zellen, welche neben einem oder einem Paar grösserer Kernkörper einen oder mehrere kleinere besitzen, werden die ersteren als Haupt-, die letzteren als Nebenkern-körper bezeichnet; so finden sich in den Kernen mittelreifer Eierstockseier von Wirbelthieren und in den Eiern mancher Lamellibranchiaten neben einem Hauptnucleolus oder zwei gleich grossen eine verschiedene Anzahl kleinerer. Manche Kernkörper scheinen ganz frei in Maschen des Kernstromas zu liegen, so in Eizellen der Amphibien und Fische, andere sind in den Verlauf von Gerüstfäden oder Strängen eingeschaltet, in den meisten Fällen aber hängen sie mit dem Kernnetz durch feine, radiär verlaufende, borsten-förmige Fäden oder durch zackige Fortsätze zusammen. Eine sehr regel-mässige Stellung und Vertheilung der vom Kernkörperchen abtretenden Fäden beobachtete Eimer an den Gaumenepithelien von Salamandra; der das Kernkörperchen umgebende Hof wird hier begrenzt durch eine Zone derberer, regelmässig und im Durchschnitt kreisförmig gestellter Körnchen, die durch entsprechend regelmässig gestellte Fäden mit dem Kernkörperchen, ausserdem auch durch feine Fäden mit weiter nach der Peripherie gelegenen Netzknötchen verbunden sind. Dass ein das Kernkörperchen umgebender grösserer heller Hof von Fäden durchsetzt wird, welche das Kernkörperchen mit Knotenpunkten des Kernnetzes verbinden, ist auch an anderen Objecten festgestellt worden (Ganglienzellen, Chordazellen von Tritonen- und Salamanderlarven), die Angaben vom Fehlen solcher Verbindungen dürfen deshalb nicht verallgemeinert werden.

Aus dem Verhalt ender Kernkör per zu Färb Stoffen und Reagentien geht hervor, dass dieselben zum Theil ungleichartige und von den aus Nuclein bestehenden Kerntheilen verschiedene Gebilde sind, die nach ihrer Beschaffenheit als Nuclein-, als Plastinnucleolen und als gemischte Kernkörper bezeichnet werden. Kernkörper von verschiedener Beschaffenheit finden sich mitunter in demselben Kern nebeneinander. Nucleinnucleolen sind nachgewiesen in den Eiern von Wirbelthieren und von Wirbellosen, gehen zum grossen Theil aus Theilungen des Kernbandes hervor und verhalten sich Reagentien gegenüber wie die Nucleingerüste des Kernes. Die Plastinnucleolen enthalten Plastin (häufig in Form eines Netzes) nebst albuminoiden Substanzen, werden durch Methylgrün nicht gefärbt, widerstehen der Wirkung von nucleinlösenden
Agentien, sind dagegen löslich in künstlichen Verdauungsflüssigkeiten. Carnoy fand dieselben als die häufigste Form der Nucleolen in den Kernen verschiedener Gewebe von Arthropoden (Scolopendra, Lithobius), namentlich in den Hodenzellen, und zwar theils innerhalb des Kernbandknäuels, theils frei im übrigen Kerninhalt. In den gemischten Kerh-körpern sind die constituirenden Bestandteile (Nuclein, Plastin und albu-minoide Substanzen) entweder zu einem einzigen Körper verschmolzen oder Nuclein und Plastin zu unterscheidbaren Portionen gesondert.

Altersveränderungen der Kerne und zum Theil der Kernkörper sind in den Zellen einer Anzahl Gewebe bei Thieren und Pflanzen festgestellt worden. So fand Pfitzner, dass in den entwickelten Linsenfasern erst das Chromatingerüst derber, plumper, der Kerncontour unregelmässig wird unter Auftreten von Lücken, bis schliesslich vom Kern nur ein heller Fleck zurückbleibt. Im Cornealepithel werden die Kerne, je näher der Oberfläche, desto homogener, behalten aber ihre Färbbarkeit. Im Epithel der Wangenschleimhaut bleibt auch in den obersten Zellen der Kern scharf contourirt mit deutlicher Membran, sein Färbungsvermögen hat aber abgenommen und die Stromatheile sind zum Theil geschwunden. In den farbigen Blutkörpern vom Salamander wird mit der Zeit das Kerngerüst plumper, der Kern maulbeerförmig, abgeplattet, rund, sein Brechungsvermögen und seine Färbbarkeit nehmen ab und schliesslich schwindet er ganz. Wahrscheinlich beruht auch die Kernlosigkeit der rothen Blutkörper von Säugern auf einer allmählich sich entwickelnden Deconstituirung des Kernes. In anderen Fällen verblasst und schwindet der Kern oder seine Chromatin-theile erfahren zunächst eine andere Vertheilung, häufen sich in kleineren oder grösseren Brocken in seiner Peripherie an, wie im Follikelepithel von Kaninchenovarien (Flemming) und in den Zellen der Anhangsdrüsen der Cloake von Tritonen (M. Heidenhain), um schliesslich zu körniger Substanz zu zerfallen.

