Vorderarm: Verletzungen

Heilkundelexikon

Vorderarm: Verletzungen


C. Verletzungen des Vorderarmes.

a)
Wunden und andere Verletzungen der Weichtheile kommen am Vorderarme, als einem sehr peripher gelegenen Körpertheile, recht häufig vor. Zunächst sind die Contusionen in Betracht zu ziehen, verursacht durch Schlag, Quetschung u. s. w. Da die quetschende Gewalt in vielen Fällen eine fortwirkende ist (z. B. bei Maschinen oder Wagen, die sich in Bewegung befinden), so ist die Haut, ohne dass sie äusserlich irgend eine Trennung zeigt, bisweilen in beträchtlicher Ausdehnung subcutan von der Fascie gelöst, oder es kann auch diese zerrissen sein und können selbst die Muskeln von einander getrennt, in mehr oder weniger beträchtlichem Umfange zerrissen oder selbst vollständig zermalmt sein, während ein um fangreiches Blutextravasat sich in all den Orten, wo Gefässzerreissungen stattgefunden hatten, vorfindet. Die Folgen dieser Gewalteinwirkungen sind oft sehr ungünstige, bestehen in ausgedehnten phlegmonösen Entzündungen partieller oder totaler Gangrän und erfordern Massregeln, welche wir hier nicht näher zu erörtern haben.

Wunden der verschiedensten Art, theils zufällig entstanden, theils absichtlich zugefügt, sind am Vorderarme keine Seltenheiten. Unter den Schnittwunden sind die auf der Beugeseite, nahe über dem Handgelenke, bei Selbstmordversuchen mittels Durchschneidung der »Pulsadern« entstandenen Wunden, je nach der Energie, mit welcher vorgegangen wurde, und nach der Schärfe des angewendeten Instrumentes sehr verschieden; sie betreffen entweder blos die Haut und Fascie, oder auch die Sehnen, gelegentlich auch die Arterien. Sobald es sich um quere Trennungen der Sehnen und Verwundungen der letzteren handelt, ist, ausser der nach allgemeinen Regeln zu leitenden antiseptischen Wundbehandlung, die Sehnennaht und die doppelte Unterbindung des verletzten Gefässes in Anwendung zu bringen.

Hiebwunden finden sich, am häufigsten durch Säbel oder ähnliche Waffen verursacht, vorzugsweise am Ulnarrande des Vorderarmes deswegen, weil oft die betreffenden Personen durch den vor gehaltenen Arm ihren Kopf gegen die Verletzung zu schützen suchten. Es kann dabei ausser den Weichtheilen die Ulna an-oder selbst durchgehauen sein. Auch ifct namentlich in früheren Kriegen, in welchen der Säbel eine grössere Rolle spielte als heutzutage, ein fast vollständiges Durchhauen des ganzen Vorderarmes mit Trennung beider Knochen beobachtet worden.

Stichwunden, mit Messern, Dolchen, Säbeln u. s. w. zugefügt, sind hauptsächlich durch die später noch näher ins Auge zu fassenden Verletzungen der Arterien und Nerven bedenklich.

Risswunden entstehen, abgesehen von den auch an anderen Körpertheilen vorkommenden gewöhnlichsten Arten dieser Verletzung, am Vorderarme auch dadurch, dass bei sehr heftiger Quetschung oder Zerrung desselben die übermässig gespannte Haut rings um die Extremität einreisst und durch die fortwirkende Gewalt eine Strecke weit abgestreift wird.

Bei Bisswunden, die ebenfalls am Vorderarm nicht selten sind und der mannigfachsten Art sein können, sind meistens nur die Weichtheile in grösserem oder geringerem Umfange verletzt, so namentlich bei Bissen von Hunden. Es kann aber unter Umständen, z. B. bei Bissen von Pferden, auch ein Knochen oder beide mit gebrochen sein. Vergiftete Wunden durch Insectenstiche, Schlangenbiss u. s. w. verhalten sich am Vorderarm nicht anders als an anderen Körpertheilen.

