Wendung: Querlage zu Kopf

Heilkundelexikon

Wendung: Querlage zu Kopf


Wendung aus Querlage auf den Kopf.

In jedem Falle von Querlage ist, wenn die Frucht lebensfähig geworden, d. i. also zum Mindesten über die 28. Woche hinaus entwickelt ist, die Wendung angezeigt; denn das Abwarten der spontanen Rectification oder der Selbstwendung ist zu unsicher und die Selbstentwicklung oder der Durchtritt des Kindes mit gedoppeltem Körper darf nur bei kleinen, nicht lebensfähigen, besonders, aber auch bei macerirten Kindern abgewartet werden ?den lebensfähigen Kindern kostet dieser Vorgang zumeist das Leben. Es muss -selbstverständlich unser Streben sein, in jedem Falle von Querlage diejenige Lage herzustellen, welche die absolut günstigste für den weiteren Geburtsverlauf ist. Es wird also a priori unser Streben in jedem Falle auf die Herstellung der Kopflage gerichtet sein müssen. In der Praxis kommt jedoch diese Art der Wendung recht selten in Betracht, da die für die Wendung aus Querlage auf den Kopf notwendigen Bedingungen in vielen Fällen nicht mehr vorhanden sind oder Complicationen vorliegen, welche die Wendung auf den Kopf contraindiciren.

Als Bedingungen für die Wendung auf den Kopf bei Querlage sind anzusehen: Abwesenheit irgend einer Indication zu sofortiger oder voraus sichtlich späterer Geburtsbeschleunigung, Abwesenheit jeglicher Beckenverengerung,
Beweglichkeit der Frucht in dem Grade, wie man sie gewöhnlich nur bei stehender oder eben gesprungener Blase, bei schlaffem Uterus und sehr schwachen Wehen vorfindet. Die erste dieser Bedingungen wird klar, wenn man bedenkt, dass durch die Wendung auf den Kopf zunächst wieder nur ein beweglicher hoher Kopfstand erzielt wird, bei dem man die Zange nicht anlegen kann. Die drittgenannte Bedingung wird nach Kritik der Methoden zur Ausführung dieser Operation klar werden.

Was die zweite Bedingung betrifft, so muss berücksichtigt werden, dass bei vorhandener Beckenenge die Kopflage nicht immer als günstige Lage anzusehen ist. Wir werden später sehen, dass wir bei gewissen Formen des engen Beckens eine Kopflage geradezu in eine Beckenendlage verwandeln, und es wird also in allen den Fällen dieser Kategorie, wie später noch zu erörtern sein wird, die Wendung aus Querlage auf den Kopf sich aus denselben Gründen verbieten, welche uns zur Wendung'aus Kopflage auf das Becken ende veranlassen.

Sind aber die drei genannten Bedingungen vorhanden, dann muss man den Versuch machen, die Wendung auf den Kopf auszuführen. Allerdings gelingt sie auch bei Vorhandensein aller dieser Bedingungen nicht immer ? am ehesten wohl dann, wenn bei Querlage der Kopf ohnedies schon etwas näher dem Beckeneingange liegt als der Steiss, die Querlage sich also der Schieflage nähert, ferner wenn der Uterus sehr schlaff und eindrückbar ist.

Die Methoden zur Wendung aus Querlage auf den Kopf sind folgende:

1. Wendung durch Lageveränderung der Gebärenden,

2. durch äussere Hand griffe allein,

3. Wendung durch äussere und innere Handgriffe in Combination.

Die Wendung aus Querlage auf den Kopf durch Lageveränderung der Gebärenden stellt wohl zweifellos die einfachste und schonendste Methode dar. Liegt der Kopf, wie schon früher erwähnt, dem Beckeneingang ohnedies etwas näher und lagert man die Frau auf diejenige Seite, auf der der Kopf liegt, so sinkt der Fundus uteri mit dem in der entgegengesetzten Seite und etwas höher gelegenen Steisse nach derselben Seite und es kann der Kopf schon durch die Lageveränderung allein an den Beckeneingang herabtreten.

