Zelle: Protoplasma

Heilkundelexikon

Zelle: Protoplasma


Beginnen wir mit dem ersten Satz: die Zelle ist ein abgegrenztes (oder räumlich centrirtes) Theilchen lebender Substanz oder Protoplasma.

Was ist Protoplasma?

Als Protoplasma (von das zuerst Gebildete, Geformte) ist, wie oben bemerkt wurde, die Zellsubstanz zuerst von Purkyne (1840) mit Bezug auf die analoge Beschaffenheit der ersten Bildungselemente bei Pflanzen und Thieren bezeichnet worden. 1846 schlug dann H. v. Mohl vor, speciell die »zähflüssige, mit kleinen Körnchen gemengte, ungefärbte Masse«, welche sich in grösserer oder geringerer Menge auf den Zellraum verbreitet und namentlich um den Kern mit grösserer Concentration angehäuft ist, Protoplasma zu nennen und im Anschluss an v. Mohl bezeichnet für thierische Zellen M. Schultze als Protoplasma sowohl die glasartige, zähe Grundsubstanz als die zahlreich eingelagerten Körnchen ausschliesslich des Kerns. M. Schultze bezieht sich dabei namentlich auf die Embryonalzellen, »die wahren Urbilder von Zellen, aus denen alles werden kann und alles wird, was in einem normalen und in einem krankhaft afficirten Organismus von Formbestandtheilen vorkommt«.

die Körnchen des Protoplasma und Kerns vielfach respective optischen Durchschnitte von feinen und kurzen, netzförmig verbundenen Fäden sind, dass die Fäden des Kernnetzes sich sowohl mit dem Kernkörperchen als mit der Kernmembran verbinden und in die letztere sich Fäden des umgebenden Protoplasma einsenken, während andere durch Lücken der Kernmembran treten und mit Knotenpunkten des Kerninnern zusammenhängen. Nach diesen Befunden Hess sich mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die gleichen oder ähnliche Structuren des Protoplasma und Kerns in allgemeiner Verbreitung vorkommen. Vom Umfang der Zellen sah Frommann ferner einzelne aus Netzknotenpunkten entsprungene Fäden frei abtreten und vermuthete, dass in den Nervencentren die von Ganglienzellen, Gliazellen und Capillaren abtretenden, mitunter gekörnten Fäden sich untereinander zu einem äusserst zarten Netz verbinden, welches die Interstitien zwischen den ersteren durchsetzt, und dass auch die in verschiedenen Bindesubstanzen aus den Zellen entsprungenen und nachweislich in die Grundsubstanz übertretenden Fäden sich innerhalb der letzteren an Bildung der sie durchziehenden Fasern oder Fasersysteme betheiligen. 1867 veröffentliche Frommann seine ersten Befunde über die netzförmige Structur des Protoplasma und des Kerns, aus denen sich ergab, dass an Epithelien, an Bindesubstanzzellen, an Capillaren und an Ganglienzellen nur die Knotenpunkte
Die Befunde Frommann's haben durch die von Heitzmann (1872?1873) unter Anwendung stärkerer Vergrößerungen gemachten eine Bestätigung, Erweiterung und Verallgemeinerung erfahren, der ausserdem die Entwicklung der Netzsubstanz aus homogenen, protoplasmatischen Klümpchen unter Vacuolenbildung in Zellen wachsender Gewebe, wie die Veränderungen der Netze in lebenden Zellen verfolgte und constatirte, dass bei entzündlichen Processen im Bindegewebe die Veränderungen ihren Ausgangspunkt nehmen von protoplas-matischen, in der Grundsubstanz eingeschlossenen Netzelementen. Da Heitzmann auch zwischen Epithel- und Drüsenzellen Verbindungen durch protoplasmatische Brückenfäden nachweisen konnte, betrachtet er den ganzen Körper nicht mehr als ein blosses Agglomerat von Zellen, sondern als eine einheitliche Protoplasmamasse. Durch die späteren Untersuchungen der Genannten und die weiteren von Klein, Eimer, Kupffer, Leydig, Carnoy u. a. ist das Vorkommen der Netzstructur bei Wirbellosen und bei Wirbelthieren wie bei Pflanzen in ganz allgemeiner Verbreitung nachgewiesen worden, und die betreffenden Befunde stützen sich auf die an frischem, unverändertem Material gemachten Beobachtungen, was speciell von Frommann bei verschiedenen Gelegenheiten hervorgehoben und ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden ist, dass auch sogenannte conservirende und vielfach kritiklos angewandte Agentien, wie absoluter Alkohol- und Chromsäurelösungen, die Structuren lebender Zellen nicht blos ändern, sondern völlig zerstören.
Amoeba proteus. Nach LEIDY.
Amoeba proteus. Nach LEIDY.

Aus R. HERTWIG, Fig. 16. ? n Kern; ov contractile Vacuole; N Nahrungsballen; en Körnerplasma; ek Hautplasma.

Protoplasma ist ? dies muss heutzutage vor allen Dingen hervorgehoben werden ? ein morphologischer Begriff (auch für das »Nuclein« u. v. a. gilt dies). Es ist eine Bezeichnung für ein Gemenge von Stoffen, meist sehr hoch organisirter und höchst labiler Kohlenstoff-, besonders EiweissVerbindungen, mit verschiedenen physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften.

