Zange: Ausführung der Zangenoperation

Heilkundelexikon

Zange: Ausführung der Zangenoperation

Zange - Indikation - Bedingungen - Zeitpunkt - Ausführung der Zangenoperation - Literatur

Wir kommen nun zur Ausführung der Operation. Wir können in die Lage kommen, die Zange bei sehr verschiedenen Kopfständen anlegen zu müssen. Der Kopf kann am Beckenboden oder im Beckeneingange stehen; er kann mit seiner Schädelfläche, mit der Gesichtsfläche oder mit der Stirne vorliegen; es kann ein normaler oder abnormer Mechanismus vorhanden sein. In allen diesen Fällen wird die Art der Zangenanlegung und Extraction modificirt werden müssen. Wir werden uns hier am besten zurecht finden, wenn wir von dem Typus der Zangenoperation ausgehen, und diesen Typus stellt die Zangenoperation bei normal rotirtem Kopfe dar.

Zange bei normal rotirtem Schädel
Wie bei jeder Operation, muss man sich auch für die Zangenoperation ein entsprechendes Lager vorbereiten. Als bestes Lager für die Zangenoperation gilt, wie für die meisten geburtshilflichen Operationen, das Querbett; nur bei voraussichtlich sehr leichter Ausführung der Operation können wir dieselbe bei der gewöhnlichen Lagerung der Frau im Bette mit etwas erhöhter Beckengegend ausfuhren. In anderen Fällen empfiehlt sich eine Schräglagerung der Frau im Bette; das Beckenende wird an einen Bettrand gebracht, die eine untere Extremität bleibt im Bette, die andere wird auf einen neben dem Bettrande stehenden Stuhl gestellt. Sehr selten wird bei uns zu Lande die Zange in der Seitenlage angelegt. Blase und Mastdarm sind vor der Operation zu entleeren.

Sehr zweckmässig ist es, sich genügende Assistenz zu sichern; meist braucht man 2 zum Fixiren der beiden Beine; ist Narkose nothwendig, dann wird noch ein dritter Assistent erforderlich sein. Bei voraussichtlich kurz dauernder und leichter Operation ist Narkose überflüssig; doch wird man besonders dann, wenn grössere Widerstände seitens des musculösen Beckenbodens zu überwinden sind, ebenso bei Zangenanlegung bei hohem Kopfstande, bei älteren Erstgebärenden, bei denen die Operation voraussichtlich sehr schmerzhaft ist, mit Vortheil die Chloroformnarkose in Anwendung bringen. Das Instrument muss gut desinficirt sein; die Desinfection geschieht am besten durch Kochen der Zange durch 15?20 Minuten.

Vor der Application des Instrumentes muss nochmals genau untersucht werden, um zu erkennen, ob sich in der Zwischenzeit die Stellung des Kopfes nicht etwa geändert habe. Nun werden die beiden Blätter, eines nach dem anderen, angelegt, und zwar zuerst immer das linke, dann das rechte Zangenblatt. Die Zangenblätter werden am Griffe so gefasst, wie man ein Scalpell bei einer chirurgischen Operation anfasst. Es kommt dabei der Daumen auf den Metallbeleg, die übrigen Finger auf den Hartgummibeleg der Zange, wobei die Fingerspitzen nach abwärts sehen. Weniger zweckmässig ist es, den Zangengriff schreibfederförmig anzufassen oder in die volle Faust zu nehmen; in letzterem Falle kommt man allzu leicht in die Gefahr, das Zangenblatt bei etwaigen Hindernissen mit allzu grosser Kraft vorwärts zu schieben.

