Zange: Bedingungen

Heilkundelexikon

Zange: Bedingungen


Als Bedingungen für die Extraction der Frucht mittels der Zange müssen gefordert werden: 1. Verstrichensein des Muttermundes, 2. Gesprungensein der Blase, 3. genügende Räumlichkeit des Beckens, 4. Fixation des Kopfes und 5. eine entsprechende Grosse und Härte des Schädels.

Ist eine Beckenverengerung vorhanden, so soll, wenn anders die Zangenoperation ohne Gefahr für Mutter und Kind ausführbar sein soll, die Conjugata nie unter 8 Cm. herabsinken. Dieses Mass stellt die überhaupt mögliche unterste Grenze für die Extraction eines lebenden und lebensfähigen Kindes mittels der Zange dar. Da die Zange dazu bestimmt ist, ein reifes Kind zu extrahiren von den gewöhnlichen Durchschnittsmassen, so wird, wenn der Schädel abnorm gross oder abnorm klein ist, die Kopfkrümmung der Zange, welche für den Schädel eines reifen Kindes berechnet ist, den Schädel nicht correct fassen und die Zange gleitet ab. Auch darf der Schädel nicht zu weich sein, weil er sonst dem Drucke der Zange zu leicht nachgiebt und von der Zange nicht sicher gefasst werden kann. Demgemäss ist die Zange contraindicirt bei Hydrocephalus, sowie bei hochgradig fauler oder macerirter Frucht.

Eine sehr wichtige Bedingung für die Zangenoperation ist die Fixation des Kopfes. Steht der Kopf in der Beckenhöhle, dann ist er auch im geburtshilflichen inne fixirt; für diesen Fall ist eigentlich die Zange berechnet. Doch auch bei hochstehendem Kopfe muss man ab und zu zur Zange greifen; doch muss hier gefordert werden, dass der Kopf mit seiner unteren Hälfte bereits unterhalb der Ebene des Beckeneinganges steht oder doch nur sehr wenig darüber. Wir kommen später auf diesen Punkt noch zu sprechen.

Der Begriff »Verstrichensein des Muttermundes« wird verschieden gefasst werden, je nachdem es sich um einen tiefen oder um einen hohen Kopfstand handelt. Bei tiefem Kopfstand fordern wir, dass sich der Muttermund über die grösste Peripherie des Kopfes zurückgezogen habe und dass sich der Kopf in der Höhle der Vagina befinde; bei hohem Kopfstande wird jener Grad von Erweiterung des Muttermundes gefordert werden müssen, bei dem der Muttermund als solcher kein Hinderniss mehr für die Vorwärtsbewegung des Kopfes darstellt. Ein Zurückgezogensein des Muttermundes über den Kopf kommt normalerweise bei hohem Kopfstande nicht vor und ist, wenn es sich ereignet, mit grosser Gefahr für die Frau verbunden.

Die Eigenschaften einer brauchbaren Zange müssen sein: Eine Länge des Instrumentes von etwa 40 Cm., entsprechende Kopf- und Becken-krümmung, allenthalben gut geglättete abgerundete Ränder, eine einfache und sichere SchlossVorrichtung; die Zange soll nicht federn, soll sich aber auch bei starkem Drucke nicht verbiegen. In der Praxis kommt es wohl weniger auf die Zange als auf den Operateur an; auch ist die Gewohnheit und Uebung hier sehr massgebend. In den Schulen der Geburtshilfe wird bald das eine, bald das andere Instrument empfohlen. Die heute gebräuchlichsten Zangen sind: in Frankreich die von Levret, in England die von Smellie und Simpson, in Deutschland wird die Zange nach Nagele und Busch (Fig. 96) und an der Wiener Schule die Simpson'sche Zange vorzugsweise gebraucht.

Fig. 96: Zange nach Simpson. (Wiener Schulzange.)
Fig. 96: Zange nach Simpson. (Wiener Schulzange.)


Die Zange nach Simpson (Fig. 97), der wir den Vorzug geben, ist 35 Cm. lang, wobei auf die Griffe 15 Cm. entfallen. Ist die Zange geschlossen, so nähern sich die Spitzen der Zange nur auf etwa 21/2 Cm., die Kopf-krümmung, d. i. die Krümmung der Löffel nach der Fläche, beträgt bei geschlossener Zange 8 Cm. Die grösste Breite der Löffel misst 5, die Länge jedes Fensters 11 Cm. Die Zange besitzt eine Beckenkrümmung, welche man dadurch misst, dass man das Instrument auf eine horizontale Unterlage legt und dann den Abstand des höchsten Punktes der Zange von der Unterlage nimmt; derselbe beträgt bei der Zange von Simpson 7y2 Cm. Die Griffe der Zange sind mit Hartgummi belegt und mit vier muldenförmigen Eindrücken versehen, um den Händen beim Zuge bequemeren Halt zu geben. In der Nähe des Schlosses, etwas unterhalb desselben, befindet sich rechts und links ein hakenförmiger Fortsatz. Das Schloss der Zange ist ein englisches und die Hälse der Zange haben das Eigenthümliche, dass sie gleich vom Schlosse an miteinander parallel laufen und soweit von einander entfernt sind, dass man bei Geschlossensein der Zange bequem einen Finger zwischen sie einlegen kann.


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