Angesichts der unten näher zu schildernden grossen Verschiedenheiten des Protoplasma, besonders in den peripheren und centralen Theilen der Zelle, hat man beide Substanzen als verschiedene Plasmaarten unterschieden, die eine als Hyaloplasma (Hautplasma), die andere als Körnerplasma bezeichnet (s. Fig. 102). Einige Botaniker (Pfeffer, de Vries u. a.) sind geneigt, in der Hautschicht ein besonders differenzirtes, mit besonderen Punctionen betrautes Organ des Zellkörpers zu sehen. Auch 0. Hertwig konnte diese Anschauung durch Versuche an Eiern vom Frosch stützen.

Chemische Zusammensetzung des Protoplasma. Von der chemischen Natur des Protoplasma wissen wir sehr wenig. Aber wir wissen jetzt das sicher, dass Protoplasma keine chemische Substanz oder gar Verbindung von noch so complicirter Zusammensetzung ist, sondern dass es sich um ein Gemisch, Gemenge zahlreicher chemischer Stoffe handelt. Protoplasma lässt sich nicht in andere, theilweise hochorganisirte Stoffe (z. B. Hämoglobin) und andere Aggregatzustände überführen, ohne zerstört zu werden. Ebenso wie eine Marmorstatue aufhört, eine solche zu sein, wenn sie in kleine Stücke zerschlagen ist (Naegeli) oder zu Kalk gebrannt ist, so ist ein Protoplasmakörper nach Zerstörung seiner Organisation kein Protoplasma mehr. In den todten, auch in den plötzlich abgetödteten, »fixirten« Zellen haben wir eigentlich niemals die wirklichen Structuren mehr vor uns, sondern nur die stark veränderten Trümmer derselben, d. h. des Protoplasma (vergl. hierzu besonders das Werk von Alfred Fischer, Fixirung, Färbung und Bau des Protoplasma, Jena1899).

Und selbst wenn die Chemie soweit kommen sollte, Eiweisskörper synthetisch darzustellen, so würde, wie Hertwig sehr richtig sagt, der
Versuch, Protoplasma zu bilden, in eine Reihe mit Wagner's Bestrebungen, einen Homunculus auskrystallisiren zu lassen, zu stellen sein.

»Nach allen unseren Erfahrungen entstehen Protoplasmakörper auf keinem anderen Wege als durch Fortpflanzung aus vorhandenem Protoplasma; ihre heutige Organisation ist daher das Product einer ausserordentlich langen historischen Entwicklung.« (0. Hertwig.)

Als wichtigste Stoffe im Protoplasma beobachtet man die Proteinsubstanzen, deren ausserordentlich complicirte Structur noch nicht annähernd bekannt ist, Ja kaum geahnt wird. Ausser dem Kohlenstoff (C) enthalten sie Wasserstoff (H), Sauerstoff (0), Stickstoff (N) und Schwefel (S). Als Formel eines »Eiweissmolecüls« wurde so von Naegeli angegeben: C72H106NJ8SO22. Aber es giebt bis Jetzt etwa 300 verschiedene Arten von Eiweiss!

Von den verschiedenen Arten der Proteinkörper (Albumine, Globuline, Fibrine, Plastine, Nucleine u. a.) kommt für das Protoplasma vor allem das Plastin in Betracht. Dieses ist in
Wasser, 10% CINa-Lösung und 10°/0 schwefelsaurer Magnesia unlöslich, wird in concentrirter Salzsäure und in verdünnter Essigsäure aufgequollen, durch Pepsin oder Trypsin nicht verdaut. Es färbt sich leicht in sauren Anilinfarben, im Eosin, Säurefuchsin etc., nicht oder wenig in basischen. Das Protoplasma ist sehr reich an Wasser; dieses scheint wie das »Krystallwasser« vieler Krystalle zu seiner Molecularstructur zu gehören; Austrocknen aliein zerstört daher schon die Structur des Protoplasma.

Im Protoplasma (oder dessen Wasser?) sind stets verschiedene Salze gelöst, und zwar Verbindungen folgender Elemente: Chlor; Schwefel, Phosphor; Natrium, Kalium, Magnesium, Calcium; Eisen. Lebendes Protoplasma reagirt alkalisch, auch wenn, wie dies bei Pflanzen gewöhnlich, der Zellsaft sauer reagirt. Ausser dem eigentlichen Protoplasma enthält der Zellkörper stets Stoffwechselproducte verschiedenster Art, wie Pepsin, Diathese, Myosin, Sarkin; Glykogen, Zucker, Inosit, Dextrin; Cholestearin, Lecithin und Fette; Milch-, Ameisen-, Essig-, Buttersäure.

Als Beispiel für die quantitative Zusammensetzung einer Zelle, ein-schliesslich des Kernes, soll hier eine von Hoppe-Seyler ausgeführte Analyse der Lymphzellen (Eiterkörperchen) wiedergegeben werden:

Verschiedene Eiweissstoffe13, 762
Nuclein 34, 257
Unlösliche Stoffe20, 566
Lecithin, Fette14, 383
Cholestearin7, 400
Cerebrin5, 199
Extractivstoffe4, 433
100, 000


