Yaws

Heilkundelexikon

Yaws

Yaws - Literatur

Yaws. Synonyma: Pian (Erdbeere) bei den Eingeborenen auf den Antillen; Bübas auf den Antillen und in Brasilien; Luponi, Tonoauf den Samoainseln; Tona auf den Tongainseln; Coco, Dthoka auf den Fijiinseln; Tonga in Neu-Calodonien und auf den Loyaltyinseln; Rucks auf Jaluit; Patek in Niederländisch-Indien; Bouton d'Amboine auf den Molukken; Bobento auf Ternate; Puru auf Borneo und der Malayischen Halbinsel; Parangi auf Ceylon; Kwe-na in Oberbirma; Yang-mey-tcheang in China; Gattoo an einzelnen Punkten der Westküste von Afrika; Framosi in Calabar; Aboukoue in Gabun; Tetia an der Congo-küste; Momba in Angola; Dube oder Dubea bei den Panti, Ajortor bei den Ar cca, Tongara bei den Hausa der Goldküste; Framboesia (Saitvages); Polypapilloma tropica (Charlouis). ? Der als Spitzmarke gewählte Name, bekannter als die übrigen, stammt von den westafrikanischen Negern, in deren Sprache das Wort Yaws Erdbeere bedeutet.

Man versteht unter diesen Bezeichnungen eine in den Tropen endemisch vorkommende, contagiöse, chronische allgemeine Infectionskrankheit, welche durch das Auftreten von himbeerähnlichen Papeln auf der Haut charakterisirt ist.

Die Krankheit ist schon seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts bekannt: 1525 brachte Oviedo von der Insel St. Domingo die erste Kunde von derselben nach Europa. Es folgten dann Berichte aus Brasilien von Piso (1648), aus dem Malayischen Archipel von Bontius (1718) und aus Westindien von Pater Labas (1722), und später wurden durch Aerzte und Reisende die Kenntnisse von der Krankheit und ihrer geographischen Verbreitung immer mehr erweitert.

Die letztere beschränkt sich auf die Tropen, ist hier aber eine grosse. Das hauptsächlichste Verbreitungsgebiet der Yaws bilden die afrikanische Westküste von Senegambien bei Angola, der westliche Sudan (Timbuktu, Bornu), Algier, das Stromgebiet des Nil, Mozambique, Südafrika (Kimberley) und von den zu Afrika gehörigen Inseln die Komoren, Madagaskar und Mauritius, in Asien die Malabarküste, die Coromandelküste (Pondicherry), Assam, Ceylon, Oberbirma, Siam, die Maiayische Halbinsel, der Malayische Archipel, besonders die Molukken, und China, ferner von Polynesien die Salomoninseln, Neu-Caledonien, die Loyalty-, Fiji-, Tonga-, Samoainseln und Jaluit (Marschallinseln), endlich in Amerika die Antillen, Brasilien, Venezuela, Guyana und Costarica.

Die Yaws sind ansteckend, und das Contagium ist, wie durch an Menschen vorgenommene Impfversuche bewiesen worden ist, im Secrete und Blute der Papeln der Kranken enthalten. Von verschiedenen
Seiten sind in denselben Mikroorganismen, Bacillen sowohl als Kokken, aufgefunden worden; bei den von einander abweichenden Befunden erscheint es aber fraglich, ob sich darunter der wirkliche Erreger der Krankheit befindet. Die neuesten Untersuchungen rühren von Majocchi und Bosellini her, welche einen 0, 5?2µ langen und 0, 03µ breiten, geraden oder ein wenig gekrümmten Bacillus fanden. Sie konnten diesen auch züchten und mit Reinculturen desselben beim Meerschweinchen und Menschen yawsähn-liche Erscheinungen erzeugen.

Die Aufnahme des Krankheitserregers erfolgt durch Verletzungen der Epidermisdecke, oberflächliche
Wunden, Fuss- oder Beingeschwüre, Rhagaden der Hände, der Brustwarzen säugender Frauen, der Mundwinkel von Kindern, scrophulöse Ekzeme u. s. w. Auch kann durch Fliegen und andere Insecten, sowie durch Kleider, Matten, Boden und Wände schmutziger, inficirter Hütten u. dergl. die Uebertragung vermittelt werden. Eine abweichende Ansicht hat neuerdings Dubrey ausgesprochen, indem dieser die Krankheit auf den übermässigen Genuss der Mangofrucht zurückführt. Zur Stütze derselben führt er an, dass auf den Grenadinen, wo es sehr wenig Mangobäume giebt, die Yaws praktisch fast unbekannt sind, während auf den anderen westindischen Inseln beide häufig vorkommen.

Die Incubationsdauer soll bei natürlich acquirirter Krankheit zwischen zwei Wochen und zwei Monaten schwanken. Nach Impfungen beträgt dieselbe 12?20 Tage.

