Zungenerkrankungen

Heilkundelexikon

Zungenerkrankungen

Sie sind mannigfaltig, häufig, wichtig und manche derselben geben zu ansehnlichen chirurgischen Eingriffen Veranlassung.

A. Bildungsfehler. Der völlige Mangel der Zunge, die Agiossie, kommt nur bei Agnathie und anderen bedeutenden Defecten des Schädels an nicht lebensfähigen Missgeburten vor.

Jussieu fand völligen Mangel der Zunge bei einem übrigens wohl ausgebildeten Mädchen, Förtser fast vollständigen Mangel der Zunge bei Mikrognathie. Die regelwidrige Kleinheit der Zunge, Mikroglossie, kommt bei sonst wohlgebildetem Gesicht sehr selten vor; ebenso ist ausserordentlich selten die gespaltene Zunge, Schistoglossie. Etwas häufiger sind die abnormen Anheftungen der Zunge, so die breite Verwachsung der Zunge mit dem Boden der Mundhöhle, die regelwidrige Kürze des Frenulums (Ankyioglosson).

Eine in ihren Ausgangspunkten dunkle Erkrankung der Zunge, die Makroglossie, mag sofort erwähnt werden, weil sie in manchen Fällen,
besonders bei Cretins, als eine Monstrosität per excessum angeborener Weise vorkommt, in anderen Fällen bei der Geburt in unscheinbarem Grade vorhanden ist, aber bald rasch zunimmt. Sonst sah man das Uebel aber auch in anderen Lebensaltern auftreten, und zwar unter verschiedenen Anlässen (Traumen, mercurielle Stomatitis, Scarlatina, Variola). Den bisherigen anatomischen Untersuchungen zufolge hat man es wahrscheinlich mit Erkrankungen verschiedener Bedeutung zu thun. In einzelnen Fällen mag eine alle Constituentien der Zunge betreffende, regelwidrig starke Entwicklung der Zunge, eine wahre Makroglossa vorliegen (Maas), in anderen Fällen kommt eine überwiegende Wucherung des intermusculären Bindegewebes vor (0. Weber), in anderen Fällen findet sich ein cavernöses Maschenwerk ekta-tischer Lymphräume (Virchow, Billroth, Volkmann, Winiwarter), selbst in Combination mit angeborenem Cystenhygrom des Halses (Valenta und Winiwarter). Hat das Uebel einen gewissen Grad erreicht, so findet die Zunge keinen Platz mehr im Munde und bildet einen Prolaps, der seinerseits wieder selbstverständlichen traumatischen Reizungen ausgesetzt, einer entzündlichen Schwellung und Hyperplasie unterliegt. In leichteren Graden kann die Hypertrophie der Zunge durch systematische comprimirende Einwicklungen zur Rückbildung gebracht werden. In höheren Graden kann nur von einer operativen Behandlung die Rede sein. Man kann den prolabirten Theil entweder amputiren oder man kann durch eine doppelte, keilförmige Excision (aus der Dicke und aus der Breite) das übergrosse Organ verkleinern (Boyer). Um die Blutung zu bemeistern, wird man das Organ durch Einwicklung blutleer machen können.

B.
Wunden. Die Zunge ist am häufigsten der Verletzung durch das eigene Gebiss des Betreffenden ausgesetzt; in der Regel sind diese Wunden von keiner Bedeutung. Auch grössere Wunden der Zunge (durch ausgedehntere Bisse, durch tief eingedrungene Fragmente des gebrochenen Kiefers, durch Schussproiectile) pflegen in der Regel gut zu verlaufen, da die Zunge einen ganz bedeutenden Heiltrieb besitzt. Man kann selbst solche Zungenwunden, die vielfach gerissene Ränder zeigen, mit der Naht vereinigen. Selbst wenn fremde Körper in die Zunge eindringen, kann die Reaction eine geringe werden. Sehr starke, rasch zunehmende und Erstickung drohende Schwellung der Zunge kommt hingegen bei unreinen Wunden, so insbesondere nach Stichen giftiger Insecten ? Kinder können Kirschen oder Pflaumen, in denen eine Biene steckt, in den Mund nehmen und so verletzt werden ? vor; in solchen Fällen müssen tiefe Scarificationen, strengste Antiphlogose angewendet werden.