|{Structur des Protoplasma. |}
Das Protoplasma stellt im lebenden Zustande eine meist farblose, weiche oder zähflüssige, in Wasser quellbare Substanz dar, die bei Anwendung mittelstarker Vergrösserungen in ihrer ganzen Ausdehnung oder vorwiegend in der Umgebung des Kerns mehr oder weniger dicht granulirt erscheint, in manchen Zellen auch vereinzelte oder Agglomerate bildende Körner einschliesst und die erwähnten Structuren überhaupt nur bei sehr aufmerksamer Untersuchung und nur an Stellen erkennen lässt, wo die Körnchen und die sie verbindenden Fäden relativ derb sind. Bei starker Vergrösserung erweisen sich dagegen, abgesehen von manchen überaus feinen und dichten Granulirungen, die Körnchen sämmt-lich oder zum grösseren Theil als die Knotenpunkte sehr feiner und kurzer Fäden und schliessen mit denselben Maschen von gleichmässiger oder etwas wechselnder Weite, von regelraässiger oder unregelmässiger Form ein. Die Körnchen erscheinen zum grossen Theile nicht mehr als runde, sondern als knotige, zackige oder kurz strangförmige Gebilde, deren Durchmesser beim Uebergang in die fädigen Fortsätze sich mehr oder weniger beträchtlich verjüngt. Die Gesammtheit der innerhalb einer und derselben Gesichtsebene vortretenden Maschensepten bildet eine Netzlamelle, die für sich, als eine einfache, homogenem Protoplasma, sogenanntem Hyaloplasma, ein- oder aufgelagert sein kann, meist aber einem dreidimensionalen Netzgerüst angehört und das Oberflächen- oder Durchschnittsbild eines solchen darstellt. In diesem Falle vereinigen sich in den Knotenpunkten nicht blos die in der Einstellungsebene sichtbaren, sondern auch die senkrecht zu derselben verlaufenden Fäden.

Die einzelnen Maschen sind rund, oval oder 3?6eckig und in derselben Netzlamelie bald solche von gleicher oder ähnlicher Form, bald solche von wechselnden Formen nebeneinander enthalten; sehr häufig ist auch die Begrenzung der Maschen eine unvollständige, indem ihre Septen kleinere oder grössere Lücken aufweisen. Netzlamellen oder Abschnitte derselben mit gleichmässig runden oder ovalen Maschen bieten ein siebförmiges, solche mit quadratischen oder rechteckigen Maschen ein gitterförmiges Aussehen dar. Sind die Fäden und ihre Knotenpunkte verhältnissmässig dick, so entsteht ein Gerüst von seh warn martigem Charakter (Spongioplasma).

Das Sichtbarwerden einer Netzlamelle mit allseitig geschlossenen Maschen setzt voraus, dass alle Knotenpunkte innerhalb der Einstellungsebene untereinander durch Fäden verbunden sind; sehr häufig ist aber eine Netzstructur zwar vorhanden, die zu den sichtbaren Knotenpunkten gehörigen Fäden verlaufen aber nur zum Theil in der Gesichtsebene, zum Theil steigen sie auf- und abwärts und erscheinen bei etwas schrägem Verlaufe nur als zackige oder kurz stachelförmige Fortsätze der ersteren. Unter Umständen kann sogar eine Netzstructur mit allseitig geschlossenen Maschen und geometrisch regelmässigem Verlauf der Netzfäden vorhanden sein, ohne dass sich dies bei einer bestimmten Orientirung der Netzlamellen zur Gesichtsebene direct wahrnehmen lässt. Werden parallele, unter einem Winkel von 45° zur Horizontalebene geneigte Netzlamellen mit quadratischen oder rechteckigen Maschen in ihren Knotenpunkten von parallelen Fäden in senkrechter Richtung, also gleichfalls unter einem Winkel von 45° zur Horizontalebene, durchsetzt, so entsteht eine Netzschicht, in welcher in der Horizontalebene Netze überhaupt nicht wahrgenommen werden können, sondern nur die in der letzteren verlaufenden gleichgerichteten, zu längeren parallelen Fäden durch die Knotenpunkte verbundenen Theilstücke der Septen, während die übrigen an Bildung der Septen für die betreffenden Maschenreihen betheiligten Fäden nur als ganz kurze, auf- oder absteigende fädige Fortsätze der Knotenpunkte erscheinen.
Eine mehr gleichartige Beschaffenheit des Netzgerüstes ohne regel-mässig wiederkehrende Besonderheiten in der Anordnung der Netzfäden ist unter anderem nachgewiesen worden in der Körpersubstanz von Amöben und Infusorien, in Ei- und Bindesubstanzzellen, in Endothelien, in Epidermis-, Epithel- und Drüsenzellen von Wirbellosen und Wirbelthieren und in Nervenzellen, soweit am Bau des Körpers der letzteren nicht die fibrillären Einstrahlungen seitens der Ausläufer betheiligt sind; die gleiche Structur besitzt nach Leydig auch die sogenannte Punktsubstanz im Gehirn und in den Bauchganglien von Wirbellosen und ebenso die anscheinend körnige Schicht, welche die Sohle für das Riechepithel und für die Geschmacksknospen und Scheiben von Wirbelthieren bildet und die centralen Fortsätze der bezüglichen Sinneszellen, wie die zutretenden Nervenprimitivfibrillen aufnimmt.

