Zahnoperationen: Zahnextraktion

Heilkundelexikon

Zahnoperationen: Zahnextraktion


A. Die Extraction der Zähne. Dieselbe ist in neuerer Zeit bedeutend vereinfacht, die Indicationen für dieselbe sind genauer dargelegt und die Art und Weise ihrer Ausführung auf wissenschaftlicher, d. h. anatomischer Grundlage aufgebaut worden.
In früheren Zeiten war dieselbe zuweilen eine höchst gefährliche Operation, während sie unter kundiger Hand jetzt zu einer vollständig gefahrlosen geworden. Dies geschah vor etwa 40?50 Jahren durch Aufgeben aller älteren Instrumente, die, wie der Pelikan und der Schlüssel, einen Ansatzpunkt mehr oder weniger entfernt von dem herauszunehmenden
Zahn suchen mussten, so dass bei der Extraction nicht nur eine Verwundung der Alveole selber, sondern auch des betreffenden Ansatzpunktes (Nachbarzahn oder darunter liegender Kiefertheil) zustande kam. Nichtsdestoweniger ist jedoch für einzelne genau bestimmte Fälle der Schlüssel nicht ganz zu verwerfen, dessen vorsichtige Anwendung aber heute von keinen üblen Nebenwirkungen begleitet ist. Die zur Extraction jetzt benutzten Instrumente bestehen vorzugsweise aus Zangen und in manchen Fällen aus Hebeln. Man hatte wohl auch früher Zangen zur Extraction angewendet, aber dieselben waren so mangel-
 Fig. 21: Haltung der <a href=Zange; a richtig, b falsch gefasst" />
Fig. 21: Haltung der Zange; a richtig, b falsch gefasst

haft geformt, dass mit ihnen viel eher die Krone abgebrochen als der ganze Zahn extrahirt werden konnte, während. die jetzigen Instrumente so gebaut sind, dass sich ihr Maul genau dem Zahnhals des zu entfernenden Zahnes anpasst und sie immerhin eine so weite Oeffnung besitzen, dass die Krone beim Zusammendrücken der Griffe nicht zerquetscht oder zertrümmert werden kann. Die beiden Backen, aus denen das Maul besteht, laufen in einen dünnen Rand aus, der bequem unter das Zahnfleisch bis an den Alveolarrand hinauf gestossen werden kann.

Da der Zahnhals der einzelnen Zahngruppen sowohl im Ober-, wie im Unterkiefer einen verschiedenartigen Umfang und die Krone eine verschiedenartige Gestalt besitzt, so wird für jede einzelne Gruppe das Maul der Zange besonders cbnstruirt sein müssen. Jede einzelne Extraction besteht aus drei verschiedenen Acten, die oft combinirt sein können. Der erste in der Erfassung des Zahnes, der zweite in Lockerung (Luxiren) desselben und der dritte in der Entfernung desselben aus der Alveole nach einer bestimmten Richtung hin.

Stets wird die
Zange mit der rechten Hand gefasst und durch den Druck des Daumens auf die Griffe in der Weise geöffnet, dass* nicht etwa ein Finger zwischen denselben liegen bleibt (Fig. 21). In den meisten Fällen rechts vom Patienten stehend, schlingt der Operateur den linken Arm um den Kopf desselben, während beim Operiren am linken Kiefer die Finger die
Fig. 22: Ansetzen der <a href=Zange. " />
Fig. 22: Ansetzen der Zange.

Lippen wegziehen, um das Operationsfeld besser im Auge behalten zu können. Beim Operiren am rechten Kiefer steht der Operateur in der Regel am besten rechts vor dem Patienten, dessen Kopf er gegen die etwas geneigte Rückenlehne eines Polsterstuhles stützt oder vom Assistenten stützen lässt.
 Fig. 23: Falsch angesetzte <a href=Zange" />
Fig. 23: Falsch angesetzte Zange