C. Entzündungen. Die Glossitis superficialis, die Entzündung der Zungenschleimhaut ist Theilerscheinung einer diffusen Entzündung der Schleimhaut der ganzen Mundhöhle (bei Katarrh, Croup, Diphtheritis, schweren Exanthemen). Die Glossitis profunda s. parenchymatosa ist eine schwere Erkrankung, die manchmal epidemisch vorkommt, sonst im Verlaufe schwerer Erkrankungen (Milzbrand, Pyämie, Typhus) auftritt, manchmal bei Missbrauch des Mercurs sich einstellt. In ihren schwersten Formen kann die Krankheit in einigen Stunden den letalen Ausgang durch Erstickung herbeiführend Im ganzen ist ein solcher Ausgang seilen. Häufig zertheilt sich die Entzündung, nachdem allerdings sehr alarmirende Symptome (Athemnoth, hohes Fieber, Prolaps der Zunge) vorhanden waren. In anderen Fällen entsteht ein Abscess oder eine diffuse Phlegmone des Zellgewebes (eventuell Glottisödem, Pyämie); in noch anderen Fällen ist die Glossitis der Ausgangspunkt einer sich nun ausbildenden Hypertrophie; ausser-ordentlich selten tritt Gangrän ein. Tiefe, langausgedehnte Scarificationen und, wenn wirklich Stenose der Luftwege eintritt, Tracheotomie sind in den schweren Fällen anzuwenden. In den leichteren Fällen Antiphlogose.

Interessant ist der chronische Zungenabscess, eine breite, scharf umschriebene, etwas elastische Geschwulst, die spontan entsteht und nur bei stärkerem Drucke schmerzt, durchschnittlich haselnussgross. Es ist leicht begreiflich, dass bei Individuen vorgerückten Alters in einem solchen Falle Verdacht auf einen Krebsknoten entsteht. Doch ist die Entwicklung rascher als beim Krebs. Probepunction verschafft in zweifelhaften Fällen Aufschluss.

D. Geschwüre der Zunge. Aus diagnostischen Gründen rechnet man in der Regel auch das Krebsgeschwür hierher, mag es nun als eine im vorhinein flächenhafte Epitheliombildung auftreten oder aus dem Zerfall eines Krebstumors hervorgehen. Es kommen dann folgende Geschwürsformen zur Beobachtung.

a) Das traumatische Geschwür, hervorgegangen aus längere Zeit anhaltenden localen Insulten, insbesondere von Seiten scharfer Zacken an cariösen Zähnen; es sitzt daher dem insultirenden Gebilde gerade gegenüber, in den allermeisten Fällen also am Zungenrande; es ist klein, schmerzhaft, mit hyperämischen, ab und zu auch mit infiltrirten Rändern versehen.

b) Die primären venerischen Geschwüre, hervorgegangen durch directe Inoculation des Virus (unreiner Kuss u. dergl.), sitzen, ihrer Veran lassung entsprechend, an der Zungenspitze, sind rund, scharf begrenzt, haben einen steilen Rand und einen speckigen Grund und sind unschmerzhaft. Die aus dem Zerfall von Gummen hervorgehenden, also secundären, syphilitischen Geschwüre sitzen in der Regel im vorderen Drittel des Zungenrandes, sind mit buchtigen, verdickten Rändern versehen und haben mitunter einen sofort auffallenden serpiginösen Charakter; sie sind schmerzlos und können bedeutende Ausdehnung gewinnen.

Die tuberkulösen Geschwüre gehen entweder aus dem Zerfall eines grösseren oder kleineren Tuberkelknotens hervor, oder sie treten anscheinend ate Exulceration der Mucosa auf, ohne dass man in der Umgebung die Reste eines Knotens wahrnehmen könnte. Sie sitzen auf den Rändern, sehr selten am Rücken der Zunge und sind immer sehr klein, in der Regel linsen- oder erbsengross; sie bleiben monatelang unverändert, manchmal sind sie sehr, durchschnittlich nur massig schmerzhaft. Die Ränder sind etwas unterminirt, stellenweise auch indurirt; unterhalb des Geschwürs, manchmal auch an einem der Ränder, besteht eine grössere Resistenz. Das Individuum zeigt fast immer ausgesprochene Lungentuberkulose. Sehr selten ist das tuberkulöse Geschwür primär. Mitunter ist es combinirt mit tuberkulösen Geschwüren an den Lippen und auch am Anus.