Gelingt es durch diese Lageveränderung allein noch nicht, den gewünschten Effect zu erreichen, so werden äussere Handgriffe und im Anschlüsse daran die eben geschilderte Lageveränderung wohl öfter zum Ziele führen. Nach Wiegand wird durch äussere Handgriffe die Lageveränderung der Frucht in dem genannten Sinne in der Weise ausgeführt, dass man eine Hand von aussen auf den Kopf, und zwar oberhalb des Kopfes, die andere auf den Steiss, und zwar unterhalb des Steisses legt und nun mit beiden Händen unter Benützung der Wehenpausen bald gleichzeitig, bald abwechselnd schiebende und streichende Bewegungen in dem Sinne ausführt, dass der Kopf längs der Uteruswand nach abwärts, der Steiss in der entgegengesetzten Seite nach aufwärts rückt. Es ist begreiflich, dass diese Methode nur bei bestehender grosser Beweglichkeit der Frucht, bei schlaffem Uterus, weichen und dünnen Bauchdecken Erfolg verspricht. Man kann sie selbstverständlich schon gegen Ende der Schwangerschaft noch vor Eintritt der Wehen ausführen, doch ist dann ihr Erfolg gewöhnlich kein dauernder, wenn man nicht etwa die Schwangere nach Ausführung der Wendung dauernd die Seitenlage einnehmen lässt. Weit zweckmässiger ist der Rath, in solchen Fällen die Wendung in Pausen von 8 zu 8 Tagen zu wiederholen und jedes mal darnach durch einige Stunden die Seitenlage einnehmen zu lassen. Ist die Wendung zu Beginn der Geburt gelungen, so bleibt die Frau so lange auf der Seite liegen, bis die Blase gesprungen und der Kopf fixirt ist. (Es ist auch vorgeschlagen worden, durch innere Handgriffe allein die Wendung auf den Kopf auszuführen. Nach Busch soll dies dadurch geschehen, dass man den Kopf direct mit derjenigen Hand erfasst, welche der Mutterseite entspricht, in der er liegt, während man nach d'Outrepont zu nächst die. entgegengesetzte Hand einführt und den Kopf indirect dadurch einzustellen sucht, dass man die Schulter nach der dem Kopfe entgegen gesetzten Seite aus dem Beckenein gange hinausdrängt. Diese Methoden haben nur noch historisches Interesse, da man heute den Grundsatz festhält, jede Manipulation im Uterus muss eine bimanuelle sein. Deshalb haben wir diese Methoden durch innere Handgriffe allein unter den früher aufgezählten nicht mehr erwähnt.)

Durch combinirte Handgriffe wird die Wendung ausgeführt nach Hohl, Carl Braun und Braxton-Hicks. Man geht ähnlich vor wie nach der eben erwähnten Methode von d'Outrepont, nur mit dem Unterschiede, dass, während die in den Uterus eingeführte Hand die Schulter vom Beckeneingang abdrängt, gleichzeitig auch die andere Hand von aussen her den Kopf auf den Beckeneingang herabdrückt. Dabei wird nach Hohl und Carl Braun eine derartige Erweiterung des Orificiums gefordert, dass man mit der ganzen Hand in die Uterushöhle eindringen kann, während die Methode nach Braxton-Hicks für diejenigen Fälle bestimmt, in denen sich die Wendung bei noch engem Orificium als nothwendig herausstellt. Nach Braxton-Hicks geht man mit der ganzen Hand in die Scheide, durch das Orificium aber nur mit zwei Fingern und versucht mit diesen zwei Fingern die früher erwähnten Handgriffe zur Herstellung der Kopflage.

Von'den vorstehend geschilderten Methoden verdient die grösste Berücksichtigung die erste Methode durch Seitenlagerung und die zweite durch äussere Handgriffe, während, wie schon erwähnt, die Methoden durch innere Handgriffe allein heute nicht mehr ausgeführt werden und auch die Methoden durch combinirte Handgriffe sehr selten mehr Anwendung finden. Sie sind schwierig, führen infolge dessen selten zum Ziele, und andererseits ist für dieselben fast derselbe Grad von Beweglichkeit der Frucht erforderlich, wie für die WiEGAND'sche Wendungsmethode, der wir unter übrigens gleichen Verhältnissen unbedingt schon mit Rücksicht auf die Asepsis den Vorzug geben müssen.

Wie schon Eingangs erwähnt, kommt in der Praxis die Wendung aus Querlage auf den Kopf nur sehr selten zur Ausführung. Die Gründe sind theils äussere, theils innere ?äussere insoferne, als man meist zu spät zur Geburt gerufen wird, die Blase schon gesprungen ist, die Frucht eine zu geringe Beweglichkeit besitzt, um noch an eine Wendung auf den Kopf denken zu können ?innere Gründe insoferne, als nicht selten bei Querlage Beckenverengerung sich vorfindet. Es verhält sich ja hier die Beckenverengerung zur Querlage wie Ursache und Wirkung. Deshalb ist dieses Zusammentreffen ja auch verständlich. Andererseits ist es aber nach dem früher Erwähnten auch begreiflich, dass man bei diesem Zusammentreffen an eine Wendung auf den Kopf in der Regel nicht denken wird. Nichtsdestoweniger ist der Eingriff ein sehr segensreicher und man soll in jedem Falle von Querlage in Erwägung ziehen, ob diese einfache Methode der Wendung durch Lageveränderung oder durch äussere Handgriffe nicht doch ausführbar ist; denn ist sie ausführbar, dann ist sie unbedingt für Mutter und Kind ungefährlicher, als jede Wendung mit inneren Handgriffen.

Es möge dies ausdrücklich betont werden, weil man gewohnt ist, unter Wendung fast nur mehr die Wendung durch innere Handgriffe, und zwar auf das Beckenende, zu verstehen, und der heutigen Generation von Geburtshelfern die Wendung durch äussere Handgriffe auf den Kopf fast ganz in Vergessenheit zu gerathen scheint.


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