Sollen wir nun das linke Blatt der Zange anlegen, so werden Zeige-und Mittelfinger der rechten Hand von den übrigen Fingern isolirt und in die linke Mutterseite zwischen Vaginal wand und Kopf so weit hinaufgeschoben, dass die Fingerspitzen an oder über der grössten Peripherie des Kopfes liegen. Man fasst dann die Zange in der früher erwähnten Weise an, hebt den Griff sehr stark auf, so dass er sich beiläufig in einer Ver-ticalen über der rechten Inguinalgegend befindet und der Metailbeleg dem Operateur, der Gummibeleg aber dem Gesichte der Gebärenden zugewandt ist; dann setzt man die Spitze der Zange auf die Volarfläche der eingeführten Finger und schiebt das Blatt langsam zwischen der Volarfläche der Finger und der Convexität des Kopfes hinauf, wobei man das Einschieben in der Weise besorgt, dass man immer nach dem Orte des geringsten Widerstandes hindrängt und sich besonders vor dem zu frühen Senken des Griffes hütet. Es ist am besten, wenn man es sich zur Regel macht, man müsse während des Einfahrens der Zange die Spitze des Löffels immer an der Volarfläche der Finger fühlen. Ein zu spätes Senken der Zange und
damit ein Hineindrängen der Zangenspitze gegen die Volarfläche der Finger wird nicht leicht eintreten, weil wir ja in unseren Fingern das Gefühl haben werden, dass in dieser Richtung das Vorschieben nicht möglich ist; umgekehrt kann es aber geschehen, dass, wenn wir zu früh senken, die Spitze der Zange gegen den Kopf hingedrängt wird, dort ein Hinderniss findet und der Operateur unwillkürlich eine grössere Gewalt anwendet, wobei dann allerdings die Zange weiter vorwärts gleitet, aber auch sehr leicht Verletzungen entweder des Kindesschädels oder der Weichtheiie des Beckens anrichtet. Man geht also in der Weise vor, dass man die Zange, ohne den Griff wesentlich zu senken, soweit vorschiebt, bis die Spitze an der grössten Peripherie des Kopfes angelangt ist. Erst dann senkt man den Griff, und zwar ziemlich rasch, denn dann gleitet die Zange sehr leicht vollends an den Kopf hinauf. Liegt also der Löffel der Zange in der' linken Mutterseite, dann gehen die beiden Finger, welche die Leitung des Löffels besorgten, heraus und es wird der Griff der Zange soweit gesenkt, dass er etwas schräge nach abwärts gerichtet ist und in der Medianebene des Körpers steht. Eine nebenstehende Person hält den Griff während der nun folgenden Anlegung des zweiten Blattes, wobei sie die Hand unter dem rechten Schenkel der Gebärenden durchschiebt. Das rechte Zangenblatt wird mit der rechten Hand gefasst, senkrecht über der linken Inguinalgegend aufgehoben und unter Leitung zweier Finger der linken Hand ganz genau in derselben Weise eingeschoben wie das bereits angelegte Blatt. Nun macht man sich daran, die Zange zu schliessen. In Fällen einfachster Art gelingt dies ohne weiteres. Beide Griffe werden in der Weise gefasst, dass der Daumen nach vorne, die übrigen Finger nach hinten zu liegen kommen. Nun nähert man die Griffe einander und vereint sie im Schlosse. Manchmal jedoch ereignet es sich, dass die Blätter, wie man zu sagen pflegt, sich geworfen haben. Es stehen dann die Griffe nicht parallel und man ist gezwungen, durch Rotation derselben den Parallelismus herzustellen. Dazu dienen hauptsächlich die erwähnten BuscH'schen Haken, welche man als kurze Hebel verwendet, um mittels der beiden Daumen die Blätter parallel zu stellen. Nur in seltenen Fällen führt auch dieses Manöver nicht zum Ziele. Die Blätter bleiben schräg gegen einander gestellt und die Schliessung gelingt nicht. Da führt dann ein kleiner Handgriff zum Ziele, der darin besteht, dass man die beiden Griffe in der obgenannten Weise fasst, die Daumen auf die Buscirschen Haken legt und jetzt gleichzeitig drei Bewegungen vollführt, erstens Vorschieben der beiden Blätter in der Richtung gegen den Beckencanal, zweitens Senken derselben gegen den Damm und drittens Rotation der Blätter unter Mitwirkung der Daumen.

Der dritte Act der Operation besteht nun in der Extraction des Schädels. Der Operateur fasst zu diesem Behufe die Zange, wenn er die SiMPSöN'sche benützt, in der Weise an, dass der Mittelfinger der rechten Hand zwischen beide Hälse, und zwar über dem Schlosse angelegt wird, währenddem die übrigen Finger seitwärts vom Schlosse an dem BuscH'schen Haken ihren Halt finden. Die linke Hand fasst die beiden Griffe von unten her an ihren beiden Enden. Die Aufgabe dieser beiden Hände ist, durch Zug und Druck zu wirken. Durch Zug wirkt in erster Linie die rechte, am Schlosse liegende Hand, durch Druck hauptsächlich die an den Enden der Griffe angelegte linke. Die Stellung des Operateurs bei der Extraction ist die, dass er den rechten Fuss vor, den anderen etwas zurücksetzt, um sich eine möglichst breite Basis zu schaffen. Die Arme sollen dabei so gehalten werden, dass die Oberarme fest am Thorax anliegen. Es ist entschieden fehlerhaft, mit gerade ausgestreckten Armen zu operiren, da es sich bei der Extraction nicht nur einfach darum handelt, zu ziehen, sondern auch die Geschwindigkeit des Durchtrittes des Kopfes zu reguliren, weshalb wir diese
in jedem Momente in unserer Gewalt haben müssen. Operirt man mit einer anderen Zange als der SiMPSON'schen, besonders also mit der NÄGELE'schen oder Besessenen, so legt man Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand an die BuscH'schen Haken und fasst mit der linken Hand die Enden der Griffe, oder man legt die rechte Hand von oben her auf das Schloss, so dass der Daumen sich auf der einen Seite, die übrigen Finger auf der anderen Seite befinden.

Für die Extraction des Kopfes sind nun verschiedene Arten von Tractionen empfohlen worden. Es sind auch heute noch die Operateure nicht einig, ob man bei der Extraction durch stetigen Zug unter Berücksichtigung des normalen Mechanismus oder durch pendelnde oder rotirende Bewegungen auf die Vorwärtsbewegung des Kopfes einwirken solle. Bei Anwendung der rotirenden oder pendelnden Tractionen wirkt die Zange als Hebel; wir können uns mit dieser Art von Tractionen nicht befreunden und wenden nur die stationären oder stetigen Tractionen an. Wir sollen ja mit der Zange den normalen Durchtritt des Kopfes möglichst nachahmen. Nun hat nie Jemand gesehen, dass der Kopf beim Durchtritte durch das Becken Kreis- oder Pendelbewegungen macht; die stationären Tractionen entsprechen also am besten der Einwirkung der natürlichen Kräfte auf den Kopf. Der Operateur fasst die Zange, beginnt mit einem leichten Zuge in der Richtung der Beckenachse, steigert die Kraft des Zuges allmählich bis zum Maximum und geht mit der Kraft von diesem Maximum wieder auf Null herab. Ist keine besondere Eile nothwendig, so extrahirt man unter Mitwirkung der Wehen und verstärkt also factisch in diesem Falle die vorhandene Wehentbätigkeit mit der Zange. Wäre aber Eile nothwendig, dann muss man eine Traction auf die andere rasch folgen lassen, wobei man jedoch immer die Traction in der Richtung der Beckenachse besorgt. Es lässt sich dabei in Bezug auf die Richtung nur so viel sagen, dass der Operateur in jedem Momente der Operation sich bewusst sein muss, in welcher Ebene des Beckens der Kopf sich befindet, und in welcher Richtung die Achse der betreffenden Beckenapertur verläuft. In dieser hat die Extraction zu geschehen; demgemäss muss also bei hochstehendem Kopfe in der Richtung möglichst senkrecht nach abwärts, bei im Becken befindlichem Kopfe schräg nach abwärts, bei im Beckenausgange stehenden Kopfe horizontal und während des Durchleitens des Kopfes durch die
Vulva schräg nach aufwärts und endlich senkrecht in der Richtung nach aufwärts gezogen werden.

