Zucker

Heilkundelexikon

Zucker


Unter Zucker versteht man solche Kohlehydrate (s. d.), welche einen mehr oder weniger süssen Geschmack haben, in Wasser oder Weingeist löslich, optisch-activ und zum Theil mit Hefe alkoholischer Gährung fähig sind. Sie sind entweder nach der Formel: C6 H12 O6 zusammengesetzt und heissen dann Monosaccharide (oder Glykosen), oder sie haben die Formel: C12 H22 O11 und heissen dann Disaccharide (oder Saccharosen). Sie schliessen sich an die mehratomigen Alkohole an und können als Derivate der sechsatomigen Alkohole C6 H14 O6 betrachtet werden.

Von den physiologisch oder pharmaceutisch uns interessirenden Zuckerarten gehören zu den
Monosacchariden: Dextrose (Glucose) oder Traubenzucker, Lävulose oder Fruchtzucker, Galactose (s. d.); Disacchariden: Maltose oder Malzzucker (s. diese). Milchzucker (Lactose, s. d.). Rohrzucker.

Diese ältere Eintheilung genügt aber nunmehr nicht zur vollständigen Uebersicht des Gebietes, seitdem Zucker mit 5 C-Atomen in Organismen aufgefunden und solche mit 3, 4, 7, 9 C-Atomen synthetisch gewonnen sind. Nach den bahnbrechenden Forschungen von E. Fischer (Berichte d. deutschen ehem. Gesellsch., XXIII, pag. 2111) unterscheidet man nach der Anzahl der C-Atome folgende Gruppen von Zucker:
TriosenC3 H6 O3
Tetrosen C4 H8 O4
PentosenC5 H10 O5
Hexosen (= Glykosen) C6 H12 O6
HeptosenC7 H14 O7
NonosenC9 H18 O9
Hexobiosen (= Saccharosen) C12 H22 O11*

Zu den Triosen gehört die Glycerose, die durch Oxydation von Glycerin entsteht und durch Condensation zweier Molecüle leicht in Hexose C6H1206 übergeht. Eine T et rose ist die Erythrose, die durch Oxydation von Erythrit C4 H6 (OH) 4, einem vieratomigen Alkohol, gewonnen wird.

Medicinisch wichtiger sind die Pentosen, bisher nur in Pflanzen gefunden. Es sind süss schmeckende, krystallisirende, optisch-active Körper von der Formel C5 H10 05. Sie reduciren alkalische Kupferlösung, gähren aber * Die Hexobiosen werden durch Kochen mit verdünnten Säuren unter Wasseraufnahme in 2 Molecüle Hexose gespalten (hydrolytische Spaltung):

C12 H22 O11+H20=2 (06H12O6)
HexobioseWasserHexose


nicht mit Hefe. Hierher gehört die Arabinose, die aus arabischem Gummi, Kirschgummi und'aus Rübenschnitzeln durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure gewonnen wird, in prismatischen Krystallen, wasserlöslich, die Ebene des polarisirten Lichtstrahles nach rechts drehend, giebt beim Erwärmen mitPhenylhydrazinC6H5NH. NH2 in essigsaurer Lösung ein krystallmisches, schwer lösliches Osazon: Arabinosazon C17H20N4O3, das bei 160<> C. schmilzt. Ferner die Xylose oder der Holzzucker, entsteht aus dem Holzgummi (Buchenholz, Jute) durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure. Als Methyl-substitutionsproduct der Xylose ist die Rhamnose (Isodulcit) aufzufassen: C6H9 (CH3) 05, entsteht bei der Spaltung von Glucosiden: Quercitrit und Xanthorhamnin mittels verdünnter Säure. Arabinose und Xylose färben sich beim Erwärmen mit Phloroglucin in Salzsäure kirschroth, die Mischung giebt spectroskopisch einen Absorptionsstreif en rechts vonderNa-Linie; noch schöner ist die Färbung und schärfer der spectroskopische Nachweis beim Erwärmen mit Orcin (Dioxytoiuol) und Salzsäure. Durch Genuss von pentosehaltigen Pflanzen gelangt Pentose in den Körper und wird zum Theil oxydirt, zum Theil als solche durch den Harn ausgeschieden. Bei gewissen Stoffwechselstörungen scheinen die Pentosen reichlicher im Harn aufzutreten, »Pentosurie«.

Die Mono- und Disaccharide drehen die Ebene des polarisirten Lichtes, und zwar sämmtlich nach rechts, die Lävulose nach links.

Die Monosaccharide und von den Disacchariden die Maltose und der Milchzucker scheiden beim Erwärmen mit alkalischer Kupferoxydsalzlösung (Fehling'sche Lösung) Kupferoxydul ab, Rohrzucker erst, nachdem er zuvor mit verdünnter Mineralsäure gekocht ist.

Mit Ausnahme des Milchzuckers gehen die Zuckerarten auf Zusatz von Bierhefe entweder sofort oder nach einiger Zeit alkoholische Gährung ein. Bei nicht zu langem Erhitzen mit verdünnten Mineralsäuren (Salz- oder Schwefelsäure) werden die Monosaccharide in ihren Eigenschaften nicht verändert, dagegen zerfallen die Disaccharide dabei unter Wasseraufnahme in 2 Molecüle Monosaccharide, sie verhalten sich dann wie letztere, sie sind »invertirt«.

Bei der Oxydation mit verdünnter Salpetersäure in der Warme geben Dextrose, Lävulose, Maltose und Rohrzucker Zuckersäure, Galactose dagegen Schleimsäure, Milchzucker liefert Zucker- und Schleimsäure; daneben entstehen Oxalsäure und etwas active Weinsäure, nur die Lävulose giebt inactive Weinsäure oder Traubensäure. Beim Erhitzen mit concentrirten Säuren geben alle Zuckerarten, wie die Kohlehydrate überhaupt, Humin-substanzen, Furfurol, Lävulinsäure u. a.

Nach E. Fischer (Berichte der deutschen ehem. Gesellsch., XVII, pag. 579) verbinden sich die Monosaccharide mit Phenylhydrazin zu krystallisirten Verbindungen (Phenylglucosazon, -lävulosazon-, -galactosazon, C18 H22 N4 04), welche in kaltem Wasser sehr schwer löslich sind. Die Disaccharide liefern ähnliche Verbindungen (Phenylmaltosazon, -lactosazon C24H82 N4 09), nur aas Rohrzucker entsteht Phenylglucosazon).


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