Zelle: Vacuolen

Heilkundelexikon

Zelle: Vacuolen


In Zellen der verschiedensten Gewebe ist das Vorkommen von kugeligen oder ovalen, nur von sehr schwach brechender klarer Flüssigkeit erfüllten oder in dieser noch ein oder ein paar Körnchen einschliessenden Vacuolen nachgewiesen worden die zum grossen Theil eine zarte, blasse oder eine etwas glänzende Membran besitzen. Viele, vielleicht die meisten besitzen nur den doppelten bis dreifachen Durchmesser eines mittelgrossen Kernkörperchens, andere sind beträchtlich grösser oder kleiner und vielfach finden sich solche der verschiedensten Grosse nebeneinander. Meist sind die Vacuolen nur im Zellkörper oder in Körnern desselben, mitunter aber auch im Kern und namentlich im Kernkörperchen (Eizellen, Ganglienzellen) enthalten. Das Wachsthum derselben erfolgt rasch oder langsam durch Verschmelzen benachbarter unter Einreissen oder Verflüssigung ihrer Membranen oder durch die osmotische Wirksamkeit ihres Inhalts und ebenso erfolgt ihre Verkleinerung und ihr Schwinden langsam oder rasch und häufig ruckweise. Bemerkenswerth ist, dass in den Körnern der Krebsblutkörper, wie in den Körnern der Köpfchen der Drüsenhaare von Pelargonium z. B., die Vacuolen sich ohne gleichzeitige Volumenszunahme der Körner entwickeln können und dass ebenso ein bereits vacuolisirtes Korn ohne Aenderung seiner Grosse und Form wieder ganz solid und stark brechend werden und nachträglich sich von neuem vacuolisiren kann. Ueber die Beschaffenheit der Vacuolinhalts liegen wenig Angaben vor. Unter dem Einflüsse härtender Reagentien gerinnt derselbe häufig körnig, ist bei manchen Infusorien sauer und bräunt Hämatoxylinlösung, während er im embryonalen Rete Malpighi nach Ide in einem gewissen Entwicklungsstadium Glykogen enthält. Die Bildung der Vacuolen ist entweder eine Theilerscheinung der normalen Lebensprocesse oder kommt zustande bei Aufnahme grösserer Mengen wässeriger Flüssigkeit, wie infolge anderweitiger pathologischer Processe und beim Absterben der Theile. Im ersteren Falle ist die Vacuolenbildung bald nachweislich an bestimmte functionelle Leistungen der Zelle geknüpft, bald nicht. In jugendlichen thierischen und pflanzlichen Zellen werden die Wachs-thums- und Entwicklungsvorgänge sehr häufig von Vacuolenbildung begleitet, so an Keimhäuten von Hühnchen mit 7?20 Urwirbeln in den grösseren Entoblastzellen, welche Dotterkugeln aufnehmen und dieselben wahrscheinlich verdauen; die ersten embryonalen Gefässe entwickeln sich aus vacuolisirten, anastomosirenden Zellen des mittleren Keimblattes, indem das den vacuolisirten Zellinhalt umschliessende Protoplasma zu Gefässwand wird und in gleicherweise entstehen die GefässVerzweigungen durch Vacuoli-sirung anfangs solider Sprossen (Klein, Stricker). Nach Heitzmann entwickelt sich in den Geweben der Bindesubstanz die ganze Netz- und Gerüst-structur des Protoplasma und Kerns aus der Vacuolisirung von soliden Klumpen homogener, etwas glänzender Substanz unter Durchbrechung der Anfangs soliden Vacuolenwandung. Auch Prommann und Carnoy constatirten das Auftreten von Vacuolen in den Kernen der Zellen jugendlicher Gewebe Auch manche der an die embryonalen Vorgänge sich anschliessenden Umbildungen von Zellen und Geweben werden von Vacuolenbildung begleitet; bei Bildung der sogenannten Leydig'schen Schleimzollen aus den Zellen des Rete Malpighi von Salamander- und Tritonenlarven entwickeln sich im Protoplasma

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Fig. 112 a: Schleimzelle vom Oesophagus des Frosches. b: Schleimzelle von der Zunge des Frosches.


neben Strängen Vacuolen und die der Verhornung vorausgehende Verflüssigung der Elaidinkörner in den Zellen des Stratum granulosum der Epidermis erfolgt gleichfalls zum Theil unter Bildung von Vacuolen.

