Zurechnungsfähigkeit

Heilkundelexikon

Zurechnungsfähigkeit


Zurechnungsfähigkeit* ist die Fähigkeit, für eine durch das Strafgesetz mit Strafe bedrohte Handlung zur Verantwortung gezogen werden zu können. Nur dem Zurechnungsfähigen wird die objeetiv strafbare Handlung zugerechnet, nur dieser muss die strafrechtlichen

* Wir beschäftigen uns hier nicht mit der sogenannten moralischen Zurechnungsfähigkeit, deren Besprechung lediglich Aufgabe der Physiologie, respective Philosophie ist.

Consequenzen derselben, die Strafe, erleiden, der Zurechnungsunfähige ist nicht fähig verurtheilt zu werden und Strafe zu erleiden.

Das deutsche Strafgesetz kennt eine Reihe von Bedingungen, unter denen die Zurechnungsfähigkeit ausgeschlossen ist, und in gleicher Weise finden sich dieselben oder ähnliche Ausschliessungsgrunde in den Gesetzbüchern der übrigen Culturstaaten. Die objectiv strafbare Handlung wird dem Thäter nicht zugerechnet:

Bei der unentwickelten Geisteskraft der Jugend (§ 55 des deutschen Strafgesetzbuches: Wer bei Begehung einer Handlang das 12. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht strafrechtlich verfolgt werden. § 56: Ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das 12., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte, eine strafbare Handlung begangen hat, ist freizusprechen, wenn er bei Begehung derselben die zur Erkennung ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht besass).

Bei der durch äussere Umstände unterdrückten Freiheit des Willens (§ 52, Nothwehr). Wegen mangelnder Einsicht in die Sachlage, Irrthum in Thatsachen (§59 des deutschen Strafgesetzbuches).

Wegen unterdrückter oder gestörter Geistesthätigkeit: Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Thäter zur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Be-wusstlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit befand, durch welchen seine freie Willensbestimmung ausgeschlossen war (§51 des deutschen Strafgesetzbuches).

Aus der oben gegebenen Definition der Zurechnungsfähigkeit, wie aus diesen Ausführungen geht hinreichend hervor, dass die Zurechnungsfähigkeit ein juristischer, in specie ein criminalrechtlicher Begriff ist. Wenn für ein medicinisches Werk ein Artikel über Zurechnungsfähigkeit geschrieben werden soll, so ist die Bearbeitung dieses Themas von vornherein nach zwei Richtungen hin einzuschränken, einmal kann es sich hier nur um die durch psychische Krankheit aufgehobene Zurechnungsfähigkeit handeln (§ 51), andererseits ist auch mit Rücksicht auf den § 51 daran festzuhalten, dass es ausserhalb der ärztlichen Sachverständigkeit liegt und nicht zur Com-petenz des gerichtlichen Arztes gehört, über Zurechnungsfähigkeit oder Zurechnungsunfähigkeit zu entscheiden.

Sache des Arztes ist es lediglich, das Vorhandensein und Nichtvor-handensein derjenigen Requisite festzustellen, welche die Gesetzgebung als Erforderniss für die Anwendung des § 51 betrachtet; die Anwendung des §51, die Entscheidung über Zurechnungsfähigkeit oder Zurechnungsunfähigkeit ist Sache des Richters. Geschichte der Zurechnungsfähigkeitsfrage.


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