Behufs Erfassung des Zahnes wird die nicht allzuweit geöffnete Zange leicht über die Krone hinweggeführt. Bei oberen Zähnen wird zuerst die buccale Backe und bei unteren zuerst die linguale fest eingesetzt, und dann das ganze, zuerst massig geschlossene Instrument kräftig unter das Zahnfleisch geschoben, um wo möglich bis an den Alveolarrand zu gelangen. Dann wird die Zange fest geschlossen und noch einmal kräftig hinauf-gestossen.
In die Alveole selbst einzudringen vermag man mit den gewöhnlichen Zahnzangen nicht; das Instrument wird demgemäss in situ der Fig. 22 entsprechen. Die Fig. 23 veranschaulicht, wie es nicht liegen darf; eine nicht ordentlich am Zahnhalse gefasste Krone wird in den allermeisten Fällen in der Richtung der Bruchlinie abgehebelt werden.

Der zweite Act, das Luxiren des Zahnes, ist schon schwieriger. Je nachdem der
Zahn eine oder mehrere Wurzeln besitzt, oder je nachdem die Krone des Zahnes senkrecht steht oder nach innen ? lingualwärts ? geneigt ist, muss die Lösung in verschiedener Weise vor sich gehen. Giebt durch die noch später zu beschreibenden Massnahmen der Zahn nach, so beginnt die Arbeit des dritten Actes, d. h. die vollständige Entfernung des Zahnes selber. Niemals lässt sich ein Zahn ohne vorherige Lösung direct aus der Alveole herausziehen, da er durch festes Bindegewebe eng mit der letzteren verbunden ist, und niemals darf das Lösen des Zahnes durch mehrfaches Hin- und Herrütteln bewirkt werden, da diese Massnahme einerseits von keinem Vortheil ist, andererseits aber dem Patienten unnöthige Schmerzen erzeugt. Die oberen Schneidezähne besitzen nur eine konisch zulaufende Wurzel. Zu ihrer. Entfernung genügt die Zange Fig. 24. Nachdem der Zahn
 Fig. 24
Fig. 24

so hoch wie möglich gefasst ist und die Griffe geschlossen sind, macht man behufs Luxirung etwa eine Vierteldrehung nach rechts oder links und ist dadurch der Zahn gelockert, so wird er direct nach unten und etwas nach aussen in der Zauge für obere Schneide- und Eckzähne. Richtung seiner Wurzel herausgezogen.

Je länger die Krone, umso kürzer ist stets die Wurzel, und je kürzer die Krone, umso länger ist die erstere. Es werden also Zähne mit kleinen Kronen bei mangelnder Umsicht leichter abbrechen.

Die Eckzähne, die kräftigsten Glieder des ganzen Gebisses, besitzen ebenfall nur eine, aber umso kräftiger entwickelte Wurzel, die seitlich etwas zusammengedrückt und dabei sehr dick, lang und fest im Kiefer eingepflanzt ist. Sie kommen meist nur dann zur Extraction, wenn sie in abnormer Richtung aus dem Kiefer hindurchtreten, oder im höheren Alter behufs Zahnersatzes, wenn sie sich bei mangelndem Opponenten bedeutend verlängert haben. Sie werden mit derselben Zange extrahirt wie die Schneidezähne, lassen sich aber nicht durch eine Drehung lösen, sondern vielmehr durch einen Druck, der zuerst nach aussen und dann nach innen gerichtet ist, wobei in der Regel ein Theil der labialen* Alveole mit abbricht. Die Herausbeförderung geschieht dann etwas schräg nach unten und aussen. Ist der Eckzahn infolge mangelnden Raumes in falscher Richtung hindurchgetreten, so dass er ausserhalb des Zahnbogens dicht oberhalb des seitlichen Schneidezahns oder zwischen diesem und dem ersten Bicuspis steht, so lässt er sich nur an seiner mesialen und distalen Seite fassen. Je früher die Extraction hier vorgenommen wird, umso leichter macht sie sich wegen der noch nicht vollständig entwickelten Wurzel, die wegen ihrer mehr facialen Lage nur von einer sehr dünnen Alveole umgeben ist.