Diese in den vorhergehenden Seiten unverändert nach Frommann (2. Aufl. dieses Werkes) vorgetragene Theorie des Protoplasma stammt von Prommann selbst, sowie von Heitzmann, Klein, Leydig, Schmitz u. a. her und kann als Gerüsttheorie oder Netztheorie des Protoplasma bezeichnet werden»
Fig. 103: Zwei lebende Plasma-Stränge ausdenHaarzellen einer Malve. Etwa 300mal vergr. Nach Bütschlie. Fig. 104: Schwimmhautartige Ausbreitung mit sehr deutlicher Structur aus dem Pseudo-podiennetz einer Miliotide. Lebend etwa 3000mal vergr. Nach Bütschli.
Fig. 103: Zwei lebende Plasma-Stränge ausdenHaarzellen einer Malve. Etwa 300mal vergr. Nach Bütschlie. Fig. 104: Schwimmhautartige Ausbreitung mit sehr deutlicher Structur aus dem Pseudo-podiennetz einer Miliotide. Lebend etwa 3000mal vergr. Nach Bütschli.
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Ausser dieser Theorie, welche wir als die unserer Ansicht nach als der Wahrheit am nächsten kommende, als wahrscheinlichste an die Spitze gestellt haben, giebt es zur Zeit noch mindestens drei Theorien oder besser Hypothesen über den Bau des Protoplasma, welche zwar jede einen Theil der Wahrheit enthalten mögen, aber entweder unvollständig oder zum Theil irrthümlich sein dürften. Da es sich bei diesen Dingen meist nicht um die Thatsachen, um die mikroskopischen Befunde allein, sondern vor allem um die Deutung der Bilder und Reactionen (Fixirung, Färbung etc.) handelt, so ist ja ein Entscheid, eine Einigung auf eine Theorie noch in weite Ferne gerückt. Schliesslich wird es wohl zu einem Compromiss kommen, wie ja schon Flemming, der frühere Vertreter der Filartheorie (s. u.), sich in letzterer Zeit mit der Fromann'schen Gerüsttheorie ins Einvernehmen gesetzt hat. Das Compromiss wird überhaupt, soweit jetzt zu übersehen ist, wohl wesentlich auf der Grundlage der Fromann'schen Theorie zustande kommen, welche ihrerseits sich diese und jene Einschränkungen, diese und jene Zusätze wird gefallen lassen müssen. Doch wir greifen vor.

Die drei anderen Theorien oder Hypothesen sind folgende: erstens die Schaum- oder Wabentheorie von 0. Bütschli, zweitens die Granulatheorie von Richard Altmann, drittens die Faden- oder Filartheorie von Walther Flemming. Die Wabentheorie Bütschli's stammt aus dem Jahre 1878, indem er schon damals dieselben Netz-büder des Protoplasma, welche Frommann u. a. zur Gerüsttheorie geführt hatten, als optische Durchschnittsbilder eines wabigen Baues auffasste.

Schon Mohl hatte 1851 gesagt: »Es verhält sich das Protoplasma zum Zellsaft wie eine schäumende Flüssigkeit zu Luft.« Bütschli fand eine »frappante Aehnlichkeit« zwischen künstlichen Oelseifenschäumen (CK08 in feinster Vertheilung, Oel,
Wasser) und Protoplasma, zunächst bei Protozoen, später überhaupt (s. Fig. 103 u. 104). Bütschli nimmt aber jetzt (sein letztes grosses Werk hierüber ist 1898 erschienen) einen wabigen Bau des Protoplasma nicht nur dort an, wo man gröbere und feinere Vacuolen mit ihren Wandungen erkennt, sondern auch dort, wo das Protoplasma gerüstähnlich und wo es »homogen« erscheint. Abgesehen von »Vacuolen« besteht nach Bütschli alles Protoplasma aus winzigen Waben, dieses feinste Wabenwerk soll die eigentliche Elementar-structur des Protoplasma vorstellen. Die Grosse der Elementarwaben schwanke um lp herum, zwischen 0, 5 und 1, 5 [/.. Diese Uebereinstimmung in der Grosse der Waben hält Bütschli für ein Zeichen, dass diese kleinsten Waben das eigentliche elementare Structurelement seien, von »ähnlicher Verbreitung und Bedeutung wie der Aufbau der höheren Organismen aus Zellen«, ? also die »Zellenzelle« sozusagen (K. v. B.).

Nach Alfred Fischer (1899) muss man in Bütschli's Darstellung vier Arten von Waben sehr ungleicher Entstehung unterscheiden: Schaumwaben, Lösungswaben, Verschmelzungswaben und Zwickelwaben. Nur wenn die drei letzteren Wabenarten aus denselben Gründen sich entwickelten wie die Schaumwaben, würde Bütschli's Streben, überall Waben und damit eine übereinstimmende Elementarstructur nachzuweisen ? so meint A. Fischer mit Recht ? eine fundamentale Bedeutung beanspruchen können. Da aber Lösungs-, Verschmelzungs- und Zwickelwaben ganz heterogenen Ursprungs sind, nur äusserlich den Schaumwaben ähneln, so ist man nicht berechtigt, sie alle in einen Topf zu werfen und zur Grundlage einer Protoplasmatheorie zu machen, um so weniger, als Bütschli selbst durch die Bezeichnung »globulitisch-wabig«, das nur ein Deckwort für gerüstig sei, sich über manche Lücken seiner Theorie hinweghelfen müsse (A. Fischer). Eine andere Theorie des Protoplasmas, die Granula- oder Körnchentheorie rührt von dem imDecember 1900 verstorbenen Richard Altmann her. Altmann nannte die durch besondere Fixirungs- und Färbungsmethoden erzielten Granulabildungen »Elementarorganismen«, ein Name, den E. Brücke (s. o.), früher für die Zelle angewandt hatte. Die Methode besteht in Fixirung mit doppeltchromsaurem Kali und Ueberosmiumsäure, dann Färbung mit Säurefuchsin und alkoholischer Pikrinsäurelösung.
Fig. 105: Lebende Knorpelzelle der Salamanderlarve, stark vergrössert, mit deutlicher Filiarsubstanz. Nach Flemming, aus Hatschek, Fig. 2
Fig. 105: Lebende Knorpelzelle der Salamanderlarve, stark vergrössert, mit deutlicher Filiarsubstanz. Nach Flemming, aus Hatschek, Fig. 2


Nach dieser »Behandlung« sieht man in einer farblosen Grundsubstanz kleinste dunkelroth gefärbte Körnchen, welche theils isolirt, dichter oder lockerer nebeneinander liegen oder in Reihen angeordnet Fäden bilden. Diese Körnchen seien die eigentlichen Elementarorganismen oder »Bioblasten«, sie sollen den Bau eines »organisirten Krystalls« haben und den Mikroorganismen gleichwerthig sein, die sich in Haufen zu einer
Zoogloea oder in einer Reihe zu Fäden anordnen.