Die krebsigen Geschwüre zeichnen sich durch die exquisite Härte ihrer Ränder und ihres Grundes aus. Gegen die Umgebung sind sie ausser-ordentlich scharf abgegrenzt und meistens entleert sich aus dem Grunde bei seitlicher Compression des Gebildes eine Reihe smegmaartiger Pfropfe. Lanci-nirende Schmerzen oder das Gefühl des Torpors und anderer Parästhesien pflegen sie zu begleiten. Am Kieferrande pflegt man eine rundliche, harte, scharf umschriebene, infiltrirte Lymphdrüse frühzeitig zu constatiren.

Was die Behandlung der Geschwüre betrifft, so ist bei den traumatischen die Entfernung der Schädlichkeit, bei den syphilitischen die bekannte specifische Behandlung selbstverständlich. Bei tuberkulösen Geschwüren ist in der neueren Zeit die Excision des Geschwürs sammt der umgebenden tuberkulösen Infiltration häufig mit befriedigendem localen Erfolge unternommen worden.

E. Die Neubildungen der Zunge sind mannigfaltig; doch sind die gutartigen, wie Fibrome, Lipome, Chondrome, ausserordentlich selten; häufiger sieht man, besonders im jüngeren Lebensalter, kleine kirschengrosse, einen gelblichen, zähen Inhalt einschliessende Cysten, die am Rande an der unteren Fläche vorkommen; auch sahen wir eine hühnereigrosse Cyste, welche, seit
Jahren bestehend, den vordersten Theil der Zunge einnahm. Wohl noch häufiger sind Papillome, die sehr fJach, besonders gern die Mitte der oberen Fläche einnehmen; sehr häufig sind die syphüitischen Papillome. Die nicht syphilitischen kommen in mehreren Formen vor, als kleine gestielte, dann als flächenhafte mit bläulich durchscheinenden Punkten. Zu den allergrößten Seltenheiten gehören die Lipome der Zunge. Im reiferen Mannesalter und im Greisenalter tritt das Carcinom häufig auf, und es ist eine sehr auffallende Thatsache, dass es beim weiblichen Geschlechte zu den grossen Seltenheiten gehört Es tritt entweder primär in der Zunge auf, oder es geht von der Schleimhaut des Mundhöhlenbodens neben der Zunge aus, nistet sich aber, nachdem es flächenhaft auf die Zunge hinübergegriffen, bald in die letztere ein und wuchert nun auffallend rascher. Das primäre Zungencarcinom, der weitaus häufigere Fall, tritt bald in der Tiefe des Parenchyms als Knoten oder an der Oberfläche als Krebsgeschwür auf. Im ersteren Falle findet man den Sitz der Krankheit häufiger im hinteren Abschnitt der Zunge; es zeigt sich ein sehr derber, gegen die Umgebung durch seine Consistenz abstechender Knoten, der ab und zu lancinirende Schmerzen verursacht, hauptsächlich aber die Bewegung der Zunge hindert und zur Folge hat, dass die Zunge beim Vorstrecken etwas nach der kranken Seite abweicht; in der Regel ist der Knochen flachrundlich, ausnahmsweise kugelrund, schmerzt sehr häufig bei Druck und zeigt eine überall gleichmässige Härte; manchmal findet man auch mehrere Höcker oder neben einem solchen eine an ihn sich anschliessende, weniger scharf begrenzte Härte der Umgebung. Sehr häufig breitet sich die Verhärtung auf den grössten Theil der Zunge aus, macht sie unbeweglich und exulcerirt dennoch nicht. Im zweiten Falle erscheint in der Regel am Zungenrande ein lebhaft rothes Geschwür von besonderer Härte, mit rissigem Grunde, stellenweise aufgeworfenen Rändern, oder es erscheint eine Geschwürsfläche mit wucherndem Grunde und daher nach aussen abfallenden Rändern und nicht besonders ausgeprägter Härte; aber einzelne Drüsen am Kieferrande sind schon härtlich, rund, dabei noch verschiebbar. In vorgeschrittenen Fällen findet man einen Theil der Zunge von der derben Aftermasse substituirt, einen anderen Theil derselben geschwürig zerstört, das Organ selbst auf den Mundhöhlenboden fixirt, diesen letzteren zum Theil infiltrirt, zum Theil exulcerirt, den Gaumenbogen ergriffen, das Zahnfleisch in die Erkrankung einbezogen und ansehnliche Drüsentumoren am Halse (hinter dem Unterkieferwinkel), die zum Theil mit der Haut verwachsen, zum Theil vielleicht erweicht, stellenweise zur Perforation sich anschicken. Die Sprache sehr wesentlich behindert, ebenso das Schlingen; der Mund halb geöffnet, entleert Speichel und Schleim, das Aussehen des Kranken ein kachektisches. Die Entwicklung des Zungenkrebses ist in der Regel eine relativ rasche; er gehört zu den deletärsten Formen. In einzelnen Fällen geht das Leiden mit furchtbaren Schmerzen einher. ? Sarkome der Zunge gehören zu den aller-grössten Seltenheiten. Wir sahen ein vielleicht ganseigrosses an der Basis der Zunge.

