Wendung: Kopflage

Heilkundelexikon

Wendung: Kopflage


Wendung aus Kopflage auf das Beckenende.

Die Hauptindication zur Wendung aus Kopflage auf das Beckenende stellen gewisse Grade und Arten von Beckenverengerung dar. Die Wendung auf das Beckenende bei Beckenverengerung basirt auf der von Simpson zuerst klargelegten Thatsache, dass ceteris paribus der nachfolgende Kopf durch ein partial verengtes Becken leichter hindurchgeht als der voraus gehende. Auf einem Frontalschnitte stellt der Kindesschädel eine Art Doppel keil dar, dessen eine Hälfte unter dem Diameter biparietalis und dessen andere Hälfte über diesem Durchmesser liegt. Der abwärts liegende Keil besitzt seine Schneide in der Gegend des Foramen occipitale magnum, der obere Keil in der Sutura sagittalis. Da nun die Leistung eines Keiles unter übrigens gleichen Verhältnissen umso grösser ausfällt, je spitzer der voran gehende Winkel ist, und dieser Winkel beim nachfolgenden Kopfe in der That ein spitzer, beim vorausgehenden aber ein stumpfer ist, so begreift sich auch theoretisch der lejphtere Durchtritt des Kopfes als nachfolgender. Jedoch nicht bei allen Arten und Graden von Beckenverengerung wird die Wendung gleich günstigen Erfolg haben. Bei allgemein gleichmässig verengtem Becken wird in der Regel die Wendung nicht ausgeführt, da dieses Becken bei vorhandener Kopflage in günstiger Einstellung (mit dem Hinterhaupte voran) für das-Leben der Frucht bessere Aussichten bietet als bei Beckenendlage, wo der Zeitverlust beim Durchtritt des nachfolgenden Kopfes doch immerhin für das Kindesieben sehr schwer in die Wagschale fällt. Anders ist es beim einfach platten Becken. Bei diesem ist eine Compression des Kopfes nur in einer Richtung erforderlich und dieselbe kann ?wenn auch sehr stark, doch rasch vorübergehend ?ohne Schaden für das Kind verlaufen. Die Wendung erscheint also als die beim einfach platten Becken vorzüglich indicirte Therapie. Doch muss man sich hüten, dieselbe auszuführen bei starker Dehnung, besonders der hinteren Wand des unteren Uterinsegmentes. Diese ist nicht aus den gewöhnlichen Zeichen der allgemeinen Dehnung erkennbar;
letztere beziehen sich ja nur auf die gleichzeitige Dehnung der vorderen Wand des unteren Uterinsegmentes. Man wird gut thun, bei einfach plattem Becken, da dasselbe meist mit Hängebauch combinirt ist, ganz besonders aber bei Hinterscheitelbeinstellung, längere Zeit nach Einwirkung der Wehenthätigkeit jedesmal diese Dehnung der hinteren Wand des unteren Uterinsegmentes vorauszusetzen.

Die Wendung kann ferner angezeigt sein bei abnormen Haltungen des Schädels ?dahin gehören: Gesichts-und Stirnlage, Vorder-und Hinter scheitelbeinstellung, ?wenn bei diesen Lagen der Kopf lange hoch und beweglich stehen bleibt und eine absolute Beckenverengerung fehlt. Die Wendung kann bei engem Becken selbst in denjenigen Fällen an gezeigt sein, in denen die Aussicht auf Entwicklung eines lebenden Kindes gering ist, weil man nach der Wendung an dem Kindeskörper eine Handhabe besitzt, um die Geburt im Interesse der Mutter zu beenden und der nach folgende Kopf ebenso leicht perforirt werden kann wie der vorausgehende, wenn sich dies als nothwendig herausstellen sollte. Auch bei Vorfällen von Extremitäten oder der Nabelschnur kann die Wendung bei vorhandener Beckenverengerung angezeigt sein, wenn die Reposition erfolglos ist und der Kopf hoch und beweglich steht.

