Yohimbin

Heilkundelexikon

Yohimbin

Yohimbin, ein aus der aus Westafrika stammenden Johimbehe-oder Yumbehoarinde dargestelltes Alkaloid. Die Aufkochung der Rinde wird bei den Eingeborenen des deutschwestafrikanischen Colonialgebietes als Aphrodisiacum benützt und es gelang, aus der Rinde mehrere Alkaloide zu isoliren, deren eines das Yohimbin, den Hauptträger der die männlichen Geschlechtsorgane erregenden Eigenschaften der genannten Abkochung bildet, während die anderen Alkaloide, die diese Eigenschaft nur in geringerem Masse besitzen, dermalen als Yohimbenin zusammengefasst werden.

Die Stammpflanze der Yohimbeherinde gehört wahrscheinlich zur Familie der Rubia-ceen und wächst bei Malimba in der Nähe der See in einer Höhe von 10 ? 15 Meter und einen Durchmesser von 1 Meter. Die Rinde kommt in 1/2?1 Cm. dicken Stücken von hell-chocoladenbrauner Farbe, welche sehr reich an Bastlasern und an farbstoffführenden Paren-chymzellen sind, in den Handel. Das Alkaloid Yohimbin wurde aus der Rinde zuerst von L. SPIEGEL abgeschieden; Thombs erhielt dasselbe auch aus den Blättern und Zweigen des Yumbehoabaumes.

Das freie Yohimbin ist eine einsäurige, tertiäre Base, die aus verdünntem Alkohol in weissen Nadeln vom Schmelpunkt 234?234, 5 krystallisirt; leicht löslich in Aethyl-, Methyl- und Amylalkohol, Aether, Essigäther, Aceton, Chloroform, schwerer in Benzol, fast gar nicht in
Wasser. Es löst sich in concentrirter Schwefelsäure farblos; wird in die Lösung eines Yohimbinsalzes, z. B. des Chlorhydrats, ein Kryställchen von Kaliumbichromat eingetragen, so bildet sich ein Streifen mit schön blau violettem Rande, der allmählich schmutzig-grün wird; in concentrirter Salpetersäure löst es sich anfangs farblos, wird schnell intensiv gelb; diese Farbe ändert sich beim gelinden Erhitzen nicht. Uebersättigt man diese Lösung mit Kalilauge, so wird sie orangeroth. Die freie Base dreht die Ebene des polarisirten Lichtes nach rechts ro|D ? 50, 9°. Von den Salzen des Yohimbin krystallisiren die meisten. Das Chlorhydrat schmilzt bei circa 300° C. Es ist noch unentschieden, ob dem Yohimbin die Formel C, 3H82N. 204 oder die homologe Formel C22HaoN204 zukommt.

Mit dem von Dr. Spiegel dargestellten Yohimbin (»Yohimbin Spiegel« von der chemischen Fabrik Güstrow) wurden von Dr. Oberwarth Thierversuche an Kaltblütern, ferner an Kaninchen, Mäusen und Hunden ausgeführt. Die tödtliche Dosis wurde für Kaninchen bei intravenöser Application zu 0, 011 Grm. pro Kilogramm Thier, bei subcutaner zu 0, 053 Grm. pro Kilogramm gefunden. Die letalen Dosen rufen bei Kalt- und Warmblütern allgemeine Lähmung hervor, bei Warmblütern tritt der Tod durch Erstickung ein; wird jedoch diese durch künstliche Athmung verhindert, so tritt Herzlähmung ein. Der Blutdruck sinkt vom Moment der Injection an stetig, zugleich nimmt die Pulszahl ab, welche auch nach Durchschneidung der Vagi, auch nach intravenöser Atropininjection nicht zunimmt. Schon beim Studium der Giftwirkung tödtlicher Dosen waren Anzeichen einer besonderen Beeinflussung des Genitalapparates bei Mäusen und Hunden vorhanden. Nicht tödtliche, aber grosse Dosen bewirkten bei Hunden Krampferscheinungen von bedeutender Stärke, nach deren Ablauf eine lang andauernde Schwäche hinterblieb; bei kleinen Dosen traten unter lebhafter Erregung Erectionen ein, die den Thieren zum Theil lästig zu werden schienen; doch hinterblieben hier keine nachtheiligen Folgen und im Urin waren keine Zeichen für eine die Nieren reizende Wirkung des Yohimbins nachweisbar. Dr. L. LÖWY prüfte die Wirkung des Yohimbins auf die Genitalsphäre zunächst bei männlichen Thieren: Kaninchen, Katern und Hunden; die Intensität der Wirkung war am grössten bei Hunden, am geringsten beim Kaninchen; 6, 8, 15 Minuten nach der Injection trat Schwellung der Geschlechtsdrüsen, eine Erhärtung derselben, eine mehr weniger deutliche Röthung des Penis ein. Bei vier Wochen dauernder täglicher Wiederholung der Injection trat stets Hyperämie der Genitalorgane auf, welche, wie die mikroskopische Untersuchung der in Pormol gehärteten Präparate ergab, keine Abweichungen von der Norm zurücklässt. Ob durch das Mittel auch die Bildung der Sperma-tozoen befördert wird und ob es auch auf die weiblichen Genitalorgane wirkt, darüber liegen bis jetzt keine Untersuchungen vor. E. MENDEL versuchte das Mittel in einer Reihe von Fällen von Impotenz durch reizbare Schwäche und von paralytischer Impotenz. Die Wirkung trat in ersterem einmal fast unmittelbar ein, in mehreren Fällen erst nach einigen Wochen.

Weitere Erfahrungen müssen lehren, ob wir im Yohimbin ein Alkaloid vor uns haben, welches auf das Erectionscentrum einen directen oder reflec-torischen Reiz ausübt.

Anwendung: In Form einer l%igen Lösung des Chloralhydrates, Sol. Yohimbini hydrochlor. Spiegel 1: 100. Innerlich 5?10 Tropfen 3mal täglich. Das Chlorhydrat ist in kaltem
Wasser nur sehr langsam löslich. Nach einer Angabe von LÖWY verliert die Lösung nach längerem Stehen an Wirksamkeit. Es empfehlen sich daher »Dr. SPIEGEL'S Yohimbintabletten«, von denen jede genau 5 Mgrm. (0, 005) des Chlorhydrates, also die 10 Tropfen der obigen l°/0igen Lösung enthält. Die Lösung kann auch zur subcutanen Injection verwendet werden

Literatur: L. SPIEGEL, Chemiker-Zeitung. 1896, 20, Nr. 97. ? L. SPIEGEL, Apotheker-Zeitung. 1897, Nr. 81. ? L. SPIEGEL, Chemiker-Zeitung. 1899, 23, Nr. 7. ? H. THOMS, Ber. d. pharm. Gesellsch. 1897, 7, 279. ? OBERWARTH, VIRCHOW'S Archiv. CLIII. ? E. MENDEL, Zur Therapie der Impotenz. Therapie der Gegenwart. Juli 1890. ? L. Löwy, Berliner klin. Wochenschr. 1900, 37, 927.

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