Da wir den mit der Zange gefassten Kopf bezüglich seiner Bewegung völlig in unserer Gewalt haben, so extrahiren wir gewöhnlich mit der Zange den Kopf vollkommen; tritt dabei der Schädel mit einem grossen Segment in die Vulva, dass der Damm allseits bereits dem Kopfe dicht anliegt, dann ist die Zeit zum Dammschutze gekommen.

Der Operateur tritt dann an die linke Seite der Gebärenden, fasst die Zange mit der rechten Hand derart, dass der kleine Finger zwischen den beiden Hälsen, die übrigen Finger aber beiderseits an den Griffen liegen, während er die linke Hand, unter dem linken Schenkel der Frau durchgeführt, an das Perineum legt und dort in der gewöhnlichen Weise das Hinaufdrängen des Kopfes gegen die Symphyse besorgt. Im übrigen wird der Dammschutz mit der Zange genau nach denselben Regeln ausgeführt wie ohne dieselbe. Besonders ist hier zu bemerken, dass, während wir früher womöglich die Tractionen während der Wehen in Anwendung bringen sollen, wir nunmehr beim Dammschutz gerade während der Wehen zweckmässiger den Kopf zurückschieben, um denselben mit geringerer Kraft und sehr massiger Geschwindigkeit während der Wehenpausen Linie für Linie vorrücken zu lassen.

Ist der Kopf vollkommen entwickelt, dann nimmt man die Zange ab, indem man den Daumen zwischen beide Griffe drängt und dadurch die Blätter von dem Kopfe entfernt, und legt sie nun bei Seite. Die Entwicklung des nachfolgenden Rumpfes hat nichts Besonderes an sich und wird durch Druck und Reibung des Uterusgrundes, manchmal auch durch leichten Zug am Nacken in der Richtung nach abwärts oder Einhaken der Pinger in die Achselbeuge befördert.

In manchen Fällen kann es nothwendig sein, die Zange abzunehmen, noch bevor der Kopf vollständig entwickelt ist; der Vortheil eines derartigen Verfahrens kann darin liegen, dass bei schwierigem Dammschutze, bei starker Ausdehnung der
Vulva die Peripherie des durchzutreibenden Theiles durch Abnahme der Zange etwas geringer wird, währenddem wir den Dammschutz und die Herausbeförderung des Kopfes auch auf andere Weise als durch die Zange in diesem Stadium bewerkstelligen können. Man geht in solchen Fällen in der Weise vor, dass man den Kopf nach einer Traction fixirt, mit einem oder zwei Fingern in den Mastdarm der Gebärenden eingeht, um den Mund und Unterkiefer zu erreichen. Ist dies möglich, dann fixirt man einen der genannten Theile vom Rectum aus, legt den Daumen direct auf den Kopf, um ihn nach aufwärts und gegen den Beckencanal zurückzuhalten und nimmt dann beide Blätter in der Weise ab, dass zuerst das rechte, dann das linke Blatt in der umgekehrten Richtung herausgezogen wird, in der sie eingeführt wurden; dabei muss man sich besonders hüten, grössere Gewalt anzuwenden, wenn sich etwa Schwierigkeiten für das Abnehmen des Blattes bieten sollten.

Das Herausbefördern des Kopfes wird dann durch den sogenannten Ritgen'schen Handgriff in der Weise besorgt, dass man mit dem im Rectum gelegenen Zeigefinger einen Druck in der Richtung nach abwärts auf den Kopf ausübt, währenddem der Daumen derselben Hand, auf den Damm gelegt, den Kopf kräftig gegen die Symphyse hinaufdrängt, und ihn zwingt, den im Arcus pubis zur Verfügung stehenden Raum für seinen Durchtritt zu benützen und dadurch den Damm zu entlasten. Die Geschwindigkeit des Vortrittes des Schädels wird durch die direct auf den in der Vulva sichtbaren Theil des Kopfes aufgelegte Hand regulirt.

Es wären im Anschluss an die Schilderung der Operation noch diejenigen Fälle zu erwähnen, bei denen man die Anlegung der Zange und die Extraction bei der gewöhnlichen Lage der Frau im Bette besorgt. Am besten geschieht das, wenn man an der linken Seite des Bettes steht. Es wird wie gewöhnlich zuerst das linke Blatt angelegt, und zwar unter Leitung zweier Finger der rechten Hand, welche jedoch diesmal unter dem Schenkel der Frau durchgeführt und in die Vulva eingeschoben werden müssen. Das andere Blatt wird unter der Leitung zweier Finger der linken Hand in der gewöhnlichen Weise eingelegt; die Extraction geschieht in derselben Weise, wie wir diese früher beim Dammschutz besorgt haben, also mit der rechten Hand allein, während die linke zum Dammschutz sich bereit hält. Diese Art der Zangenanlegung ist einfacher als wenn der Operateur zur Anlegung des linken Blattes an die rechte Seite, zur Anlegung des rechten Blattes an die linke Seite der Gebärenden geht, da ja beide Blätter auf ein und derselben Seite eingelegt werden können.

