Wunden: Risswunden

Heilkundelexikon

Wunden: Risswunden


Risswunden entstehen durch übermässige Anspannung der Haut bis zum Nachgeben des Zusammenhanges oder durch Eindringen eines zwar spitzen, aber nicht schneidenden Körpers in die Haut, welcher dann eine Strecke weit über dieselbe hinweggezogen wird und sie auseinanderdrängt.

Die Risswunden können ziemlich geradlinig sein; häufiger sind die Ränder von unregelmässigem Verlauf und die Wunde zeigt stets ein ungleichmässiges, zerfetztes Aussehen. Alle Arten von Maschinenverletzungen bieten Beispiele für die erste Art des Zustandekommens. Die Haut kann auf weite Strecken hin zerrissen sein, ja es kommen Abstreifungen der Haut nach Art eines Handschuhes an der ganzen Hand und einem Theile des Vorderarmes, selbst des ganzen Armes, sowie auch am Fusse vor. Solche Verletzungen bieten
Fig. 16.
Fig. 16.

Fig. 17.
Fig. 17.

in functioneller Hinsicht eine üble Prognose dar, da sie frühe oder späte Amputationen nöthig machen; denn wenn, wie es meistens geschieht, die abgestreifte Haut abstirbt, so ist eine Heilung des grossen Defectes auch durch Pfropfungen nur selten möglich. Die Risswunden der zweiten Gruppe werden am einfachsten dargestellt durch die Verletzung, welche etwa ein die Haut streifender Dorn hervorruft. Viel schlimmer sind die zahlreichen Risse, welche kämm- oder hechelartige Instrumente erzeugen. In Kammgarnspinnereien und Tuchfabriken bedient man sich zum Aushecheln und Kämmen der Stoffe solcher Instrumente, welche aus Platten mit zahlreichen senkrecht gestellten, scharfen Pfriemen bestehen. Wird von einem solchen Apparate ein Körpertheil erfasst, so sieht man die Haut in unzählige, schmale, parallele Streifen zerrissen, welche in der Regel absterben. Endlich sind auch die Kr atz wunden hierherzuzählen. Die durch menschliche Nägel erzeugten Kratzwunden pflegen selten mehr als Excoriationen zu sein; dagegen gehen die Risse, welche Katzen und ähnliche Thiere erzeugen, schon erheblich tiefer und die Kratz wunden grosser wilder Thiere werden gefährliche Verletzungen, da sie nicht nur die Haut wie eine Hechel zerschneiden, sondern auch dieselbe und mit ihr die übrigen Weichtheile in lauter Petzen zerreissen. In der Meinung des Volkes gelten diese Wunden vielfach als vergiftet, vermuthlich deshalb, weil bei mangelnder oder der Risswunden sind die betrachten, welche natürlich unvollkommener Behandlung schnelle Zersetzungen in der höchst unregelmässigen Wunde erfolgen, welche durch acute Septikämie zum Tode führen. Als schlimmste Form Aus- und Abreissungen ganzer Glieder zu nur bei Anwendung sehr grosser, in der Längsrichtung des Gliedes wirkender Gewalten zustande kommen können. Die Abtrennung erfolgt innerhalb der Gelenke und es ist charakteristisch für diese Wunden, dass die Gewebe in sehr verschiedener Höhe nachgeben. Gewöhnlich ist die Haut centralwärts vom Gelenke quer durchtrennt, während Sehnen und Muskeln aus ihren Scheiden hervorgerissen, in ihrem Zusammenhange
gelockert werden und lang aus dem Stumpfe hervorhängen. Andere Male werden die Muskeln hoch hinauf mit weggerissen; so wird bei Ausreissungen des Armes im Schultergelenke zuweilen die Scapula mit ihrer gesammten Musculatur herausgelöst. Noch charakteristischer sind die Ausreissungen von Fingern oder Zehen, an denen ihre langen Beuge- oder Strecksehnen einzeln oder insgesammt hängen geblieben sind (Fig. 16). Die auf diese Weise am Stumpfe erzeugten langen, röhrenförmigen Wunden haben, wie schon Billroth bemerkt, eine grosse Neigung zur guten und schnellen Heilung durch primäre Verklebung ihrer Wände.

Die Risswunden haben insgesammt keine Neigung zu starken Blutungen, selbst bei Ausreissungen ganzer Glieder pflegt die Blutung höchst geringfügig zu sein. Insbesondere ist die Hauptarterie des Gliedes in der Regel fest verschlossen, am sichersten dann, wenn die Ausreissung unter einer drehenden Bewegung zustande gekommen ist. Bei der Untersuchung findet man das centrale Ende des Gefässes kegelförmig gestaltet und in eine lange, schwanzförmige Spitze ausgezogen (Fig. 17), welche, wie man sich leicht überzeugen kann, ausschliesslich von der zusammengefilzten Adventitia gebildet wird, während die Muscularis und Intima einwärts gerollt sind. Dies Verhalten ist durch die Brüchigkeit der inneren Häute gegenüber der Zähigkeit der Adventitia bedingt. Ist so die Blutung mechanisch unmöglich gemacht, so kommt hinzu, dass die eingerollten inneren Häute eine vorzügliche Gelegenheit zur Einfilzung eines Thrombus abgeben, den man schon eine Stunde nach der Verletzung findet. Bei kleineren Gefässen walten ganz ähnliche Verhältnisse ob, und so kommt es denn, dass eine solche, an sich schwere Verletzung eine Sicherheit gegen Blutungen bietet, wie sie in sehr viel geringerem Masse nur noch den Quetschwunden eigen ist.


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