Betheiligung der Vacuolenbildung an secretorischen Vorgängen. In der Mehrzahl der Drüsen werden die charakteristischen Bestandtheile ihres Secrets aus protoplasmatischen Theilen gebildet oder aus solchen, die aus einer Umwandlung von Protoplasma hervorgegangen sind, im Magen, Pankreas und den Schleimdrüsen als Vorstufen des Secrets zunächst die Körner von pepsinogener, trypsinogener und mucigener Substanz, welche während der Secretion sich verflüssigen und in Pepsin, Trypsin und Mucin übergeführt werden. Die in den Maschen des protoplasmatischen Netzes der Schleimzellen enthaltenen Körnchen mucigener Substanz verflüssigen sich nur zum Theil, andere quellen nur und treten mit dem flüssigen Secret und mit aus ihren Verbindungen gelösten Theilen des Fadengerüstes in Form von Pfropfen und Tropfen aus der Zelle aus (Fig. 112). In den Drüsen der Nickhaut und Zungenschleimhaut erfolgt die Verflüssigung unter Bildung von Vacuolen, die zum Theil verschmelzen und unter Verkleinerung ihres Umfangs schwinden (Biedermann, Ranvier, Drasch).

Auch in den Becherzellen der Darraschleimbaut ist bei der Schleimbildung das Auftreten von Vacuolen beobachtet worden und die Schleimbildung vollzieht sich hier nach der herrschenden Anschauung in ähnlicher Weise wie in den Schleimdrüsen unter IJmwandlung der homogenen oder körnigen, mucigenhaltigen Maschensubstanz im Mucin.

In den durch starke Secretion nach PilocarpinVergiftung erschöpften Pankreaszellen von Tritonen erfolgt nach den Beobachtungen von Ogata die Regeneration der Zellen unter Bildung von Vacuolen; dieselben entwickeln sich aber nicht in den Resten des zerfallenen Zellkörpers, sondern in dem Nebenkern, von welchem die Regeneration der ganzen Zelle ausgeht. Derselbe ist ursprünglich im Kern enthalten, tritt in das Protoplasma über und seine Substanz sondert sich unter Auftreten runder und spaltförmiger Vacuolen zu Zymogen- und Chromatinkörnchen; aus den letzteren bildet sich der junge Kern, während der alte schwindet.

Sehr häufig kommt es zur Bildung von Vacuolen unter veränderten Lebensbedingungen, unter dem Einflüsse elektrischer Ströme, wie nach Pilocarpin Vergiftung (rothe Blutkörper von Amphibien), nach Aufnahme von
Wasser oder schwacher Salzlösungen und bei Rückbildung wie beim Absterben der Zellen. In den von Kölliker entdeckten Nervenendzellen in der Oberhaut von Batrachierlarven entstehen bei längerer Einwirkung von Wasser Vacuolen in zunehmender Menge, desgleichen im platten Epithel der Zungenschleimhaut vom Frosch nach Einwirkung destillirten Wassers oder 1/2%iger Kochsalzlösung (Thoma). Ebenso ist das Auftreten von Vacuolen constatirt worden bei zerfallenden Epithelien bei Bildung des Liquor folliculi, in Leukocyten, welche aus dem Rückenlymphsack des Frosches in Hollunderplättchen eingewandert sind und in zerfallenden rothen Blutkörpern aus in den Rückenlymphsack transfundirtem Blut (Flemming, J. Arnold, Lange); ferner als Theilerscheinung von Rückbildungsvorgängen von Barfurth in den Epidermis-zellen des Schwanzes von Froschlarven und beim Absterben unter anderem von Merk im Epithel des Dottersackes von Forellenembryonen.


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