Zange bei verkehrter Rotation des Schädels.
Bezüglich der Anlegung der Zange ist hier nichts von dem normalen Typus der Zangenoperation Abweichendes zu erwähnen. Bei der Extraction muss man darauf achten, dass das Hinterhaupt nicht zu rasch über den Damm herabtrete, sonst kommt es leicht zu tiefen Einrissen.

Zange bei tiefem Querstande in Hinterhauptslage.
Der tiefe Querstand ist ein abnormer Mechanismus. In der Regel gelingt es nicht, den Kopf früher zu extrahiren, bis nicht der Kopf aus dem Querstande in die Rotation übergeführt wurde. Wir werden also bei der Zangenanlegung bei tiefem Querstande zunächst auf die Rotation des Kopfes und dann erst auf die Extraction Rücksicht zu nehmen haben. Man hat früher diese beiden Aufgaben getrennt, indem man den Kopf zuerst 90° mit der Zange drehte und dann erst extrahirte. Diesen Vorgang bezeichnete man als Stellungsverbesserung mit der Zange. Heute führt man derartige gewaltsame Drehungen nicht mehr aus wegen der Gefahr von Zerreissungen der Beckenweichtheile, sondern führt die Rotation und Extraction gleichzeitig durch, indem man den Kopf gewissermassen in einer Schraubenlinie extrahirt. Um diesen beiden Indicationen zu genügen, wird die Zange in einem schrägen Durchmesser angelegt. Wir gehen hier nach der Regel vor: die Zange muss immer in jenem schrägen Durchmesser des Beckens angelegt werden, welcher der Mutterseite entspricht, auf der das Hinterhaupt liegt, also bei 1. Position im linken, bei 2. Position im rechten schrägen Durchmesser, oder in anderer Passung, die Zange wird immer so anzulegen sein, dass die Spitzen derselben gegen das Hinterhaupt gerichtet sind, und da das Hinterhaupt auch als Führungspunkt bezeichnet wird: die Spitzen der Zange sind gegen den Führungspunkt zu richten. Da bei der schliess-lich herzustellenden normalen Rotation die Beckenkrümmung der Zange gegen die Symphyse gerichtet sein muss, so ergiebt eine einfache Ueberlegung den Grund für die vorstehenden Regeln. Es wird also auch hier, wie bei jeder Zangenoperation, zuerst das linke Blatt eingelegt; dasselbe kommt in die linke Mutterseite zu liegen und wird, nachdem es kunstgerecht vollständig eingeführt ist, adaptirt, und zwar entweder nach rückwärts oder nach vorwärts. Bei 1. Position, Hinterhauptslage, kommt es nach der obigen Regel nach rückwärts, bei 2. Position nach vorne. Das andere Blatt wird in der rechten Mutterseite eingeschoben und so adaptirt, dass es bei 1. Position nach vorn, bei 2. Position nach rückwärts zu liegen kommt. Die Adaptirung geschieht in der Weise, dass man das Blatt mit den beiden in der Vagina liegenden Fingern an seinen Bestimmungsort dirigirt, wobei man, wenn das Blatt nach vorn geführt werden soll, den Griff etwas senkt, und wenn das Blatt nach hinten geführt werden soll, den Griff etwas hebt. Liegen die beiden Blätter, dann wird die Zange geschlossen und nun ohne irgend eine Rotationsbewegung zunächst eine leichte Traction ausgeführt. Bei dieser Traction wird man sofort bemerken, ob der Schädel Neigung hat, sich zu rotiren, ferner, ob er sich im normalen oder etwa im abnormen Sinne, d. i. mit dein Hinterhaupt nach hinten, drehen wird. Diese Rotation wird befördert, und zwar bei den folgenden Tractionen so lange, bis wiederholt ausgeführte Untersuchungen die vollendete Rotation constatiren lassen. Sollte sich nach den ersten Tractionen Neigung zur abnormen Rotation herausstellen, so darf man nicht etwa mit Gewalt die normale Rotation erzwingen, sondern man adaptirt dann die beiden Blätter sofort in den entgegengesetzten schrägen Durchmesser und befördert bei der Extraction die Vollendung der abnormen Rotation. In derselben Weise geht man vor, wenn der Kopf bei der Zangenanlegung nicht mehr mathematisch quer, sondern schon etwas schräg steht. Steht dabei das Hinterhaupt schon etwas nach vorn, dann tritt wohl voraussichtlich die normale Rotation ein und man wird dieselbe mit der Zange zu befördern suchen; steht aber das Hinterhaupt an der Hüftkreuzbeinfuge, dann ist es noch nicht zweifellos sicher, dass abnorme Rotation eintreten muss. In einem solchen Falle wird die erste Traction mit grösster Vorsicht und ohne irgend eine Einwirkung auf den Mechanismus ausgeführt und derjenige Mechanismus unterstützt, der sich spontan einstellt.