Der Zahnarzt unterscheidet an jedem Zahne fünf Flächen. Er nennt die Seite der Krone, die nach den Lippen, respective den Backen hin gerichtet ist, die labiale oder buccale Fläche, und diejenige, welche nach der Zunge hin steht, die linguale. Die Berührungsfläche der einzelnen Zähne heisst mesial oder distal, und zwar mesial diejenige, welche nach der Mittellinie des Mundes zu liegt und distal die, welche von derselben abgewendet ist. Die fünfte Fläche ist die Schneide- oder Kaufläche. ? Die Benennung der einzelnen Zahnflächen wird dann auch zur genaueren Bezeichnung der einzelnen Kiefertheile benutzt.
Die Stellung des Operateurs bei der Extraction der oberen Frontzähne ist die in Fig. 25 skizzirte, wenn er Assistenz nicht zur Verfügung hat: er steht rechts hinter dem auf einem gewöhnlichen Stuhle sitzenden Patienten, umfasst mit der linken Hand dessen Kopf, um ihn so gut zu fixiren, und zieht mit dem linken Zeigefinger die Oberlippe zurück, um das Operationsfeld übersichtlicher zu machen. Kann der Kopf durch einen Assistenten gestützt werden, so operirt man wesentlich bequemer in der in Fig. 32 veranschaulichten Position. Die oberen Bicuspidaten oder Prämolares besitzen eine seitlich abgeflachte Wurzel und fast stets ist die des ersten gespalten. Zuweilen
 Fig. 25: Stellung bei der Extraction der oberen Frontzähne.
Fig. 25: Stellung bei der Extraction der oberen Frontzähne.

beginnt die Spaltung erst oben an der Spitze, zuweilen in der Mitte und mitunter sogar bereits am Zahnhalse, so dass gewissermassen zwei deutliche Wurzeln vorhanden sind, von denen die eine labial- und die andere lingual-wärts steht. Diese Zustände erschweren die Extraction ganz bedeutend. Da
 Fig. 26: <a href=Zange für obere Bicuspidaten. " />
Fig. 26: Zange für obere Bicuspidaten.


die Krone sowohl labial- als auch lingualwärts convex und der Zahnhals etwas umfangreicher als bei den Schneidezähnen ist und die Zähne mehr nach hinten im Kiefer stehen, so muss einerseits das Zangenmaul etwas weiter und andererseits der Griff etwas gebogen sein, um den unteren Zähnen ausweichen zu können. Doch ist für beide Kieferhälften nur eine Zange nöthig, indem der Griff stets nach der Mitte des Gesichts gerichtet wird (Fig. 26). Die Bicuspidaten werden gelockert, indem man sie entweder langsam nach aussen oder, je nachdem Platz vorhanden, mesial- oder distalwärts drängt und dann die Extraction selber labialwärts und nach unten ausführt.


Ist es überhaupt wichtig, bei jeder Extraction so langsam als möglich vorzugehen, so muss es gerade bei diesen Zähnen geschehen, da sonst mindestens eine Wurzel sehr leicht abbricht.

Die Extraction des zweiten Bicuspis bietet in der Regel keine Schwierigkeiten.
Fig. 27: <a href=Zange für rechte obere Molarzähne. Fig. 28: Zange für rechte obere Molarzähne. " />
Fig. 27: Zange für rechte obere Molarzähne. Fig. 28: Zange für rechte obere Molarzähne.

Da die Krone der oberen Molares bedeutend grösser als die der vorhergehenden Zähne ist, so muss das Zangenmaul auch bedeutend weiter sein. Sie besitzen drei Wurzeln, zwei buccale und eine palatinale. Die eine Backe der Zange, welche um den buccalen Umfang des Zahnhalses gelegt wird, besitzt am Rande für die beiden buccalen Wurzeln einen doppelten Ausschnitt, während sich am Rande der lingualen Backe nur eine Ausschweifung befindet. Für je rechts und links ist daher eine besondere Zange erforderlich, Fig. 27 für die rechte und Fig. 28 für die linke Seite.
Behufs Lockerung wird der Zahn zuerst nach innen, palatinalwärts, gedrängt, um dadurch zuerst die buccalen Wurzeln zu lockern. Giebt der Zahn zufolge dieses Druckes etwas nach, so drängt man ihn nach aussen und zieht ihn dann zuerst nach unten und schliesslich in einer Bogenlinie, welche der Krümmung
Fig. 29: <a href=Zange die oberen Weisheitszähne. " />
Fig. 29: Zange die oberen Weisheitszähne.