Altmann definirt das Protoplasma als »eine Colonie von Bioblasten, deren einzelne Elemente, sei es nach Art der Zoogloea, sei es nach Art der Gliederfäden, gruppirt und durch eine indifferente Substanz verbunden sind«. »Der Bioblast ist daher die gesuchte morphologische Einheit aller organisirten Materie, von welcher alle biologischen Erwägungen in letzter Instanz auszugehen haben.« Eine's isolirten Lebens ist der Bioblast indes nicht fähig, ? er stirbt mit der Zelle ab. Aber er vermehrt sich durch Theilung: »omne granulum e granulo.«

Schliesslich ist die von Flemming aufgestellte Filar- oder Fadentheorie zu nennen. Sie unterscheidet sich von der FROMMANN-HEiTZMANN'schen Gerüsttheorie nur darin, dass sie nicht ganz so weit geht wie diese, dass sie nicht überall Netze und Gerüste, Verbindungen und Verknüpfungen von Fäden sieht, und dass, wenn solche vorhanden seien, nur unregelmässige Maschenräume, keine regelmässige Netz- oder Gerüstbildung anerkennt. Flemming beschrieb feinere und stärkere, längere und kürzere Fäden, bald reichlicher, bald spärlicher in der Grund- oder Zwischensubstanz vorhanden, und Hess, früher wenigstens, die Frage offen, ob und wie diese Fäden unter sich in Zusammenhang stehen (s. Fig. 105). Er nannte die beiden so im Protoplasma unterschiedenen Substanzen Fädchen Substanz, Filarmasse, Mitom, ? und Zwischensubstanz, Interfilarmasse, Paramitom. In neuester Zeit (1899) hat sich Flemming der Gerüstlehre erheblich genähert oder geradezu dieselbe acceptirt, ja er sagt in seiner 1899 auf dem Anatomencongress in Tübingen gehaltenen Eröffnungsrede, dass er von Anfang an mit Klein (und damit im wesentlichen auch Prommann) in der Auffassung einig-gewesen sei, dass die Fäden nicht frei enden und sozusagen in der Luft schweben, sondern dass sie unter sich zusammenhängen.

Eine Versöhnung zwischen der Körnerlehre und der Gerüstlehre hat (1897) F. Reinke angebahnt, dem sich Waldeyer im wesentlichen angeschlossen hat. Das Protoplasma besteht hiernach aus einer homogenen Grundmasse (Cytolinin, Waldeyer) ? identisch mit Flemming's Interfilar-massen, Leydig's Hyaloplasma, Carnoy's Enchylem ? und gröberen Körnern. Sie erhält so einen »pseudowabigen« Bau; in den Wänden dieses wabigen Fachwerkes liegen feinere Körnchen eingebettet, die sich zu Fäden und Fadennetzen zusammenreihen und eo die Netzwerke Frommann's u. a. darstellen.

Eine wiederum andere Vorstellung vom Bau des Protoplasma vertritt J. Arnold auf Grund von genauen Untersuchungen mit Jod-Jodkaliumlösung und mit vitaler Färbung. In den Zellen vom Knochenmark, in rothen Blutkörperchen, in Zellen der Leber, Nieren, imDarmepithel, Fiimmerepithel, Binde-gewebs-, Knorpelzellen u. a. konnte Arnold Elemente darstellen, welche gewöhnlich die Form von Stäbchen oder dickeren Fäden, seltener von Kugeln besitzen, durch feine Fortsätze mit einander zusammenhängen und in ihrem Innern Körner enthalten, von welchen das mittelste, das sogenannte Innen-körperchen, besonders ausgezeichnet ist. Arnold nennt jene Elemente Plasmo-somen. Zwischen diesen befindet sich hyaline Substanz.

Fassen wir alles, was über Protoplasmastructur sieb er beobachtet wurde, zusammen, so können wir als das wahrscheinlichste wohl folgendes Bild hinstellen: feinste und stärkere Fäden, unter sich in ? meist netzförmigem ? Zusammenhang; in den Fäden ? gelegentlich auch ausserhalb derselben ? Körnchen oder ähnliche festere Bildungen; das Ganze in einer strueturosen, homogenen, nicht differenzirten, fast flüssigen Masse.

Besonderheiten der Protoplasmastructuren. Heitzmann hat (s. o.) dem Protoplasma in weitester Verbreitung eine Netzstructur von fast überall gleichem Typus zugeschrieben, dagegen sind vielfach in den Zellen der gleichen, wie in denen verschiedener Gewebe Structurbesonderheiten nachgewiesen worden; es sind nicht blos die Maschen von wechselnder Weite, so dass weitere sich bald mehr in der Umgebung des Kerns, bald mehr in der Peripherie oder in gleichmässiger Vertheilung finden, sondern es zeigen die Netzfäden auch häufig sämmtlich oder zu einem grösseren Theil eine Orientirung nach bestimmten Richtungen und Verschiedenheiten in ihrer Verbindungsweise und Stärke. In dieser Beziehung lassen sich unterscheiden Zellen, in welchen die Netztheile in grösserer oder geringerer Ausdehnung zu regelmässig angeordneten Fibrillen verbunden sind, und Zellen, in welchen die Fibrillen keine regelmässige Anordnung besitzen, sondern einzeln oder in Bündeln den Zellkörper nach verschiedenen Richtungen durchsetzen.