Zange bei Gesichtslage.
Es können hier zwei Fälle eintreten: die Zange kann nothwendig werden bei normal rotirtem Gesichte oder aber bei tiefem Querstande in Gesichtslage. Bei normal rotirtem Gesichte, wird die Zange zunächst genau so angelegt wie bei normal rotirtem Schädel; vor dem Schliessen der Zange müssen jedoch die beiden Griffe stark über den Horizont gehoben und in gehobener Stellung geschlossen werden. Dann geht man mit den fest geschlossenen Zangengriffen langsam in die Horizontale, aber nicht unter diese herab und extrahirt zunächst in der horizontalen Richtung, aus der man dann allmählich in die schräge Richtung nach aufwärts übergeht. Diese Regel wird verständlich, wenn man bedenkt, dass die Löffel der Zange über die grösste Peripherie des Kopfes angelegt werden müssen und diese Peripherie verhältnissmässig weit nach hinten liegt. Würde man die Zange wie bei Hinterhauptslage mit den Griffen gesenkt anlegen, so kämen die Löffel zu weit nach vorn, die Spitzen der Zange ausserdem an die Seitenfläche des Halses des Kindes zu liegen; die Zange würde abgleiten, vielleicht auch Verletzungen des Kindes verursachen.

Wenn es sich um einen tiefen Querstand in Gesichtslage handelt, so ist der Fall fast ganz genau derselbe wie bei tiefem Querstande in Hinterhauptslage. Dieselben Grundsätze, die dort für die Zangenanlegung und Ex-traction massgebend waren, werden auch hier in Anwendung kommen müssen. Der Führungspunkt, d. i. derjenige Theil, der schliesslich hinter die Symphyse kommen muss, ist hier jedoch das Kinn; demgemäss müssen bei der Zangenanlegung die Zangenspitzen gegen das Kinn gerichtet sein; es kommt also das Blatt, welches über das Kinn zu liegen käme, nach hinten, das andere Blatt nach vorne. Da die Anlegung über das Kinn und den Hals sehr schwierig und für das Kind gefahrvoll wäre, so wird hier das betreffende Blatt nicht erst über das Kinn angelegt, sondern sofort in der Richtung nach hinten eingeschoben; das andere Blatt aber kommt zunächst genau in die betreffende Mutterseite zu liegen und wird dann wie bei Hinterhauptslage in der Richtung nach vorne adaptirt.

Zange am nachfolgenden Kopfe.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass wir mittels der Zange am nachfolgenden Kopfe vielleicht eine noch grössere Kraft ausüben können als mit der Anwendung des SMELLiE'schen oder WiGAND-MARTiN'schen Handgriffes. Es wird sich nur um die Frage handeln, ob wir aus der Zangenoperation am nachfolgenden Kopfe irgend welchen Vortheil für die Geburt ersehen können. In dieser Beziehung ist zu bemerken, dass bei tief stehen dem Kopfe es sich wohl kaum je ereignen wird, dass der SMELLiE'sche Handgriff nicht ausreicht; wohl aber kommt ein Versagen des gewöhnlichen Handgriffes bei hochstehendem Kopfe mitunter vor; dies besonders in jenen Fällen, in welchen ein räumliches Missverhältniss vorliegt. Aber gerade in diesen Fällen entspricht die Anlegung der Zange am nachfolgenden Kopfe nicht unseren Begriffen von der Unschädlichkeit der Kopfzange. Die Kopfzange ist durchaus nicht geeignet, ein räumliches Missverhältniss rasch zu überwinden. Geschieht dies trotzdem dadurch, dass wir mit ungewöhnlicher Gewalt an der Zange ziehen, dann sind bedeutende Quetschungen der mütterlichen Weichtheile unvermeidlich, und es wird sich fragen, ob der Gewinn am kindlichen Leben; das Geburtstrauma der Mutter aufwiegt. Wenn wir aber berücksichtigen, dass wir die Zange erst dann am nachfolgenden Kopfe anlegen, wenn länger dauernde Anwendung der gewöhnlichen Handgriffe im Stiche gelassen hat, wenn wir berücksichtigen, dass zur Anlegung der Zange, dann aber zur
Extraction mittels derselben wieder einige Minuten verloren gehen, so werden wir kaum Je in die Lage kommen, ein lebendiges Kind zu extrahiren. Sollte dies aber doch der Fall sein, dann wird das Kind in den meisten Fällen schon frühzeitig geathmet haben und wird infolge von Atelectasis pulmonum oder Pneumonie in den nächsten Tagen zugrunde gehen. Der Gewinn durch Application der Zange ist also für das Kind minimal, die Gefahr für die Mutter aber insoferne sehr gröss, als man bedenken muss, dass eine derartige Operation auch von dem besonnensten Operateur immer in der Idee ausgeführt wird, dass grösste Eile nothwendig ist, wenn die Operation für das Kind überhaupt noch Erfolg haben soll.

Wir können also die Zange am nachfolgenden Kopfe füglich aus der Reihe der geburtshilflichen Operationen streichen, da wir bei mechanischen Hindernissen und bei Unwahrscheinlichkeit, ein lebendes Kind zu extrahiren, nie die unschädliche Kopfzange ergreifen, sondern für solche Fälle eine ganz andere Operationsmethode besitzen, um ohne Rücksicht auf das verlorene kindliche Leben die Geburt in einer für die Mutter möglichst schonenden Weise zu beendigen.

Nur in ganz seltenen Ausnahmsfällen könnte man an die Zange bei nachfolgendem Kopfe denken. Dies wäre der Fall, wenn nach mehreren minutenlangen manuellen Extractions versuchen die Nabelschnur des Kindes noch deutlich pulsirte und weder Becken noch Weichtheile ein grösseres Hinder-niss für die Extraction voraussetzen Hessen, besonders aber bei abnormer Rotation des nachfolgenden Kopfes. Jeder Praktiker sieht leicht ein, dass die oben erwähnten Erfordernisse nur in ganz besonderen Ausnahmsfallen vorhanden sein dürften, so dann die Zangenanlegung am nachfolgenden Kopfe in der Praxis heutzutage kaum je mehr in Frage kommt. Für Diejenigen, welche heute noch Anhänger dieser Operation sind, wäre nur so viel zu bemerken, dass die Zange immer unterhalb des Rumpfes des Kindes angelegt werden muss. Die übrigen Regeln fallen mit denen der Zangenanlegung überhaupt zusammen.