Einen wichtigen Platz in der Lehre von der Wendung hat sich besonders in neuerer Zeit die Placenta praevia errungen. Bei Placenta praevia wird die Wendung hauptsächlich zu dem Zwecke ausgeführt, um durch den herab gezogenen Steiss die zum Theil losgelöste Placenta auf ihren Mutterboden anzupressen und dadurch die Blutung so lange zu stillen, bis der Muttermund die zur Entwicklung der Frucht genügende Weite erlangt hat. Sowohl bei Querlage, als auch bei Kopflage kann die Wendung bei Complication mit Placenta praevia nothwendig werden. Endlich kann die Wendung bei Kopflage auch indicirt erscheinen bei lebensgefährlichen Zufällen von Seite der Mutter oder des Kindes, wenn dabei der Kopf hoch und beweglich steht und es sich darum handelt, eine Handhabe an dem Kindeskörper zu gewinnen, um die Geburt rasch beendigen zu können. Der Kopf kann unter der gemachten Voraussetzung diesen An griffspunkt Dicht bieten, denn die
Zange ist bei hohem und beweglichem Kopfstande contraindicirt. Es wird also hier die Wendung gewissermassen nur aus operativ-technischen Gründen ausgeführt, stellt aber doch mit Rücksicht darauf, dass durch sie ein besserer Angriffspunkt an dem Kinde gewonnen wird, eine Lage Verbesserung in dem oben angeführten Sinne dar.

Als Bedingungen für die Wendung aus Kopflage auf das Beckenende sind anzusehen: Erweiterung des Orificiums bis zu mindestens zwei Finger Durchgängigkeit, Beweglichkeit der Frucht, Abwesenheit einer absoluten Beckenverengerung. Wie früher erwähnt, wird es hauptsächlich das platte Becken mit einer Conjugata von 7 ?8Y2 Cm. sein, das die Indication dafür abgibt.

Die Wendung aus Kopflage auf das Beckenende kann ebenfalls durch äussere oder durch combinirte Handgriffe ausgeführt werden. Die äusseren Handgriffe allein wären unter dazu günstigen Bedingungen in erster Linie in's Auge zu fassen; erst nach Misslingen der äusseren Handgriffe oder bei voraussichtlicher Aussichtslosigkeit derselben kämen die combinirten Handgriffe in Betracht.

Ueber die Vorbereitungen, die Wahl der Hand, die Art des Blasen sprunges und des Aufsuchens der Füsse gilt dasselbe, was bereits bei der Wendung aus Querlage auf das Beckenende gesagt wurde. Was die Wahl des Fusses betrifft so gilt auch hier die Regel: man fasse den der operirenden Hand ungleichnamigen Fuss, das ist bei Kopflagen immer der den Bauch decken näher gelegene. Die Gründe für diese Regel sind dieselben, wie wir sie bei Querlagen erörtert haben. Wir wünschen auch hier schliesslich den normalen Mechanismus der Beckenendlage herzustellen. Die zur Wendung gewählte Hand dringt immer über das Gesicht des Kindes in die betreffende Mutterseite ein und zieht den Fuss auf demselben Wege herab. Besondere Aufmerksamkeit muss hier der frühzeitigen Umdrehung der Frucht zuge-wendet werden, da sonst der Kopf, obwohl der Fuss bereits herabgezogen ist, den Beckeneingang nicht verlässt. Auch der »doppelte Handgriff« kann hier unter Umständen nothwendig werden. Bei engem Orificium, besonders bei Placenta praevia, wird die Wendung nach Braxton Hicks angezeigt sein. Sie ist viel schwieriger als bei Querlage wegen der grossen Entfernung der Extremitäten vom Beckeneingange und es muss deshalb der Hauptantheil der Operation bei dieser Art der Wendung der äusseren Hand zufallen.


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