In Zellen mit regelmässig angeordneten Fibrillen verlaufen dieselben meist parallel der längeren Zellachse, seltener quer zu derselben oder sie sind radiär von der Peripherie nach dem Kern zu gerichtet oder sie beschreiben um den letzteren concentrische Bögen. Zwischen benachbarten parallelen Fibrillen sind feine quere Verbindungsfäden häufig sichtbar, wenn die Fibrillen nicht zu dicht aneinandergerückt sind, anderenfalls tragen die Fibrillen nur einen Besatz mit feinen Körnchen und KnÖtchen oder es scheinen die letzteren zwischen die Fibrillen eingelagert. An vereinzelt den Zellkörper durchziehenden Fibrillen sind sehr häufig Verbindungen derselben mit den Knotenpunkten der angrenzenden Netz-substanz durch feine und kurze Fadenstücke nachweisbar, welche aus körnigen oder knotigen Verdickungen der Fibrillen entspringen.

1. Parallel fibrilläre Structuren sind in ziemlicher Verbreitung in der Epi-dermis, in Nervenfasern und Nervenzellen und in den Epithelien von Schleimhäuten und Drüsen, namentlich im Cylinderepithel nachgewiesen worden und bilden die wesentlichsten
Bestandtheile der glatten und quergestreifen Muskelfasern. Auf eine sehr feine Fibrillirung ist auch die fein längsstreifige von manchen Zellen beschriebene Zeichnung zu beziehen, welche nicht der Oberfläche, sondern dem Innern des Zellkörpers angehört. In der Rinden Substanz der Haare (und Federn) sind, wie Waldeyer ermittelte, nicht die Faserzellen die letzten Formelemente, sondern feinste, aus denselben differenzirte Fibrillen, die Hornfibrillen, welche durch Zerzupfen der in Wasser oder Glycerin eingelegten Haare, durch Behandlung derselben mit Ueberosmiumsäure oder mit Alkalien, wie durch Einwirkung eines Pepsinextractes isolirt dargestellt werden können. Die Zellen des Haarknopfs, welche bestimmt sind, zu Rindensubstanz zu werden, zeigen schon vom Anfang an eine durch Fibrillen hervorgerufene fein streifige Beschaffenheit. Zwischen den Fibrillen bleibt ein Rest des ursprünglich vorhandenen Protoplasma als interfibrilläre Grundsubstanz zurück. Wegen des Baues der Nervenfasern und Nervenzellen s. Art. Nerv. Eine concentrische Streif au g wie in den Nervenzellen wurde von Frommann auch in manchen Zellen des Hyalinknorpels von Salamandra m. wahrgenommen, häufiger dagegen eine feine, parallele Fibrillirung der oberflächlichen Protoplasmaschicht mit wechselnd zahlreichen, die Fibrillen verbindenden Querfäden. Eine parallel fibrilläre Streifung der Zellen des Hirn- und Rücken marks-rohres, wie der Zellen der becherförmigen Retina, beschreibt Mark von jungen Natterembryonen, und von den Innengliedern der Stäbchen und Zapfen des Menschen ist seit den Untersuchungen M. Schultzens bekannt, dass dieselben in ihrem äusseren Theil einen namentlich nach Behandlung mit Osmiumsäure deutlich vortretenden sogenannten Fadenapparat besitzen, aus einem Bündel feiner, glänzender, der Längsachse paralleler Fäden bestehend. Eine ähnliche parallele Fibrillirung oder eine Längsstreifung wurde von Dogiel an den Stützzellen der Riechschleimhaut bei Petromyzon, wie an den peripheren cylindrischen Fortsätzen der Schultze'schen Riechzellen bei Petromyzon, bei Ganoiden und Amphibien beobachtet.

Fig. 106: Dünndarmepithelien vom Meerschwein. Vergr. 800. Fig. 107: Durchschnitt durch eine Speichelröhre aus der Submaxillaris des Menschen.
Fig. 106: Dünndarmepithelien vom Meerschwein. Vergr. 800. Fig. 107: Durchschnitt durch eine Speichelröhre aus der Submaxillaris des Menschen.


Unter den Epithelien der Schleimhäute zeigen die resorbirenden Darmepithelien bald nur einen matt feinkörnigen Inhalt oder eine Längsfibrillirung mit feinen, kurzen Querbrücken (Fig. 106), wie sie in ähnlicher Weise auch an Capillaren häufig vortritt. Durch Säurefuchsin werden die Längsfäden des Netzgerüstes stärker gefärbt als der übrige Zellinhalt.; In den oberflächlichen Schichten des Epithels der Mundhöhle, der Vulva und Scheide beim Menschen und ebenso beim Mund- und Oesophagusepithel vom Hund und Kaninchen ziehen über die Oberfläche der Zellen, parallel zu einer ihrer Achsen feine, lineare Erhabenheiten, welche den benachbarte Zellen verbindenden Brückenfäden gleichwerthige Bildungen darzustellen scheinen, da manche Zellen nur in einem Theile ihres Umfanges mit Brückenfäden besetzt sind, in ihrer übrigen Ausdehnung dagegen eine parallel streifige Oberfläche besitzen (Bizzozero).