Zange bei hohem Querstande des Schädels.
Es ist schon früher ausdrücklich betont worden, dass hier die Zange nur dann angelegt werden darf, wenn der Kopf fixirt ist, bei engem Becken aber nur dann, wenn der Kopf mit der grössten Peripherie der Ebene des Beckeneinganges passirt hat oder nur sehr wenig darüber liegt. Der wahre Stand des Kopfes muss durch eine sorgfältige Untersuchung erkannt werden. Es muss besonders darauf geachtet werden, dass bei länger dauernder Geburt, besonders bei bestehenden Geburtshindernissen, die Kopfgeschwulst, welche tief in das Becken hereinragt, ja manchmal sogar in der
Vulva sichtbar ist, einen verhältnissmässig tieferen Stand des Schädels vortäuscht. Man dar! sich also durch den Stand der Kopfhaut nicht über den wahren Stand des Kopfes täuschen lassen und muss sich durch genaue Abtastung der Schädelperipherie, eventuell sogar mit der halben Hand, über den wahren Stand des Kopfes unterrichten. Ausserdem muss man mit der grössten Energie den Standpunkt betonen, dass bei hohem Kopfstande und Beckenverengerung die Zange immer nur als ein Probeinstrument oder, wie Braun sagt, als Untersuchungsinstrument auf gefasst werden darf, d. h. man legt die Zange an, um sich durch einige kräftige Tractionen über das gegenseitige Verhältniss zwischen Kopf und Becken zu unterrichten. Gelingt nach 5?6 kräftigen Tractionen die Vorwärtsbewegung des Kopfes nicht, dann muss man die Zange wieder abnehmen und muss dann allerdings darauf vorbereitet sein, dem Zangenversuche sofort die Perforation folgen zu lassen. Es ist vollkommen falsch, in solchen Fällen die Extraction zu forciren.

Bezüglich der Anwendung der Zange bei hohem Kopfstande sind folgende Grundsätze massgebend: Die Zange wird immer im Querdurchmesser des Beckens angelegt; die Zangenanlegung geschieht unter der Leitung der halben Hand, da man bei hohem Kopfstande mit zwei Fingern nicht bis über die grösste Peripherie des Kopfes hinaufreicht. Idealer Weise müsste nun die Extraction in der Richtung der Axe des Beckeneinganges ausgeführt werden. Die Axe des Beckeneinganges trifft aber in ihrer Verlängerung auf das Steissbein; in dieser Richtung zu extrahiren ist also unmöglich, weil der weit nach vorn vorgeschobene Damm das Senken der Zange bis zum Steissbein hindert. Man muss sich also bei hohem Kopfstande damit begnügen, die Zugrichtung durch Senken der Griffe soviel als möglich der Richtung der Axe des Beckeneinganges anzunähern. So lange der Kopf im Beckeneingange steht, muss jede Rotationsbewegung vermieden werden; erst wenn der Schädel den Beckeneingang überwunden hat und in der Höhle des Beckens steht, lüftet man die Zange, wartet einige Wehen ab, worauf sich dann der Kopf gewöhnlich innerhalb der Zange rotirt und man nun beim Schliessen der Zange bemerkt, dass die Griffe sich besser einander nähern lassen als vorher und die Untersuchung die vollendete oder doch begonnene Rotation ergiebt. Auch in der Beckenhöhle ist eine künstliche Rotation des Schädels überflüssig, weil ja der Schädel Zeit hat, auf dem Wege vom Beckeneingange zum Beckenausgange sich spontan zu rotiren.

Obwohl der Gebrauch des Porceps, sei es nun der von Nagele, Busch oder Simpson, ausgezeichnete Dienste leistet bei tiefem Kopfstande, so dass die Zangenoperation hier kaum einer Verbesserung mehr fähig ist, so hat man doch schon, solange als Zangenoperationen überhaupt ausgeführt werden, eingesehen, dass die Operation am hochstehenden Kopfe einer Verbesserung bedürfe. Diese Thatsache findet ihre Begründung in der Schwierigkeit und Gefährlichkeit der Zangenoperation bei hohem gegenüber der bei tiefem Kopfstande. Die Ursache für diese Gefährlichkeit und Schwierigkeit bei hohem Stande liegt in der ungünstigen Zugrichtung und dem deshalb nothwendig werdenden grösseren Kraftaufwande. Die angewendete Kraft zerfällt hier in zwei Componenten; eine in der Richtung der Axe des Einganges und ihrer Verlängerung, welche das Steissbein trifft, die zweite ist eine darauf senkrechte, direct gegen die hintere Fläche der Symphyse gerichtete Componente. Nur erstere kommt für die Vorbewegung des Schädels überhaupt zur Wirkung, die zweite aber erschwert die Extraction und wirkt nachtheilig auf die mütterlichen Weichtheile, die einem starken Drucke zwischen Kopf und Symphyse ausgesetzt werden.

