Wiesbaden

Heilkundelexikon

Wiesbaden

Wiesbaden in der Provinz Nassau, am südlichen Abhänge des Taunus, 117 Meter über der Meeresfläche, Eisenbahnstation.

Die alte, bereits den Römern bekannte Badestadt ist ebenso ausgezeichnet durch ihre mächtigen, 50 bis 68, 7° C. warmen Kochsalzthermen, als durch die günstige klimatische Lage. Die zahlreichen Quellen Wiesbadens haben einen geringen Gehalt an Chlornatrium, der zwischen 0, 5% bis 0, 6% schwankt, und hohe Temperatur.

Die wasserreichsten der 24 zu Thermalbädern benützten Quellen sind: die Adlerquelle 62, 5° C. warm, die Schützenhofquelle 50° C. und die Spiegelquelle 66, 1° C., welche gegen 900 Thermalbäder, zumeist auch mit Douchen speisen.
Die Bäder werden zumeist in der Temperatur von 33° bis 35° C. genommen (das Thermalwasser daher abgekühlt) und zuweilen noch, um den Salzgehalt zu vermehren, mit Mutterlauge versetzt. Ausser den 24 Privatbadehäusern besteht das königliche Badehaus: Wilhelmsheilanstalt, das städtische Badehaus zum Schützenhof, das Augusta-Victoriabad. Die Wies-badener Bäder kommen in ihrer physiologischen Wirkung denen der wärme-steigernden Akratothermen gleich und finden darum auch dieselben Indicationen wie diese, in erster Linie bei den verschiedenen Formen von Rheuma-tismus und Gicht, bei Rheumatalgien, rheumatischen Paralysen, Contracturen, Ankylosen, traumatischen Exsudaten u. s. w. Die Bademethode ist in Wiesbaden sehr entwickelt und sind Dampfbäder und Douchebäder vorzüglich eingerichtet. Es gilt fast als Regel, dass die Pa-tienten nach dem Bade durch einige Stunden im Bette in gleichmässiger Temperatur und Ruhe verbleiben.

Zur Trinkcur wird der Kochbrunnen benützt. Derselbe enthält in 1000 Theilen 8, 262 feste Bestandtheile, darunter:
Chlornatrium6, 838
Chlorkalium0, 145
Chlormagnesium0, 203
Chlorcalcium0, 470
Chlorammonium0, 016
Chlorlithium0, 0002
Schwefelsaurer Kalk0, 090
Kohlensaure Magnesia0, 010
Kohlensaurer Kalk0, 418
Kieselsäure0, 059
Freie Kohlensäure in Cubikcentimeter200, 5

Kleine Gaben des Kochbrunnen (240?480 Grm.) vermehren die Speichel- und Schleimsecretion, erhöhen das Nahrungsbedürmiss und steigern die Harnsecretion. Mit der Harnmenge wächst bei fortgesetztem Gebrauche dieser Dosis die Menge der ausgeschiedenen festen Harnbestandtheile, besonders des Kochsalzes und des Harnstoffes. Bei mittlerer Dosis von 500?700 Grm. und noch mehr bei grosser Dosis von 700 Grm. bis 1 Liter giebt sich die abführende Wirkung des Kochbrunnens kund. Es kommt zu mehrmaligen, reichlichen, breiigen, dann wässerigen Stuhlentleerungen, während die Harn-secretion abnimmt und alle Schleimhäute ausser der Darm Schleimhaut und die äussere Haut verminderte Absonderung zeigen. Bei längerer Portsetzung nimmt das Körpergewicht wesentlich ab und treten Erscheinungen von Magen- und Darmreizung auf. Die Trinkcur mit dem Kochbrunnen findet darum ihre Anzeige bei katarrhalischen Affectionen der Respirations-, Magen-und Darmschleimhaut, bei abdominellen Circulationsstörungen, Schwellungen von Leber und Milz, zur Unterstützung der Badecur bei Scrophulose, Rheu-matismus, Arthritis.

Ein wesentlicher Vorzug Wiesbadens liegt in seinen günstigen klimatischen Verhältnissen, welche als bedeutender Wirkungsfactor bei der Cur rheumatischer Erkrankungsformen betrachtet werden muss. Diese Verhältnisse haben aber auch in jüngster Zeit Wiesbaden zu einem klimatischen Curorte, namentlich für Frühjahr und Herbst, aber auch zur Ueb er Winterung gestaltet. Die Stadt liegt in einem etwa 1 Stunde langen und ebenso breiten Kesselthale, rings umgeben von sanft ansteigenden Anhöhen und geschützt durch das sich in einer Entfernung von 2?3 Stunden von Nordost über Nord und West bis West-Süd-West erstreckende Taunusgebirge. Die mittlere Temperatur beträgt in Wiesbaden im September + 14, 2° C, October + 9. 3 C, November + 4, 4° C, December ? 0, 4° C, Januar + 0, 9 C, Februar + 1, 7° C,
März + 4, 9°C., April + 9, 2 C, Mai + 12, 3 C. Die mittlere relative Feuchtigkeit der Luft wird mit 78, 4°/0 angegeben. Die vorherrschenden Winde sind Südwest und Nordost. Der mittlere jährliche Barometerstand beträgt 751, 42 Mm.

Das Klima Wiesbadens eignet sich darum für chronische Katarrhe der Re- spirationsorgane, chronische Rheumatismen, allgemeine Körperschwäche, Reconvalescenz nach schweren Krankheiten. Wenig geeignet ist das Klima für nervös aufgeregte Constitutionen. Sehr passend ist Wiesbaden schon durch seine Lage für die Norddeutschen als Uebergangsstation von und nach dem Süden. Die socialen Verhältnisse Wiesbadens sind ausserordentlich ange- nehm. Vortreffliche Hotels und Privatwohnungen stehen in grosser Menge zur Auswahl. Zum Gebrauche von Molken- und Traubeneuren ist Gelegenheit geboten. In unmittelbarer Nähe von Wiesbaden sind mehrere Kaltwasserheilanstalten.

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