Schusswunden des Vorderarmes machten im amerikanischen Kriege 4 ?5%von den nicht unmittelbar tödlich auf dem Schlachtfelde verlaufenen Verletzungen aus, darunter etwa 3mal so viel blosse Fleischwunden wie Schussfracturen und 13mal mehr Schusswunden durch Kleingewehrprojectile als durch Sprengstücke oder Geschosse von grobem Geschütze. Die Fleischwunden können den Vorderarm in irgend welcher Richtung, namentlich auch in der Längsrichtung durchsetzen, da der Kämpfende oft dann getroffen wird, wenn er sich im Anschlage oder beim Feuern befindet. Wenn dieselben grössere Arterien oder Nerven nicht verletzen, verhalten sie im weiteren Verlaufe sich ähnlich wie die gleichen Verletzungen an anderen Körpertheilen, jedoch ist bei der Unnachgiebigkeit der Vorderarmfascie auf die unbemerkte Weiterverbreitung von Eiterungen die vollste Aufmerksamkeit umso mehr dann zu richten, wenn die Gegend der Sehnen getroffen war, deren Scheiden Eiter senkungen ausserordentlich begünstigen.

Fremde Körper, welche im Vorderarme stecken bleiben, z. B. die Spitzen von Messern, Dolchen, Degen und die Splitter von Steinen, Glas, Sprenggeschossen, andererseits Gewehrprojectile, aber auch nur die Spitzen von Nadeln und Dornen können in zweierlei Beziehungen bedenklich werden, nämlich wenn die kleinsten unter ihnen in einen Nerven eingedrungen und in ihm unbemerkt sitzen geblieben sind, oder wenn die grösseren derselben im Zwischenknochen räume sich eingekeilt haben, in welchem Falle oft schon ihre Entdeckung, noch mehr aber ihre Ausziehung grosse Schwierigkeiten ver ursachen kann.

Von grosser Bedeutung ist die Verletzung der Gefässe und Nerven. Wenn auch bei einer jeden Verwundung von Haut venen die Blutung, ähnlich wie bei der Aderlasswunde, durch einen ein fachen Compressivverband leicht unterdrückt werden kann, so ist die Blut stillung bei arteriellen Blutungen, namentlich wenn es sich um die Verletzung einer tiefgelegenen Arterie handelt, falls die Compression durch Tamponirung der Wunde oder durch Fingerdruck auf den zuführenden Arterienstamm sich als nicht ausreichend erweist, nur in der Weise mit Sicherheit auszuführen, dass die vorhandene Wunde um so viel erweitert wird, dass man das blutende Gefäss erreichen und doppelt unterbinden kann, ein Operationsverfahren, das, selbst wenn quere Muskel-oder Sehnentrennungen nicht ganz zu ver meiden wären, bei Anwendung der Antiseptik, der Muskel oder Sehnen naht keinen so bedeutenden Eingriff darstellt, wie man früher befürchtete. Unter den Verletzungen der Nerven können zwar schon, wie wir bei den fremden Körpern gesehen haben, die unbedeutendsten derselben sehr schwere Folgen haben, andererseits aber führt die Trennung eines der drei Haupt nerven des Armes, der Nn. radialis, medianus, uinaris, eine sensible und motorische Paralyse der von jedem derselben versorgten Körpertheile her bei. Am meisten ist derartigen Verletzungen ausgesetzt der N. medianus dicht über dem Handgelenk, fast genau in der Mittellinie der Beugeseite, wo er ganz oberflächlich gelegen ist; ferner ebenfalls nahe über dem Hand gelenk der N. uinaris, zugleich mit den hart neben ihm gelegenen Gefässen, am Radialrande des M. flexor carpi uinaris. Bei traumatischer Lähmung des N. medianus finden sich die drei ersten Finger in permanenter Streckung, auch die Oppositionsstellung des Daumens ist unmöglich. War der N. uinaris verletzt worden, so findet eine Lähmung der Muskeln des Kleinfingerballens und der Mm. interossei statt; die Finger können nicht gespreizt und nicht im zweiten und dritten Gelenk gestreckt werden. Durch die Verwundung des N. radialis werden die Streckmuskeln der Hand ausser Thätigkeit ge setzt, die Hand fällt herunter und stellt sich in Beugung. In allen diesen Fällen ist neben der entsprechenden antiseptischen
Wundbehandlung die Nervennaht auszuführen, auch in veralteten Fällen, wo nach Heilung der äusseren Wunde die getrennten Nervenenden nicht wieder mit einander ver wachsen waren. Es sind dann, um die Nervenleitung wieder herzustellen, durch einen entsprechenden Einschnitt die Nervenstümpfe freizulegen, wund zu machen und zu vereinigen. In analoger Weise muss verfahren werden, wenn getrennte Sehnen nicht wieder zur Verwachsung gekommen waren, oder sich nicht eine zur Herstellung ihrer Function genügende Zwischen masse zwischen den Sehnenenden gebildet hatte.