In Betreff der Beziehungen des Kernes zu den functionellen Leistungen der Zelle kann hier nur kurz hervorgehoben werden, dass nach neueren Untersuchungen dieselben inniger und verbreiteter sind als man früher angenommen und dass der Kern nicht blos an Theilungsvorgängen, sondern auch am Zustandekommen formativer Processe verschiedener Art unmittelbar betheiligt ist. So beobachtete Korschelt, dass die Keimbläschen der Eier von Dytiscus unter Verlust seiner scharfen Contouren pseudo-podienartige Fortsätze gerade an dem Theil des Umfanges des ersteren entwickelt, welcher neugebildeten Strängen und Massen von glänzenden Körnchen zugewandt ist, die erst in den Nährzellen und dann im Körper der Eizelle auftreten. In diese Massen greifen die Fortsätze des Keimbläschens ein und betheiligen sich an der Bildung derberer Formelemente. Aehnliche pseudopodienartige Fortsätze entwickelt der Kern bei Bildung der Chitinstrahlen der Eier der Wasserwanzen, und zwar nach der Stelle hin, wo der Strahl angelegt wird. Dass ferner der Kern dauernd und auch, abgesehen von seiner Theilnahme an besonderen Bildungsvorgängen, dem Einflüsse des Stoffwechsels unterliegt, geht aus der mit dem Alter wechselnden Grosse und Inhaltsbeschaffenheit des Keimbläschens von Wirbellosen und Wirbel-thieren hervor.

Nebenkern. Unter dieser Bezeichnung sind kernhaltige, im Zellkörper befindliche, ganz oder theilweise färbbare, mehr oder weniger glänzende, häufig dem Kern ziemlich dicht angelagerte Gebilde von verschiedener Bedeutung beschrieben worden. Nebenkerne in der eigentlichen Bedeutung des Wortes sind aber in ihrem Vorkommen beschränkt auf die samenbildenden Zellen und wurden in denselben zuerst von la Valette St. George bei Mollusken und Arthropoden, später von anderen auch bei einigen
Würmern, bei Wirbelthieren und beim Menschen nachgewiesen. Sie besitzen eine wechselnde Grosse, sind meist erheblich kleiner als der Kern, erreichen dagegen in den Spermatocyten von Helix pomatia die halbe Grosse des Kernes und übertreffen dieselbe noch sehr beträchtlich in den Spermatiden von Lepidopteren. In den meisten Fällen stellen sie einen rundlichen, concav-convexen oder halbkugelförmigen Körper dar.

Durch eine Reihe von Untersuchungen (la Valette St. George, Platner, Hermann u. a.) ist festgestellt worden, dass der Nebenkern als selbständiges Gebilde nur den Zellen mit ruhendem Kern zukommt, dass er mit Beginn der Theilung schwindet und das Material zur Bildung der Spindelfasern, bei Pulmonaten, wie es scheint, auch eines Theiles der Polstrahlen liefert. Mit Ablauf des Theilungsvorganges bildet sich aus der Substanz dieser Elemente der Nebenkern von neuem. Bei Bildung der aus der letzten Theilung hervorgehenden Spermatosomen liefert der Nebenkern Material zur Bildung des Mittelstückes.

Die in Drüsenzellen nachgewiesenen Nebenkerne stehen sehr wahrscheinlich in naher Beziehung zu den secretorischen Vorgängen und sind denen in samenbildenden Zellen nur in Beziehung auf ihre Form, Grosse und Lagerung ähnlich. Im Pankreas von Amphibien und der Blindschleiche sitzt der Nebenkern meist als ein halbmondförmiges, durch Hämatoxylin färbbares, mitunter in körnigem Zerfall begriffenes Gebilde dem Kern auf und mitunter statt eines einzigen deren zwei oder mehrere, die dann auch eine abweichende, kelilen-, zuckerhut- oder spiralförmige Gestalt besitzen können. Nach den Befunden von Platner stammt der Nebenkern im Pankreas von Rana escul. und Anguis fragilis vom Kernkörperchen ab. Dasselbe rückt an die Peripherie des Kernes, oft unter Vorbuchtung der Kernhülle und theilt sich; der kleinere abgeschnürte Theil tritt aber nicht aus dem Kern aus, sondern wird durch eine Scheidewand vom übrigen grösseren Theil des Kerninhaltes abgegrenzt, der mit der grösseren Hälfte des Kernkörperchens zum Hauptkern wird, während die kleinere Hälfte des Kernkörperchens mit dem kleineren Theil des Kernes den Nebenkern darstellt. Der letztere wird erst homogen und löst sich dann unter Zerfall zu Körnchen vom Hauptkern ab, der sich vergrössert und abrundet, während seine Kernkörperchenhälfte nach der Mitte rückt. Die oben erwähnten Befunde Ogata's weichen von den Angaben Platner's insofern ab, als nach ersterem der Nebenkern präformirt im Kern enthalten ist als ein vom Kernkörperchen durch seine leichte Färbbarkeit in Eosin und seine beträchtlichere Grosse unterschiedener Körper.