der buccalen Wurzeln entspricht, nach oben heraus. Für die Extraction der ersten beiden Molares ist eine bedeutend grössere Kraft als für die vorhergehenden Zähne erforderlich.
Die Krone der dritten oberen Molarzähne ist in allen Verhältnissen kleiner und der Umfang des Zahnhalses bedeutend geringer als bei den vorhergehenden. Ausserdem sind die drei Wurzeln nur selten vollständig entwickelt. Sie sind entweder bedeutend kürzer und nicht so weit auseinandergespreizt, oder sie sind vollständig mit einander verschmolzen, so dass sie zusammen nur eine einzige Wurzel mit einer kurzen, stumpfen Spitze darstellen. Ferner sind sie immer nur lose in dem grossmaschigen, spongiösen Theile der Tuberositas eingepflanzt. Aus diesem Grunde genügt häufig schon zu ihrer Entfernung die Bicuspidatenzange. Anderenfalls wird eine Zange benutzt, die ein engeres Maul besitzt als die für die übrigen Molarzähne, deren Griffe aber noch etwas mehr gebogen sind (Fig. 29). Ist der Zahn ordentlich gefasst, so wird er geradezu nach aussen und oben gegen die Backe hin gedrängt, worauf er sehr leicht extrahirt werden kann. Doch ist es häufig sehr schwer, diese Zähne wegen ihrer Stellung anzufassen, da die Kronen meist stark buccalwärts geneigt sind und zuweilen der aufsteigende Ast des Unterkiefers sehr breit ist und fast dicht der Tuberositas anliegt. Immerhin aber gelingt es doch, dies zu thun, wenn der Mund nicht zu weit geöffnet ist. Doch lasse man sich nicht verleiten, hier den noch später zu beschreibenden Hebel anzuwenden, da durch diesen sehr leicht die ganze
Tuberositas mit abgebrochen wird, indem der Hebel den
Zahn stets distal-wärts drängt und der schwache Knochentheil sehr leicht nachgiebt.
Fig. 30: Stellung bei der Extraction der oberen linken Backenzähne.
Fig. 30: Stellung bei der Extraction der oberen linken Backenzähne.


Die Stellung des Operateurs bei der Entfernung linker oberer Backzähne (Bicuspidaten und Molaren) ist ähnlich der für die Prontzähne, nur dass Zeige- und Mittelfinger der linken Hand den Mundwinkel hier gehörig wegziehen (Fig. 30). Bei den Backzähnen rechts oben ist ein Umfassen und Pixiren des Kopfes mit dem linken Arm nicht gut ausführbar, wenn die
Fig. 31: Stellung bei der Extraction der oberen rechten Backenzähne.
Fig. 31: Stellung bei der Extraction der oberen rechten Backenzähne.

eben gedachten Pinger den rechten Mundwinkel ausweiten sollen; hier steht der Operateur deshalb rechts etwas vor dem Patienten und operirt wie in
Fig. 31 skizzirt, wenn ein entsprechend construirter Operationsstuhl mit Kopfstütze zur Verfügung, in der der Kopf des Patienten festliegt. Oder er lässt letzteren vom Assistenten halten (Fig. 32), wenn nur ein gewöhnlicher Stuhl zur Hand. Die Kronen der unteren Schneidezähne sind kleiner als die der oberen und ihre Wurzeln seitlich zusammengedrückt. Sie stellen eigentlich nur dünne, schmale Platten dar. Es ist daher ihre Drehung behufs Lösung in der Alveole unmöglich, und müssen sie deshalb zuerst labialwärts, dann
Fig. 32: Stützen des Kopfes bei der Extraction oberer Backenzähne.
Fig. 32: Stützen des Kopfes bei der Extraction oberer Backenzähne.

