Wunden: Stichwunden

Heilkundelexikon

Wunden: Stichwunden


Stichwunden gehören ebenfalls zur Gruppe der scharfrandigen Wunden, unterscheiden sich aber von den bisher besprochenen durch das unbedeutende Klaffen ihrer Ränder. Dasselbe findet seine Erklärung in den Instrumenten von meist geringem Durchmesser, welche, wie Messer, Dolche, Degen, Lanzen, Bajonnette, Nadeln, nur durch Stoss ohne gleichzeitigen Zug einzuwirken pflegen. Die Kleinheit der äusseren Oeffnung steht deshalb häufig ausser Verhältniss zur Tiefe und Schwere der Verwundung. Wirkt die Stossrichtung des Instrumentes senkrecht zur Körperfläche, so dringt dieses leicht in die Leibeshöhlen ein und macht schwere Verletzungen der Eingeweide; wirkt der Stoss aber schräg, so finden sich lange und enge Wundcanäle, welche infolge der ungleichmässigen Zurückziehurg der getroffenen Musculatur schwer mit Sonde und Finger zu verfolgen sind. Trifft das verwundende Instrument auf einen Knochen, so bricht es nicht selten ab und das abgebrochene Stück bleibt in der Wunde stecken. Es muss deshalb eine Stichwunde jedesmal sorgfältig auf Fremdkörper untersucht werden, insbesondere auch die Knochen, da die in einer Knochenspalte steckende Spitze oft genau in der Höhe der Knochenoberfläche abgebrochen ist. Knorpel leisten geringern Widerstand und werden deshalb leichter vollständig durchtrennt.

Das ereignet sich am häufigsten bei den Rippenknorpeln, wenn in mörderischer oder selbstmörderischer Absicht ein Stoss gegen die Herzgegend gerichtet wird. Werden grössere Gefässe durch einen Stich getroffen, so verlegt der enge Stichcanal in der Regel dem Blute den Ausweg und dann bilden sich traumatische Aneurysmen oder weitreichende Blutinfiltrate.

Stichwunden werden auch zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken angelegt. So bedient man sich häufig der Pravaz'schen Nadelspritze, um Aufschluss über Consistenz und Zusammensetzung krankhafter Bildungen zu erhalten. Zur Entleerung von Flüssigkeiten aus verschiedenen Körperhöhlen benutzt man den Troicart, ein mit dreiseitiger Spitze versehenes, verschieden dickes Stilet, welches von einer Hülse umgeben in die Höhle eingestossen wird; letztere lässt nach Zurückziehung des Stilets die Flüssigkeit ausströmen und wird zum Schlüsse ausgezogen. Die kleine, dreieckige Wunde verklebt sehr schnell und sichert die tiefer gelegenen Theile vor äusserer Infection. Solche Operationen bezeichnet man als subeutane. Zu denselben zählen auch die Trennungen tief gelegener Theile, Sehnen, Muskeln, Fascien, mittels feiner spitzer Messer, welche nach Verziehung einer Hautfalte eingestochen werden. Nach Ausziehung des Messers entspricht der äussere Stich nicht mehr der inneren Verwundung und bietet deshalb günstigere Verhältnisse für die Heilung dar.


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