Betrachten wir dieselben Verhältnisse bei einer spontanen Geburt, so ergiebt sich, dass die Axe des Uterus, als der austreibenden Kraft, wohl auch nicht in Uebereinstimmung sich befindet mit der Beckenaxe, umsomehr, als letztere in jeder Ebene eine andere Richtung hat. Worin liegt also das Schädliche der Zange gegenüber der Wirkung der Wehenthätigkeit ? Das Unphysiologische und deshalb Schädliche der Zange liegt darin, dass sie bei hohem Kopfstande den festgehaltenen Schädel in einer Richtung zieht, in der er nie folgen kann, während die Wehen den Kopf einfach in das Becken hineintreiben und es ihm überlassen, sich nach der Richtung des geringsten Widerstandes den Weg selbst zu suchen. Die Aerzte, von der Schwierigkeit und Gefährlichkeit der Zange bei hohem Kopfstande durch eigene Erfahrung überzeugt, suchten dieselbe einzig in der Unmöglichkeit, mit einem gewöhnlichen Porceps in der Richtung der Axe des Beckeneinganges zu ziehen und waren von jeher bestrebt, dem Zuge an der Zange eine günstigere Richtung zu geben. Das geschah dadurch, dass die älteren Aerzte ausser dem Zuge an den Griffen auch noch einen am Schlosse senkrecht in der Richtung nach abwärts einwirken Hessen.

In diesem Sinne ist die älteste Axenzugzange mit Rücksicht ihrer Anwendung die Zange von Osiander (1799); ferner hat Stein der Aeltere (1805) die LEVRET'sche Zange zur Axenzugzange gemacht, indem er mittels einer Zangenbinde am Schlosse senkrecht nach abwärts und gleichzeitig mit der anderen Hand an den Griffen nach vorwärts zog. Hermann hat 1844 eine im Armamentarium lucinae novum von Kilian abgebildete Axenzugzange angegeben, welche einen Eisenhebel als Zangenansatz am Schlosse besitzt, der ähnlich wirkt wie die Hand an der Osiander-schen Zange. Bei allen diesen Zangen wirkt die nach abwärts treibende Kraft am Schlosse ein. Im Jahre 1877 ist Tarnier mit einer neuen Axenzugzange vor die ärztliche Welt getreten, welche vor allen ihren Vorgängerinnen den Vortheil hat, dass die Zugkraft in der Gegend des unteren Endes der Zangenfenster direct auf den Löffel der LEVRET'schen Zange mittels an genannter Stelle frei beweglich angebrachter Zugstiele einwirkt (Fig. 98). Ganz ähnlich ist der von Simpson 1880 construirte Axis-traction forceps, nur mit dem Unterschiede,
Fig. 98: Axenzugzange nach Tarnier (I. Modell).
Fig. 98: Axenzugzange nach Tarnier (I. Modell).

dass hier die Zugstangen Tarnier's an einem gewöhnlichen Simpson-schen Forceps angebracht sind.

Diese Axenzugzangen werden in der Weise verwendet, dass man den Zug nicht an den Zangengriffen, sondern an den mehrfach genannten Zugstielen ausübt. Die Griffe sollen dabei eine Art Zeiger bilden, die uns den jedesmaligen Stand des Kopfes angeben und anderseits den Schädel festhalten. Zu diesem Zwecke befindet sich an den Griffen eine entsprechend kräftige Sperrvorrichtung. Die durch diese Construction zu erzielenden Vortheile sind nach Tarnier folgende: Erstens soll es dem Operateur möglich sein, immer in der Becken-axe zu ziehen. Zweitens wird dem Kindesschädel genug Beweglichkeit gelassen, um sich den Weg durch das Becken in der Richtung des geringsten Widerstandes zu suchen. Drittens repräsentiren die Griffe die Zeiger, welche dem Operateur die Richtung angeben, in der er seine Tractionen auszuführen habe.

Dazu ist nun zu bemerken, dass man mit dem Tarnier'schen Forceps nicht genau in der Beckenaxe zieht, wenn der Kopf hoch steht; ein solcher Zug ist auch gar nicht absolut nothwendig, da ja auch der Uterus, wie wir
eben gesehen haben, nicht in der Richtung der Beckenaxe arbeitet. Was die Griffe als Zeiger betrifft, so muss man voraussetzen, dass ein Arzt, der es unternimmt, die Zange am hochstehenden Kopfe anzulegen, die richtige Vorstellung von der nothwendigen Richtung des Zuges hat; andererseits kann die strenge Aufmerksamkeit auf die jeweilige Stelluag der Griffe den Operateur leicht andere wichtigere Ereignisse übersehen lassen, z. B. das Verhalten des Kopfes zur Vuiva, ein etwa beginnendes Abgleiten der Zange u. s. w.

Es bleibt also der zweite Punkt, und in diesem liegt der unverkennbare Werth der Richtung, die Tarnier neuerdings angebahnt, wie zuerst Breüs in überzeugender Weise klargelegt hat. Der Vortheil, der in der Erfindung Tarnier's liegt, beruht eben darauf, dass der Schädel vermöge der gelenkigen Verbindung der Zugstiele mit den Löffeln dem Zuge wohl folgt, aber nie in der Richtung, in welcher der Zug ausgeübt wird, sondern nur in der Richtung, in der er eben folgen kann. Der Schädel sucht sich den Weg in der Richtung des geringsten Widerstandes, und es ergiebt sich daraus, dass für den Operateur aus diesem Umstände ein bedeutendes Ersparniss an Kraft erzielt werden kann.