Anderweitige Verletzungen des Vorderarmes, wie Verbrennungen und Erfrierungen, die meistentheils in Gemeinschaft mit den gleichen Zu ständen an der Hand vorkommen, haben bei dieser schon ihre Erörterung gefunden.

b) Verletzungen der Vorderarmknochen.

Die Fracturen des Vorderarmes sind, wie die Statistik lehrt, unter allen Knochenbrüchen die häufigsten. Indem nämlich von 51. 938 in 36 Jahren im London Hospital beobachteten Fracturen deren 9. 440 auf den Vorderarm entfielen, ergiebt sich daraus ein Procentverhältniss von 18, 17, und nimmt demnach der Unterschenkel mit 16, 02%erst die zweite Stelle ein. Indem wir die bereits beim Ellenbogen-und Handgelenke näher erörterten Brüche am oberen und unteren Ende der Vorderarmknochen hier ausser Betracht lassen, haben wir uns blos mit den Diaphysenbrüchen zu beschäftigen, unter deren Zahl alle Arten von Practuren beobachtet sind. Was zunächst den gleichzeitigen Bruch beider Vorderarmknochen betrifft, so kommen unvollständige Brüche oder Infractionen bei kleinen Kindern hier am häufigsten unter allen Extremitätenknochen vor, meistens durch Fall auf die Hand entstanden. Sie erfordern eine besonders aufmerksame Behandlung, da sie nicht die gewöhn lichen Bruchzeichen, sondern nur eine winkelige Verbiegung der Knochen darbieten, deren Ausgleichung oft nicht ohne Schwierigkeit und unter Auf wendung einiger Kraft vor sich geht. Die Ursachen, welche bei älteren Kindern und bei Erwachsenen einen Bruch beider Vorderarmknochen her beiführen, sind meistens directe, wie ein heftiger Schlag auf den Vorderarm, ein Sturz mit demselben gegen einen vorspringenden Körper, Ueberfahren-, Erfasstwerden des Armes von einer Maschine; seltener sind die indirecten Ursachen, wie Fall auf die Hand. Es sind indessen auch durch blosse Muskel- action entstandene Fracturen des Vorderarmes beobachtet, z. B. bei einer starken Muskelanstrengung (beim Hinaufwerfen einer Schaufel voll Erde u. s. w.). Der Sitz dieser Bruche ist am gewöhnlichsten das mittlere, selten das untere, am seltensten das obere Drittel. Die Knochen sind dabei ent weder in gleicher oder in verschiedener Höhe gebrochen; im allgemeinen bricht der Radius höher als die Ulna. Die vollständigen Fracturen sind ge wöhnlich gezähnt, mit sehr grossen Zacken versehen, auch können die Knochen comminutiv gebrochen sein; ebenso kann der Vorderarm an zwei verschiedenen Stellen, oben und unten, eine z. B. durch ein Wagenrad ent standene Trennung zeigen. Die Dislocation pflegt verschiedener Art zu sein. Bald bilden die unteren Fragmente mit den oberen einen Winkel, der nach der Beuge-, Streck-, Ulnar-oder Radialseite einen Vorsprung bildet, bald nähern sich die beiden Fragmente des Radius denen der Ulna und verengen oder obliteriren selbst das Spatium interosseum. Es können ferner auch Dislocationen mit Rotation oder Ueb er einander Schiebung der Fragmente und erheblicher Verkürzung stattfinden, endlich auch die verschiedenen Arten von Dislocationen sich untereinander combiniren.

Der Verlauf ist bei diesen Brüchen, wenn gar keine oder nur geringe Dislocationen vorhanden sind, bei zweckmässiger Behandlung ein sehr einfacher und günstiger, da nach Ablauf von 30 Tagen oder 4 Wochen bereits die Consolidation eintritt. Dieselbe bleibt allerdings bei beträchtlicher Dislocation länger aus, und, wenn in einem solchen Falle noch ein unzweckmässiger, d. h. stellenweise drückender oder einschneidender Verband angelegt wird, so kann dadurch, namentlich bei Kindern, bei denen dieser ungünstige Ausgang keineswegs ganz selten beobachtet ist, auch noch Gangrän des Vorderarmes herbeige führt werden. Ein anderer Uebelstand, der nach einer mit beträchtlicher Dislocation geheilten Fractur zurückbleibt, ist die Verwachsung des einen Knochens mit dem anderen, theils dadurch>dass sich die dislocirten Frag mente direct berühren, theils indem sich Callusbrücken durch das Spatium interosseum hindurch von dem einen zum anderen Knochen erstrecken, wo durch die Drehbewegung der beiden Knochen aneinander, also die Pro- und Supination, unmöglich gemacht wird. In etwas günstiger verlaufenen Fällen findet man diese Bewegungen nur beschränkt, nicht ganz aufgehoben.