lingualwärts gedrängt und schliesslich gerade nach oben herausgezogen werden. Aber im allgemeinen kommen sie fast nur im hohen Alter zur Ex traction, wenn sie durch starken Ansatz von Zahnstein gelockert sind und lassen sich dann schon mit dem Daumen nach aussen drücken oder um biegen. Die zur Extraction verwendete
Zange zeigt Fig. 33. Dieselbe genügt auch zur Extraction für die Eckzähne, deren Entfernung schon deshalb schwieriger ist weil ihre Wurzeln wie die der oberen Eckzähne stets sehr lang und kräftig sind. Da diese jedoch meistens konisch zulaufen, so kann zumeist behufs Zange für untere Schneide- und Eckzähne. Lösung eine Rotation Versucht Und der Zahn dann nach oben herausgezogen werden. Ein directes Umbiegen würde die Alveole in grösserem Umfange verletzen oder gar den Zahn am Zahnhalse abbrechen. Doch kommen auch diese Zähne selten und fast nur dann zur Extraction, wenn sie durch hohes Alter und durch Mangel der Opponenten gelockert sind.

Die unteren Bicuspidaten besitzen meist nur eine rundliche, konisch zulaufende Wurzel. Da ihre Krone einen weiteren Umfang besitzt als die der vorhergehenden Zähne, so ist für dieselben eine Zange mit weiterem Maule erforderlich (Fig. 34). Vor dem Patienten stehend, der auf einem etwas niedrigen Sessel sitzt, wird zuerst mit der Zange, deren Maul stark lingualwärts

eingesetzt wird, eine leichte Rotation versucht und dann der gelockerte
Zahn langsam yertical gehoben. Zuweilen springt derselbe schon, sowie die Zange kräftig nach unten gedrückt wird, in das Maul derselben hinein. Die Krone dieser Zähne ist jedoch fast stets stark lirigualwärts geneigt oder geradezu umgebogen. Sie bricht daher sehr leicht ab, falls der Zahn zu früh, d. h. ehe er noch ordentlich gelockert ist, nach aussen umgebogen oder falls die linguale Backe der Zange nicht tief genug eingesetzt wird. Ausserdem aber besitzen diese Zähne zuweilen ungewöhnlich
Fig. 34: <a href=Zange für untere Bicuspidaten. " />
Fig. 34: Zange für untere Bicuspidaten.

lange Wurzeln mit distalwärts gebogenen Spitzen, wodurch ebenfalls sehr leicht ein Bruch erfolgen kann.

Der Operateur steht bei der Entfernung der Frontzähne und Bicuspidaten der rechten Hälfte des Unterkiefers, wie in Fig. 35 veranschaulicht, also hinter dem Patienten, dessen Kopf mit dem linken Arm fixirend, während der Daumen der linken Hand die Zunge hinabdrückt, der Zeigefinger die Wange wegzieht und die Hand im übrigen den Unterkiefer fest umgreift.
Fig. 35: Stellung bei der Extraction im Bereiche der rechten Unterkieferhälfte.
Fig. 35: Stellung bei der Extraction im Bereiche der rechten Unterkieferhälfte.

Für die linke Seite steht der Operateur vor dem Patienten, der linke Mittelfinger drückt die Zunge, der Zeigefinger die Wange aus dem Wege, der Daumen umgreift den Kieferkörper von unten (Fig. 36). Die unteren Molarzähne besitzen je eine mesiale und distale, breite, abgeplattete Wurzel, von denen die letztere meist an der Spitze etwas distal gekrümmt ist. Die ziemlich umfangreiche Krone der ersten steht in der Regel senkrecht. Zur Extraction dieser Zähne dient die Zange Fig. 37 und 38. Die verlängerten Spitzen ihrer Backen greifen genau zwischen die
Wurzeln ein. Ist der
Zahn tief unten gefasst, so stösst man die Zange zuerst distalwärts gegen den zweiten Molaris hin, und indem man den Arm
Fig. 36: Stellung bei der Extraction im Bereiche der linken Unterkieferhälfte.
Fig. 36: Stellung bei der Extraction im Bereiche der linken Unterkieferhälfte.