Unter den Drüsenzellen sind parallel fibrilläre Structuren seit geraumer Zeit vom Epithel der Harncanälchen und des Pankreas als sogenannte Stäbchenstructur bekannt.

In den gewundenen Harncanälchen, den aufsteigenden Schleifenschenkeln und in den Schaltstücken wird der grössere äussere Abschnitt der Zellen, mitunter auch die Zelle in ihrer ganzen Ausdehnung von feinen, dicht gestellten, unter sich und der Zellachse parallelen, stäbchenförmigen Gebilden durchsetzt, die anscheinend isolirt nebeneinanderliegen, aber kurze und sehr feine, quere Verbindungsfäden erkennen lassen, wenn sie nicht zu derb und die Spalten zwischen ihnen deshalb sehr schmal sind. Vögel, Eidechsen und Amphibien besitzen nur in dem Canalabschnitt ein Stäbchenepithel, welches dem aufsteigenden breiten Schenkel entspricht. ? Die gleiche Structur bieten im frischen Zustande und nach Behandlung mit Osmiumsäure die secernirenden Zellen des Pankreas in ihrem äusseren Abschnitt dar, während derselbe an Alkoholpräparaten homogen erscheint. In den Speichelröhren erstreckt sich die fibrilläre, im Querschnitt radiär zur Oanalrichtung gerichtete Structur mitunter auch auf die inneren Abschnitte der Zellen (Fig. 107).

Die gleiche fibrilläre Beschaffenheit wie Darmepithelien zeigen auch die Epithelien der LiEBERKüHN'schen und BRUNNER'schen Drüsen, wie das Epithel der Epi-didymis und zahlreicher anderer Flimmerepithelien (Klein u. a.); ferner manche Becherzellen, das Epithel der grösseren Gallengänge, die der grossen cubischen Epithelzellen der Milchdrüse während der Lactation (Rauber, Martin). In Betreff der Structur der glatten und quergestreiften Muskelfasern vergl. den Artikel Muskel.

2. In Zellen mit Radiärstructur des Protoplasma verlaufen die längeren, häufig gleichzeitig auch derberen Fäden in radiärer Richtung von der Zellperipherie nach dem Kern und gehen dabei mehr oder weniger zahlreiche spitzwinklige Anastomosen ein oder werden untereinander durch quer- und schräggestellte Fadenbrücken verbunden, so im Darm- und Drüsenepithel mancher Insecten und deren Larven, in jungen Eierstockseiern von Rana oxyrhinus; in anderen Fällen tritt eine radiäre Anordnung von Fäden oder dicht hintereinander aufgereihten Körnchen nur in der Peripherie der Zellen auf und das Centrum der Radien fällt dann in die Mitte der Zellen, auch wenn der Kern excentrisch gelagert ist, so in der Peripherie reifer Eier von Ascidien und Echinodermen, wie in den Eierstockseiern von Reptilien (Flemming, Van Beneden, Kupffer, Fsommann, Leydig). ? Die in den Zellen der Beckendrüse von Tritonen nach Ablauf des Secretionsprocess'es auftretenden Radiär-structuren gehören dagegen nicht einem fädigen Gerüst, sondern einem Wabengerüst an, dessen Räume bei der Verkleinerung des Kerns und der Zelle einen Zug in der Richtung nach dem Centrum unterliegen (M. Heidenhain). ? Während der Befruchtungsvorgänge entwickeln sich Strahlungen, die vom Umfang des Sperma- und Eikerns nach der Peripherie gerichtet sind und am Furchungskern solche, die von seinen Polen, respective dem Umfang des Polplasma ausgehen und mit geradlinigem joder bogenförmigem Verlauf sich bis in die peripheren Abschnitte des Eies verbreiten. Die gleichen Polstrahlungen begleiten die Thei-lungsvorgänge der Abkömmlinge des Furchungskerns. An den Eiern von Strongylocentrotus liv. bestehen die einzelnen Strahlen nur zum Theil aus längeren Fadenstücken, zum grossen Theil aber aus einzelnen hintereinander aufgereihten Körnchen und Knötchen, die untereinander, wie mit denen benachbarter Strahlen vielfach durch sehr feine und kurze Faden-stücke verbunden sind, aber keine Bildungen von dauerndem Bestand darstellen, da unausgesetzt einzelne Formelemente sich auflösen und schwinden, während neue gebildet werden, ebenso Verbindungen derselben gelöst und neue hergestellt werden. Ein grosser Theil der

Fig. 108: Mehrkernige Zelle aus dem Knochenmark der Ratte Zellgruppe vom Epithel der Vorderfläche der Nickhaut vom Frosche. Fig. 109: Dem unteren Kern fehlt im grössten Theil seines Umfanges eine Membran; die Lücke wird ausgefüllt von Protoplasmanetzen. Fig. 110: Nervenzelle aus dem Ganglion stellat. von Eledone. Die intercellulare Netzstructur in Wirklichkeit 	deutlicher als auf der Abbildung.
Fig. 108: Mehrkernige Zelle aus dem Knochenmark der Ratte Zellgruppe vom Epithel der Vorderfläche der Nickhaut vom Frosche. Fig. 109: Dem unteren Kern fehlt im grössten Theil seines Umfanges eine Membran; die Lücke wird ausgefüllt von Protoplasmanetzen. Fig. 110: Nervenzelle aus dem Ganglion stellat. von Eledone. Die intercellulare Netzstructur in Wirklichkeit deutlicher als auf der Abbildung.