Bei der Behandlung ist zunächst, wenn eine Dislocation vorhanden, diese dadurch zu beseitigen, dass man den Vorderarm zum Oberarm rechtwinkelig beugt, ihn in die Mittelstellung zwischen Pro-und Supination bringt (den Daumen nach oben gerichtet) und die Contraextension von einem Gehilfen am unteren Theile des Oberarmes, die Extension aber von einem anderen Gehilfen an der Hand derartig ausführen lässt, dass dieser mit seiner einen
Hand den Metacarpus und mit der anderen den Daumen des Verletzten um fassend, an beiden einen kräftigen Zug ausübt, während der Arzt selbst durch directen Pingerdruck (nöthigenfalls, bei sehr empfindlichen Patienten in der Chloroformnarkose) die Fragmente in die normale Stellung zurück zuführen sucht. Ist dies vollständig gelungen, so wird alsbald, bei fort dauernder Extension und Contraextension, ein schnell erhärtender (Gyps-, Tripolith-) Verband angelegt, der auch das Hand-und Ellbogengelenk un beweglich zu stellen hat. Es kann dann bei der angegebenen Stellung des Vorderarmes derselbe leicht von einer Mitella unterstützt und der Patient ambulant behandelt werden.

Um die vorher erwähnte Verwachsung der beiden Knochen zu verhüten und die Fragmente aus dem Spatium inter- osseum herauszudrängen, ist bereits im vorigen Jahrhundert (von J. L. Petit, Pouteau, Desault) empfohlen worden, auf der Beuge- und Streckseite des Vorderarmes, in der Gegend des Zwischenknochenraumes, Longuetten oder Leinwandcylinder in der Längsrichtung anzulegen und mit Rollbinden stark zu befestigen. Es müssen jedoch diese Verbandstücke als für den beabsichtigten Zweck völlig unwirksam bezeichnet werden, weil sie durch die dicke Lage von bedeckenden Weichtheilen hindurch, bei dem Drucke, den auszübeü allein zulässig ist, ohne Gangrän befürchten zu müssen, gar nicht imstande sind, auf die Stellung der Fragmente einen Einfluss auszuüben. Sie sind daher als völlig überflüssig zu verwerfen.

Wenn ein offener Knochenbruch vorhanden ist, der eine Behandlung des Patienten in der Rückenlage erfordert, kann der Vorderarm theils in der Pronationsstellung, als der für den Patienten bequemsten, theils in der Mittelstellung zwischen Pronation und Supination, indem der Arm bei dieser durch Sandsäcke u. s. w. unterstützt wird, gelagert oder auf einer Schiene befestigt, mit dieser sus- pendirt werden.

Die isolirte Fractur der Ulna ist gewöhnlich die Folge einer directen Gewaltein Wirkung, besonders eines Schlages mit einem Knittel oder einem ähnlichen festen Körper, wenn der Verletzte den Schlag zu pariren versucht hatte; nur ausnahmsweise kommen Fracturen durch indirecte Gewalteinwirkung und sehr selten durch blosse Muskelaction, näm lich, ebenso wie eine isolirte Fractur des Radius, durch eine sehr starke Torsion, wie sie die Knochen z. B. beim Wäschausringen erfahren, zustande. Die Ulna kann an allen Stellen gebrochen werden, vorzüglich aber erfolgt ihre Trennung im unteren und mittleren Drittel. Da eine solche Fractur häufig ohne Dislocation und Crepitation vorkommt, ist die Diagnose haupt sächlich aus der localen, durch Druck augenblicklich hervorzurufenden Schmerzhaftigkeit zu stellen. Wenn eine Disiocation vorhanden ist, ist es stets das untere Fragment, welches, der Gewalteinwirkung nachgebend, nach einer oder der anderen Seite hin sich gegen das obere, durch seine Gelenk verbindung solide fixirte Fragment dislocirt, so dass man stets nur dieses Bruchstück unter der Haut hervorspringend findet und dann auch Beweg lichkeit und Crepitation constatiren kann. Indessen ist die vorhandene Dis location im ganzen schwer zu beseitigen, da sich keine genügende Extension an dem Arme vornehmen lässt; es bleibt jedoch nur selten eine so erheb liche Dislocation zurück, um nach erfolgter Heilung bei den Pro-und Supi- nationsbewegungen ein Hinderniss abzugeben. Die Behandlung ist dieselbe wie die der Fracturen beider Vorderarmknochen und erfordert dieselbe Zeit zur Heilung wie diese.

