Zahnkaries

Heilkundelexikon

Zahnkaries

Die Caries der Zähne ist nicht wie die Caries der Knochen ein entzündlicher Vorgang. Sie geht auch nicht von den Weich-theilen aus, sondern beginnt in den Hartgebilden und schreitet gegen die vascularisirte und innervirte Pulpa fort.

MILLES und UNDERWOOD1) erklärten die Vorgänge bei der Zahncaries in folgender Weise: Die Zahnbeinfibrillen dienen den Mikroorganismen zur Nahrung. Sie vermehren sich und bilden ihre charakteristischen Säuren, welche dann die Grundsubstanz entkalken und die ganze Masse verfärben. WEIL2) sagt: »Die Caries beginnt von aussen, muss sich also zuerst ihren Weg durch das Schmelzoberhäutchen bahnen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Pilze (Leptothrix buccalis) sich direct durch dasselbe hindurchbohren. Die Pilze drängen die Schmelzprismen auseinander und zerklüften dieselben. Vom Schmelze nun dringen sie in die Canälchen des Zahnbeins ein, welche sie oft um das Dreifache erweitern, während sie die Kalksalze ausziehen.« ARKÖVY8) schreibt: »Die Zahncaries ist eine auf chemischem Wege herbeigeführte Continuitätsstörung der harten Zahnsubstanzen, verbunden mit Invasion von nosogenen Pilzen.« BLACK4), SUDDUTH5), ALLAN6), MILLER7), MUMMERY8), METNITZ9), WELLAUER]°) u. a. erklären die Zahncaiies für einen chemisch-parasitären Process. Die von Caries ergriffene Schmelzpartie erscheint als ein weisser Fleck. Der Schmelz zerfällt zu einem weissen Pulver. Der cariöse Schmelz kann auch in eine grobkörnige braune Masse umgewandelt sein. Je lichter der Fleck, desto tiefer geht die Zersetzung und desto schneller ist der Verlauf. Je dunkler die Farbe, desto beschränkter und umschriebener ist die verfärbte Partie des Schmelzes und desto langsamer der Verlauf. Das cariöse Zahnbein ist verfärbt und weich wie Knorpel. Die Canälchen sind erweitert und mit Pilzen vollgepfropft (Fig. 19, 20). Im vorgerückteren Stadium beobachten wir bedeutende Cavernen im Dentin, welche von zerfallenem Zahnbein und Mikroorganismen erfüllt sind. Die Canälchen des Zahnbeins werden erweitert durch die Vermehrung der Mikroorganismen, mit der Zeit fliessen die Lücken zusammen, das Zahnbein wird porös, so dass es zerfällt. Je nach der Schnelligkeit des Fort-schreitens der Caries unterscheidet man zwei Formen derselben, eine acute und eine chronische. Die acute Form wird auch weiche Caries, Caries acuta seu humida, genannt. Sie zeichnet sich durch rasches Fortschreiten
der Erweichung aus. Das Zahnbein wird knorpelartig weich, so dass man es mit dem Excavator herausschneiden kann. Die Erweichung reicht sehr tief. Die Farbe des Zahnbeins ist verhältnissmässig licht. Die chronische Form bezeichnet man auch als trockene Caries, Caries chronica seu sie ca. Der Process schreitet sehr langsam fort, bleibt oft ganz stationär. Das Zahnbein ist verhältnissmässig wenig erweicht, die Farbe desselben dunkelbraun, oft sogar schwarzbraun. Bei »ausgeheilter Caries« sind Schmelz und Zahnbein dunkelbraun.

Schnitt von cariösem Zahnbein. 
<br />Die Zahnbeincanälchen erweitert und mit Bakterien vollgepropft. Durch das Zusammenfliessen der erweiterten Dentincanälchen entstehen Cavernen. In der Mitte und links normale Zahnbeincanälchen. Vergr. 400.
Schnitt von cariösem Zahnbein.
Die Zahnbeincanälchen erweitert und mit Bakterien vollgepropft. Durch das Zusammenfliessen der erweiterten Dentincanälchen entstehen Cavernen. In der Mitte und links normale Zahnbeincanälchen. Vergr. 400.

Zahnbeincanälchen mit Bakterien erfüllt. 
<br />Die Cavernen zusammenfliessend. Vergrößerung 400
Zahnbeincanälchen mit Bakterien erfüllt.
Die Cavernen zusammenfliessend. Vergrößerung 400


Die Therapie der Zahncaries besteht in der Eliminirung der erkrankten Partie, Desinficirung der Cavität und Deckung des Substanzverlustes durch ein geeignetes Füllmaterial.

Literatur:
1) MILLES U. UNDERWOOD, Transact. intern, med. Congr. 1881.
2) AD. WEIL, »Die Pilze der Zahnkrankheitent aus »Zur Aetiologie der Infectionskrankheitenc.. (Vorträge, gehalten im ärztl. Verein zu München. 1881, Finsterlin.)
3) ARKÖVY, Diagnostik der Zahnkrankheiten.
4) BLACK, Dental Caries. American System of Dentistry. 1886, I. 4
5) SUDDÜTH, Dental Cosmos. Mai 1887.
6) GEO ALLAN, lndep. Pract. October 1888.
7) W. D. MILLER, Die Mikroorganismen der Mundhöhle. 1889.
8) MDMMERY, Verhandl. d. X. intern, med. Congr. V, 14.
9) METNITZ, Lehrb. d. Zalmheilk. 1890.
10) WELLAUER in SCHEPP'S Handb. d. Zahnheilk. 1891, 10. Lief. .

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