Sieht man nun als die wichtigste Errungenschaft des Tarnier'schen Forceps die freie Beweglichkeit während der Traction an, so ergeben sich aus der sonstigen Construction des Forceps Tarnier's gewisse Nachtheile, welche es verschuldet haben, dass man dieser Neuerung von vielen Seiten mit offenem Misstrauen seitens der gynäkologischen Welt entgegengetreten
Fig. 99: Zange nach Breus.
Fig. 99: Zange nach Breus.


ist. Diese Nachtheile bestehen in der grossen Complicirtheit des Instrumentes und seiner Application, ferner darin, dass die Griffe leichte, die freie Beweglichkeit nirgends hindernde Zeiger sein sollen, diese Bedingung aber deshalb nicht erfüllen können, weil sie gleichzeitig doch genügend massiv gearbeitet sein müssen, um dem die Fixation des Instrumentes am Kopfe besorgenden Schraubenapparat genügende Festigkeit zu sichern. Diesen beiden Anforderungen können aber die Griffe gleichzeitig nicht entsprechen. Endlich liegt auch in der Art der Fixation des Instrumentes mittels der genannten Schraubenvorrichtung ein grosser Nachtheil der Tarnier'schen Zange gegenüber dem gewöhnlichen Forceps; wird jener zu fest geschlossen, so compri-miren die Löffel den Kopf zu kräftig und wirken während der ganzen Dauer der Operation durch Vagusreizung leicht hemmend auf die fötale Herzthätigkeit ein; wird die Schraubenvorrichtung aber lockerer geschlossen, so gleitet die Zange während der Operation ab. Deshalb ist es ein grosses Verdienst von Breus, eine Zange construirt zu haben, welche den Vortheil der freien Beweglichkeit des Kopfes während der Traction erreicht, ohne die Nachtheile des Tarnier'schen Forceps nachzuahmen (Fig. 99). Breüs giebt von seiner Zange folgende Beschreibung: Durch ein starkes Plattengelenk, welches hinter den Fenstern das Zangenblatt bricht und sagittale Bewegungen gestattet, wird die Veränderlichkeit des Winkels erzielt, unter welchem die Zugkraft an den Löffel angreift. Die Fixirung der Löffel am Schädel geschieht dabei durch die im gewöhnlichen

Schlosse vereinigten Griffe wie sonst mittels der Hand, welche an den Griffen zieht. Nur müssen die Löffel mit einander einigermassen parallelisirt erhalten werden. Dies vermitteln zwei schlanke spornartige Fortsätze, welche von den oberen Löffelrippen nach aussen bis auf das Schloss geleitet werden und hier mit einander durch einen Metallstift nur lose verbunden zu werden brauchen. Jedes Zangenblatt besteht aus zwei durch ein Gelenk mit einander verbundenen Hälften, dem Löffel und dem Griffe; das obere Stück wird gebildet vom Löffel, welcher ein etwas kleineres Fenster von nur 10Ya Cm. Länge besitzt und hinter diesem an seiner äusseren Fläche mit einem abgestumpften halbkreisförmigen Rande übergeht in eine kreisrunde, flache Aushöhlung mit vollkommen ebenem Boden. Die obere Rippe des Löffels setzt sich, genau der Krümmung des Zangenhaises folgend und sich an dessen oberen Rand anschmiegend, in einen runden, dünnen Stahlstab auslaufend fort bis zu 3 Cm. vor dem Schlosstheil. Hier krümmt sich dieser Fortsatz unter einem stumpfen Winkel nach aufwärts und endigt 5 Cm. über dieser Krümmung in einen kleinen sagittal gestellten Ring. Im Gegensatz zu dem gefensterten Theile, dem eigentlichen Löffel, kann man diesen Stahlstab den Löffelfortsatz nennen. Die Handhabung dieses Instrumentes gestaltet sich nach Breus folgender-massen: Zuerst wird das linke Blatt eingeführt aus demselben Grunde wie
Fig. 100: Anlegung des linken Zangenblattes der Zange nach Breus.
Fig. 100: Anlegung des linken Zangenblattes der Zange nach Breus.


bei der gewöhnlichen Zange (Fig. 100); dabei fasst die linke Hand den Griff so, dass der Zeigefinger von aussen in den Winkel des Löffelfortsatzes zu liegen kommt, durch leichten Druck diesen an den Grifftheil anliegend erhält und auf diese Weise während der Einbringung des Löffels das Gelenk sperrt; der Mittelfinger liegt an dem BuscH'schen Haken, die beiden anderen Finger hinter demselben und der Daumen unterhalb des Schlosses. So ge-fasst wird das Zangenblatt wie das eines gewöhnlichen Forceps durch Schieben mit dem rechten Daumen und allmähliches Senken der Griffe eingeführt. Ebenso folgt dann das rechte Blatt. Beide Blätter werden dann leicht im Schlosse vereinigt, dabei die Griffe stark gesenkt und die aus der
Vulva hervorragenden Löffelfortsätze an den Zangenhals niedergedrückt, dann wird mit der rechten Hand der Stift von rechts nach links durch die ringförmigen Enden der löffeiförmigen Fortsätze durchgeschoben. Die Extraction erfolgt durch Zug an den Griffen genau wie beim gewöhnlichen Forceps. Beim Durchleiten des Kopfes durch die Vulva wird das Gelenk durch gleichzeitiges Fassen der Griffe und Löffelfortsätze immobilisirt, oder man nimmt die Zange ab und entwickelt den Kopf durch den RiTGEN'schen Handgriff. Dieser Forceps leistet in Bezug auf Kraftersparniss und axengemässe Durchleitung des Schädels nach meiner eigenen Erfahrung alles, was man von einem derartigen Instrumente verlangen kann.

Zange - Indikation - Bedingungen - Zeitpunkt - Ausführung der Zangenoperation - Literatur

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