Ueberstehen der Krankheit verleiht gewöhnlich für längere Zeit oder sogar für immer Schutz vor neuer Erkrankung. Erblichkeit scheint nicht zu bestehen; angeboren kommen die Yaws nicht vor.

Kein Alter und kein Geschlecht wird von denselben verschont, mit Vorliebe erkrankt aber das Kindesalter.
Schwarze und Farbige werden häufiger ergriffen als Weisse und Mischlinge, was wahrscheinlich seine Erklärung in der grösseren Hautpflege, deren sich letztere befleissigen, findet, indem durch Unreinlichkeit die Ansteckung begünstigt wird.

Hutchinson hält die Yaws für nichts anderes als durch Rasse und Klima veränderte Syphilis, steht aber mit seiner Ansicht allein da. Gegen diese spricht, wenn auch einzelne Formen der Yaws grosse Aehnlichkeit mit Syphilis haben, vor allem die durch die klinische Beobachtung sowohl als auch durch das Impfexperiment bewiesene Thatsache, dass beide Krankheiten bei einem und demselben Individuum vorkommen können: Syphilitische sind in allen Stadien mit Yaws inficirbar und umgekehrt.

Dem Ausbruche der Krankheit gehen mitunter einige Tage Prodromal-erscheinungen, unbestimmte Symptome, wie sie auch andere Infections-krankheiten einzuleiten pflegen, wie allgemeine Mattigkeit, Fieber, Kopfschmerzen, unruhiger Schlaf, Delirien, Gliederschmerzen, gastrische Störungen, Verstopfung, Schwindel, Herzklopfen, voraus. In den meisten Fällen beginnt die Krankheit ohne Vorboten. An der Inoculationsstelle bildet sich eine Papel, welche nach etwa einer Woche zu nässen anfängt und nach einer weiteren Woche sich in ein Geschwür verwandelt, das mit einer unbedeutenden, oberflächlichen Narbe heilt. Dieser Primäraffect entzieht sich nicht selten der Beobachtung. Derselbe kann aber auch, wie PAULET'S Impfversuche gelehrt haben, ausbleiben. In noch anderen Fällen gleicht er den Efflorescenzen der secundären Eruption. Diese folgt dem Primäraffecte bald unmittelbar, bald nach kürzerer oder längerer Zeit, bisweilen, wenn letzterer schon abgeheilt ist.

Die secundäre Eruption, welche sich mehr oder weniger über den Körper verbreitet, besteht aus runden oder ovalen Papeln, welche anfangs stecknadelkopfgross sind und durch allmähliches Wachsthum die Grosse einer Erbse bis kleinen Nuss erreichen. Durch Confluenz benachbarter Efflorescenzen können sie noch grösser, apfelgross und darüber, werden und manchmal sogar grosse Flächen, wie eine ganze Wange, eine Kniekehle, einen Fuss-rücken, bedecken. Dabei wird die Epidermis immer dünner und schliesslich durchbrochen oder abgestossen, und es kommt eine glänzend rothe, verrukös zerklüftete Oberfläche zum Vorschein, die in ihrem Aussehen an eine Himbeere erinnert (daher der Name Framboesie) und eine weisslich-gelbe, seropurulente, zu gelblichen oder durch Beimischung von Blut und Schmutz schwärzlich gefärbten Krusten eintrocknende Flüssigkeit absondert. Entfernt man die Borken, so bilden sich immer neue; bleiben dieselben dagegen haften, so entstehen allmählich dicke, konische, rupiaartige Krusten. An Stellen, an welchen die Papeln einem Drucke ausgesetzt sind, wie an den Oberschenkeln, in den Achselhöhlen, werden sie abgeplattet und bekommen Aehnlichkeit mit syphilitischen Condylomen. Die Papeln verursachen gewöhnlich Jucken, nur ausnahmsweise Schmerzen. Letzteres ist der Fall, wenn sie ihren Sitz an den Handflächen und Fussohlen, wo durch die dicke, harte Epidermis der Durchbruch der Eruptionen gehindert wird ? man bezeichnet diese Localisation gewöhnlich als Crab yaws ? oder unter den Nägeln der Finger und Zehen haben. Die Lieblingsstellen des Exanthems sind das Gesicht, namentlich die Umgebung des Mundes, der Nase und der Augen, ferner der Nacken und die Extremitäten. An den Nagelrändern der Finger und Zehen erzeugen die Yaws ähnliche Paronychien wie die Syphilis.

Ausser der Haut können auch die schleimhautbedeckten Ori-ficien, wie die Nase, die Lippen, die Vulva, befallen werden. Andere Schleimhäute, wie die Conjunctiva, die Mundhöhle, der Kehlkopf, die Luftröhre, sind dagegen nur ausnahmsweise der Sitz von Papeln.