Die heutige Therapie des Zungencarcinoms besteht in der Exstirpation. Sehr viele Chirurgen folgen dem Rathe, den Syme gab: die ganze Zunge zu entfernen, auch wenn der Krebs nur einen kleinen Theil des Organs occupirt. Für ein solches Verfahren sprechen allerdings jene Befunde, wo man bei Sectionen der nach partieller Exstirpation der Zunge Verstorbenen näher oder weiter von der Wunde, und zwar durch anscheinend gesundes Gewebe getrennt, zerstreute Krebsnester gefunden; auf der anderen Seite muss jedoch bedacht werden, dass die Resultate der partiellen Exstirpation jenen der totalen nicht wesentlich nachstehen. Da die Abtragung der ganzen Zunge ganz überraschend geringe Functionsstörungen nach sich zieht, indem
der so Verstümmelte das Kauen, Schlingen und Schmecken nicht verliert, so wird man die eingreifenderen Operationen, soweit die Functionen in Betracht kommen, nicht zu scheuen haben; ihre Gefährlichkeit ist in neuerer Zeit durch Vervollkommnung der operativen Verfahren erheblich vermindert worden. Manche Operateure combiniren mit der Zungenexstirpation auch die Tracheotomie, um die septische Pneumonie zu verhüten.

Man kann die Operation entweder auf natürlichem Wege vornehmen oder sich einen künstlichen Weg bahnen.

Auf natürlichem Wege lassen sich nur partielle Exstirpationen vornehmen, und man bediente sich hierzu der galvanokaustischen Schlinge, des Thermokauters, des Ecraseurs, der Scheere oder des Messers; in neuerer Zeit pflegt man einer umfänglicheren Exstirpation die Unterbindung der Linguaiis vorauszuschicken. Die vollständige Amputation der Zunge an ihrer Basis wird in der Regel auf künstlichem Wege vorgenommen; doch kann man nach beiderseitiger Ligatur der Linguaiis die Zunge ganz gut von der Mundöffnung aus exstirpiren und v. Langenbeck hat in neuerer Zeit mit dem rothglühenden Thermokauter und unter äusserst langsamem Vordringen weit zurück reichende Abtragungen vorgenommen und sehr befriedigende Resultate erhalten. Es ist ganz sicher, dass die Kauterisation durch die Schorfbildung der phlegmonösen Eiterung vorbeugt. Mannigfaltig waren die künstlichen Wege, auf welchen man den Zungencarcinomen beizukommen trachtete:

1. Quere Wangenspaltung (Jäger, Rizzoli, Maisonneuve, Wilms, Rose u. a.).
2. Spaltung des Unterkiefers in der Mitte (Roux).
3. Seitliche Kieferspaltung (B. v. Langenbeck).
4. Bildung submentaler Lappen (Regnoli, Billroth, Menzel, Erichsen und andere).
5. Suprahyoidale Incision behufs Durchführung von Glüh- oder Quetschschlingen um die Zungenbasis.