Strahlen verläuft hier überhaupt nicht radiär zum Centrum des Protoplasma, sondern nach Centren, die in seiner Peripherie oder selbst jenseits derselben liegen. In den Grandry'sehen Körperchen (Zwillingstastzellen Merkel's) aus der Schnabelhaut und der
Zunge von Ente und Gans zeigt die zwischen den einander zugekehrten, abgeplatteten Flächen der Tastzellen gelegene, den Achsencylinder der zutretenden marklos gewordenen Nervenfaser aufnehmende Tastscheibe, von der Fläche gesehen, eine con-centrische, durch Reihen kleinster Körperchen bewirkte Streifung; an den Tastzellen selbst tritt an mit MüLLER'scher Flüssigkeit oder mit Goldchlorid behandelten Präparaten eine streifige Zeichnung hervor, die nach Dostoiewsky meist nicht durch Körnchen, sondern durch Fäserchen bewirkt wird. Die Streifen strahlen in Zwillingszellen von den planen Grenzflächen derselben fächerförmig nach der Peripherie aus, in den mehrzelligen Körperchen dagegen sind in den Zellen mit je 2 planen Endflächen die Fäserchen garbenförmig angeordnet, so dass die mittleren senkrecht von einer Fläche zur anderen verlaufen, die peripheren dagegen im Bogen sich nach anssen wenden und ihre Convexität dem mittleren Theile der Zelle zukehren. Bei Flächenansichten zeigt dementsprechend der periphere Abschnitt eine radiäre Streifung.

3. Zellen mit nicht regelmässig orientirten einzelnen Fibrillen oder Fibrillenbündeln. Sehr häufig werden engmaschige und feinfädige Netze durchzogen von einzelnen oder von zahlreicheren derberen und stärker brechenden Bälkchen, die sich reiserförmig verzweigen, unter Bildung knotiger Verdickungen anastomosiren und vielfach mit den Fäden der engmaschigen Netze zusammenhängen, welche die Zwischenräume zwischen ihnen ausfüllen. Derartige derbere fädige Gerüste und Strangwerke trifft man vielfach in Zellen sehr verschiedener Art, in Ganglienzellen und in der grauen Substanz, in Bindesubstanzzellen, in Epidermiszellen von Hühnchen u. a. (Fig. 108, 109 und110).

Im Rete Malpighi von Säugern lassen sich etwas derbere und längere Gerüst-theile durch den grössten Theil des Zellkörpers verfolgen und treten an Stelle der Inter- cellularbrücken von einer Zelle auf die andere über (Fig. 111). In der instructivsten und schon bei mittelstarker Vergrösserung leicht nachweisbarer Weise tritt dies in der Oberhaut vom Walfisch hervor, wo nicht nur einzelne Fibrillen von einer Zelle zur anderen ziehen, sondern ganze Bündel relativ derber Fibrillen, welche bei auf- oder absteigendem oder mehr der Oberfläche parallelem Verlauf sich vielfach durchflechten oder durchkreuzen und die Kerne ziemlich dicht umgürten. Die Fibrillen sind glatt oder mit körnigen oder kleinen spindelförmigen Verdickungen besetzt, theilen sich mitunter gabelförmig oder anastomosiren unter Bildung von Knötchen. Quere und schräge Verbindungsfäden zwischen benachbarten parallelen Fibrillen sind hie und da, aber nur dann wahrzunehmen, wenn die Fibrillen nicht zu dicht aneinandergerückt sind.

Beim Hühnchen besteht das Rete Malpighi am Lauf und an den
Zehen überhaupt nicht aus einzelnen distincten Zellen, sondern aus einem continuirlichen, kernhaltigen Protoplasmalager, in welchem Züge von Fibrillen und von Fibrillenbündeln in ähnlicher Weise wie in der Walfischhaut, vorwiegend aber parallel zur Oberfläche, die Kerne umgürten.

Fig. 111: Zellen ans dem Rete Malpighi vom Menschen aus der Nähe eines Epithelialkrebses: bei a in die Intercellularen eingeschobene Netzlamellen, bei b in Fibrillen des Zellkörpers sich fortsetzende Netzfäden.
Fig. 111: Zellen ans dem Rete Malpighi vom Menschen aus der Nähe eines Epithelialkrebses: bei a in die Intercellularen eingeschobene Netzlamellen, bei b in Fibrillen des Zellkörpers sich fortsetzende Netzfäden.


In manchen Fällen ist die Zellsubstanz nur sehr dicht, fein und blass granulirt oder sie erscheint ganz homogen wie in den fliessenden Fortsätzen von Amöben, nach Leydig im Schlundknorpel von Gastropoden und in den Chordazellen von 15 Mm. langen Embryonen vom Salamander und Triton, wo sie nur in der Umgebung des Kerns etwas granulirt erscheint. Auch der Körper der kleinen, runden, nicht amöboiden Krebsblutkörper besteht fast ganz aus glasheller, homogener, nur in der Umgebung des Kerns noch einzelne Körnchen einschliessender Substanz. In manchen hautförmigen, kernhaltigen Gebilden, die Zellgrenzen nicht mehr oder erst nach Behandlung mit Silberlösung vortreten lassen (Schwann'sche Scheide, Zellhäutchen der Dura mater, Pia mater und Arachnoides, Kapselhäutchen der Vater'schen Körper), ist zwar die Zellsubstanz bis auf geringe Mengen Netzsubstanz in der Umgebung der Kerne ganz homogen geworden, hat aber gleichzeitig chemische Veränderungen ihrer Substanz erfahren.


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