Neuerdings (1897) wurde von Petrone ein vielleicht als »Nebenkern« zu bezeichnendes Gebilde im rothen Blutkörperchen gefunden. Petrone sprach es irrthümlich als »Kern« an. Negri, ein Schüler Golgi's, fand das Gebilde (1899) neben dem Kerne bei kernhaltigen und in entsprechender Weise bei kernlosen rothen Blutkörperchen.

Centralkörper, Centrosoma, Polkörper. Die Centralkörper oder Centrosomen der Zellen sind von der indirecten Zeil theilung (s. u.) her schon seit über zwanzig Jahren bekannt, aber erst seit kurzem hat man sie auch in ruhenden Zellen gefunden. Ein grosser Theil der Histologen hält sie mit van Beneden für constante Bestandtheile in der Zelle, ein Theil der Forscher sogar für die wichtigsten, die leitenden Theile, die morphologischen, jedenfalls die kinetischen Centren. Die Grosse einer Centrosoma liegt an der Grenze des Sichtbaren, doch wechselt seine Grosse innerhalb derselben Zelle zeitlich. Das Mittelstück der Spermatozoen oder Spermien besteht, wie es scheint, wesentlich aus Centrosomensubstanz.

Es lässt sich durch die gewöhnlichen Kernfarbstoffe nicht oder schlecht färben, dagegen durch saure Anilinfarben (Fuchsin, Safranin, Orange), ferner durch Beizen mit Eisenhämatoxylin (M. Heidenhain).

Gefunden worden sind Centrosomen bisher in folgenden Zellarten: Lymphzellen (Flemming, Heidenhain), Pigmentzellen des Hechtes (Solger), in Epithel-, Endothel- und Bindegewebszellen von Salamanderlarven, in männlichen Geschlechtszellen (auch beim Menschen, Verf.), glatten Muskelfasern (v. Lenhossük) etc.

Es kann ein oder es können zwei (drei?) Centrosomen vorhanden sein; sie liegen gewöhnlich nahe, oft ganz dicht am Kern, an seiner Membran, gelegentlich in einer Einbuchtung desselben oder zwischen seinen Theilen, wenn er zerfallen ist (Lymphzellen). Das Centrosoma besitzt die Eigenschaft der Vermehrung durch Theilung, ? und vielleicht oder wahrscheinlich ist der Satz aufzustellen: omne centrosoma ex centrosomate.

Fig 190: Leukocyt aus dem Peritoneum einer Salamanderlarve.
Fig 190: Leukocyt aus dem Peritoneum einer Salamanderlarve.

Der Centralkörper in der strahligen Sphäre ist zur Verdeutlichung von einem hellen King umgeben dargestellt, der in natura nicht vorhandenist. Nach Flemming, Fig. 6. Aus Hertwig, Fig. 34.

Fig 191
Fig 191

A Kern einer Endothelzelle des Peritoneum einer Salamanderlarve, mit Centrosomen (rechts). B Kern einer Bindegewebszelle des Peritoneum einer Salamanderlarve, mit Centrosomen Cohen). Beide Figuren nach Flemming, Fig. 2 und 4. Aus Herwig, Fig. 36.

Ob das Centrosoma zum Protoplasma der Zellen oder zum Kern gehöre, darüber sind die Ansichten noch getheilt. Ein grosser, wohl der überwiegende Theil der Forscher, voran Ed. van Beneden, rechnet es zum Protoplasma, 0. und R. Hertwig halten es für einen Bestandtheil des ruhenden Kerns, in welchen sie nach der Theilung (s. u.) eintreten, um bei der Vorbereitung zur Theilung wieder auszutreten. Nur in besonderen Fällen, so äussert sich 0. Hertwig (1893), würde das oder die Centralkörperchen auch während der Ruhe des Kerns im Protoplasma selbst verbleiben und dann gewissermassen neben dem Haupt- noch einen Nebenkern (s. o.) darstellen. Hierdurch würde sich erklären, warum die Centrosomen gewöhnlich neben dem ruhenden Kern im Protoplasma der Zellen nicht gefunden werden.


Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Text auf dieser Seite um einen Auszug aus einem über hundert Jahre alten Fachbuch der Medizin handelt.
So entsprechen vor allem die genannten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nicht dem aktuellen Stand der Medizin, die Anwendung kann nicht nur die Diagnose einer Erkrankung verzögern, sondern auch direkt den Körper schädigen.

Hinweis: Der Text auf dieser Seite entstammt einem über einhundert Jahre alten Fachbuch. Daher entsprechen die gemachten Angaben nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Verwenden Sie niemals die angegebenen Rezepturen und Heilmethoden, da sie gesundheitsgefährdend seien können.