Kocher hat ein Verfahren angegeben, mittels dessen man von der Seite am Halse her die Zunge, den Gaumenbogen, die Tonsille und den Pharynx zugänglich machen kann, um verbreitete Carcinome zu exstirpiren. Das Verfahren empfiehlt sich für die halbseitige Exstirpation der Zunge ausserordentiich und wird von uns immer angewendet.

Wenn die Tonsille und der Pharynx oder der weiche Gaumen mit der Zunge entfernt werden müssen, halten wir die seitliche Kieferspaltung für sehr vortheilhaft und wenden sie auch häufig an.

F. Eine eigenthümliche Erkrankung der Zunge ist die Psoriasis (Ichthyosis, Keratosis, Tylosis). Die Krankheit kommt bei Männern zwischen dem 40. bis 60. Lebensjahre vor, besonders bei Tabakrauchern, und wird häufig von Krebs der Zunge gefolgt. Im Beginn der Krankheit sieht man auf der Zunge, auf der Innenfläche der Wangen, der Lippen ? selten am Gaumen oder Zahnfleisch ? kleine, linsengrosse, warzige, härtliche, grau liche Erhabenheiten auftreten, die später einen dickeren, hornigen Epithel überzug erhalten. In vorgeschrittenen Fällen ist die ganze Zunge mit schwielenartigen, weisslich-gelblichen Epithelauflagerungen bedeckt, mit Schrunden und Rissen durchsetzt, schwer beweglich. Die Therapie ist machtlos.

G. Die Aktinomykose der Zunge tritt hier primär auf oder über greift vom Kiefer her oder kann auch metastatisch auftreten. Sie stellt einen derben Knoten vor, der sich wie ein chronischer Abscess verhält, aber die Drusen der Strahlenpilze enthält (Excision).

H. Was die Neurosen der Zunge betrifft, so sind die Motilitäts-störungen der Zunge, sowohl der isolirte Krampf als auch die isolirte Lähmung die allergrössten Seltenheiten; als Theilerscheinung verbreiteter Störungen ist Krampf und Lähmung leider nicht selten und wird bei den
betreffenden Nervenkrankheiten (Krampf bei Chorea, Epilepsie, Eklampsie, Hysterie, Trismus u. s. w. ? Lähmung bei Hemiplegie, Embolie des Hirns, bei Bulbärparalyse, Tabes u. s. w.) häufig beobachtet. Von den Sensibilitätsneurosen ist die Irradiation auf den N. lingualis bei Neuralgie des III. Trige-minusastes keine Seltenheit; ausserordentlich selten ist die isolirte Neuralgie des Lingualis.

Ich habe in den letzten Jahren eine eigenthümliche Neurose der Zunge beobachtet. Sie betraf mit Ausnahme zweier Männer lauter Frauen. Die Kranken gaben an, in der einen Zungenhälfte Brennen, Prickeln und Anfälle von wahren neuralgischen Schmerzen zu empfinden. Bei allen Kranken fand sich am Zungenrande, knapp vor der Basis des Zungen-gaumenbogens, eine kleine Excrescenz ? einem Trippercondylom an Gestalt ähnlich ? welche auf Druck sehr schmerzhaft war und den Ausgangspunkt der Schmerzen bildete; die Excrescenz geht aus der Papilla foliata hervor.

Literatur:
Barker, The Lancet. 1879.
Benary, Die Exstirpation des Zungenkrebses. Berlin 1876 (Inaugur.).
Billroth, Langenbeck's Archiv. XVI.
Chastaignac, Traite de l'Ecrasement.
Gensoul, Archives geniales. 1829.
Gosselin, In Traite de Chirurgie. III.
Kocher, Deutsche Zeitschr. f. Chir. XIII.
Langenbeck, Verhandlungen der Gesellschaft für Chirurgie. IV. Congress.
Maisonneuve, Comptes rendus. 1863, 57.
Middeldorpp, Schmidt's Jahrbuch. CVII.
Schlapper, lieber die vollständige Exstirpation der Zunge. Zürich 1878.
Trelat, Kapport entre le psoriasis etc. Bull, de la Soc. de Chir. 1858.
Wölfler, Langenbeck's Archiv. XXVI.
Albert, Einige seltene Erkrankungen der Zunge (Wiener med. Presse. 1886).
Butlin, Krankheiten der Zunge.

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