im Schultergelenk hebt, wird der Zahn nach aussen oben in einer weiten Bogenlinie herausgehoben (Fig. 39). Die buccale Alveolarlamelle ist |hier
Fig. 37 und 38: Zangen für untere Molarzähne.
Fig. 37 und 38: Zangen für untere Molarzähne.

noch ziemlich elastisch, so dass der Zahn leicht nach aussen umgelegt werden kann.
Fig. 39: Luxationsbewegung mit der Flächenzange.
Fig. 39: Luxationsbewegung mit der Flächenzange.
Handelt es sich um jüngere Patienten, bei denen das Knochengewebe im allgemeinen noch nachgiebiger, so ist oft die Anwendung einer Zange, wie sie für die Bicuspidaten benutzt wird, also mit über die Kante, nicht über die Fläche gebogenen Schnäbeln bequemer. Ansetzen dann wie bei den Bicuspidaten, Luxation langsam und stetig nach aussen, bis der Zahn nach-giebt und dann Entfernen desselben nach oben und etwas nach hinten. Stellung des Operateurs in diesen Fällen wie für die Bicuspidaten; bei Verwendung der »Flächenzange« wie in Fig. 40 dargestellt. Nach erfolgtem Anlegen verlässt die linke Hand zweckmässig ihren Platz und fixirt den Unterkiefer durch Umgreifen. Für die Molaren der rechten Seite steht der Operateur rechts vor dem Patienten und legt die Zange an, während die linke Hand den Unterkiefer umgreift.

Recht schwierig ist fast stets die Extraction des zweiten Molarzahnes. Seine Krone ist stets nach innen (lingualwärts) geneigt, seine äussere Alveolarlamelle ist ziemlich dick, drittens ist er häufig zwischen dem ersten und dritten Molarzahn dicht eingekeilt und schliesslich besitzt er zuweilen ziemlich dicke und recht lange, breite, senkrechte Wurzeln. Nachdem der Zahn so tief als möglich gefasst ist, wird er zuerst durch
Fig. 40: Stellung bei Verwendung der Flächenzange.
Fig. 40: Stellung bei Verwendung der Flächenzange.

eine Neigung nach innen gelockert und dann nach oben und aussen in einer Bogenlinie herausgenommen, unter steter Rücksichtnahme auf die mitunter sehr langen oder distalwärts gekrümmten Wurzeln. Wenn der Zahn jedoch stark eingekeilt ist, so wird er meist zuerst mit dem Schlüssel gelockert und dann mit der Zange entfernt.

Der dritte Molaris (Weisheitszahn) ist fast stets im Kieferwinkel gelagert und seine beiden Wurzeln sind entweder zusammengewachsen oder stark distalwärts gekrümmt mit wieder nach oben verlaufenden Spitzen. Es gelingt nur selten, diese Zähne mit der gewöhnlichen Zange ordentlich zu fassen und sie dann ohne Abbrechen der Wurzeln herauszunehmen, weshalb eine Menge der verschiedenartigsten Zangen zu diesem Behufe erfunden worden sind. Doch sind diese sämmtlich für den unnöthig, der sich gehörig auf den Gebrauch des Hebels eingeübt hat.


Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Text auf dieser Seite um einen Auszug aus einem über hundert Jahre alten Fachbuch der Medizin handelt.
So entsprechen vor allem die genannten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nicht dem aktuellen Stand der Medizin, die Anwendung kann nicht nur die Diagnose einer Erkrankung verzögern, sondern auch direkt den Körper schädigen.

Hinweis: Der Text auf dieser Seite entstammt einem über einhundert Jahre alten Fachbuch. Daher entsprechen die gemachten Angaben nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Verwenden Sie niemals die angegebenen Rezepturen und Heilmethoden, da sie gesundheitsgefährdend seien können.