Für die isolirten Fracturen der Radiusdiaphyse kommen dieselben Veranlassungen in Betracht wie für die ana logen Fracturen der Ulna. Die Fragmente können zu der Ulna in der ver schiedensten Weise dislocirt sein; auch kann eine Uebereinanderschiebung oder Einkeilung derselben ineinander stattfinden. Je nach diesem verschie denen Verhalten ist die Diagnose leichter oder schwieriger. Zur Hervor rufung der Crepitation muss man das obere Fragment fixiren und Pro- und
Supinationsbewegungen ausführen. Man muss sich jedoch hüten, das bei Entzündung der Sehnenscheiden der Mm. abductor longus und extensor brevis pollicis da, wo sie über den Radius fortgehen, entstehende Reibungs-oder crepitirende Geräusch für Knochencrepitation zu halten; jene ist nur dann wahrnehmbar, wenn man die betreffenden Muskeln activ oder passiv spielen lässt. Von der Behandlung und deren Dauer gilt dasselbe wie für die Brüche beider Vorderarmknochen. Die Schussverletzungen des Radius und der Ulna können in blossen Contusionen der Knochen, in partiellen und in totalen Fracturen bestehen, letztere die bei weitem häufigsten. Auch bei ihnen ist die Ver letzung von verschiedener Bedeutung dadurch, dass in dem einen Falle nur ein Knochen, in dem anderen beide verletzt sind. Im übrigen sind diese Fracturen den auch in der Civilpraxis vorkommenden offenen Knochen brüchen sehr ähnlich, unterscheiden sich von denselben aber dadurch, dass im allgemeinen die Wunden der Weichtheile kleiner und enger sind, während die Knochen selbst in noch mannigfaltigerer Weise als bei jenen verletzt sein können. Bei der Behandlung derselben ist, ebenso wie bei den ander weitigen complicirten Fracturen, ausser der in der grössten Mehrzahl der Fälle von Anfang bis zu Ende durchzuführenden expectativen Behandlung, welche im allgemeinen die besten Resultate gegeben hat, auch von der Con- tinuitätsresection Gebrauch gemacht worden; jedoch waren, wenn irgend wie erhebliche Knochenstücke weggenommen wurden, in allen Kriegen der neuesten Zeit die Resultate, namentlich hinsichtlich der Wiederherstellung der Function, keine besonders günstigen, so dass man sich künftighin dieser operativen Eingriffe, abgesehen von der Entfernung scharfer Knochenspitzen und der Ausziehung ganz gelöster Splitter, möglichst wird enthalten müssen. Primäre Amputationen des Vorderarmes endlich sind nur indicirt bei den durch grobes Geschütz bewirkten Abreissungen oder ausgedehnten Zermalmerungen der Weichtheile und Knochen, sowie in denjenigen seltenen Fällen, in welchen ausser beiden Knochen auch die Hauptgefässe und Nerven des Gliedes durch Kugelschuss verletzt waren. Intermediäre und secundäre Am putationen finden allerdings später noch ihre Indicationen in auftretenden heftigen Blutungen, in Verjauchungen, in Gangrän u. s. w. Näher auf diese nach allgemeinen6 Regeln zu beurtheilenden Gegenstände hier einzugehen, ist nicht erforderlich.

Die nach Fracturen irgend welcher Art, am häufigsten nach offenen und Schussbrüchen eines oder beider Vorderarmknochen bisweilen, aber selten zurückbleibenden Pseudarthrosen (sie sind die bei weitem seltensten an allen langen Röhrenknochen) sind zwar bisher in der verschiedensten Weise behandelt worden, allein da dieselben, namentlich wenn eine gleichzeitige Trennung beider Knochen vorhanden ist, beinahe immer mit erheblicher Ver schiebung der Bruchenden verbunden sind, ist für die meisten Fälle die Anwendung der Resection mit nachfolgender Knochennaht dasjenige Ver fahren, welches für eine möglichst günstige Heilung die besten Aussichten gewährt.

Mit beträchtlicher Deformität geheilte Vorderarmbrüche erfordern bisweilen eine Correctur; dieselbe lässt sich fast immer auf un blutigem Wege durch Wiederzerbrechen des Callus mit den Händen erreichen, indem der betreffende Körpertheil über eine Stuhllehne gelegt oder an den Rand des Operationstisches gebracht wird. Es würde aber auch hier, wenn dieses Verfahren als nicht ausreichend sich erweisen sollte, unbedenklich die Osteotomie oder Resection gemacht werden können.


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