Die Zahl der Papeln kann eine sehr verschiedene sein. Manchmal sind nur einzelne vorhanden, welche von den Engländern Mother-yaws, von den Franzosen Maman-pian genannt werden, Bezeichnungen, die man aber auch dem Primäraffecte beilegt.

Die erste Eruption ist nicht selten von einem oder mehreren Nachschüben gefolgt, denen wie ersterer Fieber und Gliederschmerzen vorausgehen können. Sowohl während der Nachschübe als in den Intervallen gelingt nach GEWAND noch die Inoculation der Krankheit; nach Heilung der letzteren ist dies jedoch nicht mehr der Fall.

Manchmal kommt es in den regionären Lymphdrüsen zu Entzündungen, welche zur Vereiterung und zum Aufbruche derselben führen können. Im weiteren Verlaufe der Krankheit werden die Papeln allmählich blässer und trocknen zu harten Borken ein, welche schliesslich abgestossen werden. Bisweilen bleiben an deren Stelle für Jahre bei Schwarzen heller, bei Weissen meist dunkler gefärbte, leicht verdickte Flecke, bei normaler Heilung aber niemals wirkliche Narben zurück.

Manchmal, namentlich bei Kranken, welche mit Scrophulose, Syphilis, Scorbut oder einem anderen constitutionellen Leiden behaftet sind, entwickeln sich aus den Papeln grosse, unregelmässige Geschwüre. Diese können in die Tiefe greifen und zu Caries, Gangrän, Verlust von Zehen führen. Kommen dieselben zur Heilung, so bleiben unregelmässige, strahlige Narben zurück, welche, wenn sie sich in der Nähe von Gelenken befinden, Veranlassung zu Contracturen und Gelenksteifigkeiten geben können.

Bisweilen werden im weiteren Verlaufe der Krankheit, namentlich wenn dieser ein sehr langsamer ist, Periostitiden, Knochencaries, fibrinöse Gelenkentzündungen und serofibrinöse Tendovaginitiden beobachtet. Es ist aber fraglich, ob diese Symptome zum Krankheitsbilde der Yaws gehören, oder ob es sich in diesen Fällen um eine Complication mit Syphilis handelt. GEWAND giebt an, dass die genannten Erscheinungen bei den Yaws-kranken nach Einführung der Jodkaliumbehandlung nicht mehr zur Beobachtung kamen.

Bei den meisten Patienten besteht keine wesentliche Störung des Allgemeinbefindens, abgesehen von den unbestimmten Symptomen, welche den Ausbruch der Krankheit einleiten, und in der Regel geht diese in Genesung aus. Nur bei kleinen Kindern und bei Kranken, bei denen sich Geschwüre gebildet haben, kommt es mitunter zum tödlichen Ausgange. Bei letzteren ist dies aber weniger den Yaws als dem gewöhnlich gleichzeitig bestehenden schweren constitutionellen Leiden zuzuschreiben. In anderen, seltenen Fällen wird der Tod durch das Hinzutreten von Pyämie, Septikämie oder Phage-dänismus herbeigeführt.

Manchmal bestehen längere Zeit, nachdem alle anderen Krankheitserscheinungen verschwunden sind, einzelne Papeln fort, welche man als Membra yaws (membra = Negerabkürzung von remember) zu bezeichnen pflegt.

Die Dauer der Krankheit kann zwischen einigen Wochen und mehreren Jahren schwanken. Dieselbe hängt ab von der Behandlung sowie den Nahrungs- und sonstigen hygienischen Verhältnissen, unter denen sich die Kranken befinden.

Was die pathologische Anatomie der Yaws betrifft, so handelt es sich bei diesen um eine chronische Dermatitis, die von der Papillar-schicht ausgeht und zur Geschwulstbildung führt. Nach UNNA findet man die Epidermis stark verdickt und in diese hie und da Wanderzellen und fibrinöse Gerinnsel eingelagert. Die Papilien sind auf das 10?20fache verlängert und die Blutgefässe in denselben sehr erweitert. Letzteres ist auch an der stark verdickten Cutis der Fall. Diese enthält ebenso wie der Papillarkörper ein solides Zelleninfiltrat, welches in der Hauptsache aus schönen, grossen Plasmazellen besteht* und sich vorzugsweise in der Umgebung der stark erweiterten Venen findet. Haare und Haarfollikel verhalten sich normal, während die Knäueldrüsen meist erweitert und ihre Epithelien etwas vergrössert sind. Die Himbeerform der Papel entsteht dadurch, dass nach Abhebung der Hornschicht der stark vergrösserte und von einem dünnen üeberzuge der suprapapillären Stachelschicht bedeckte Papillarkörper zutage tritt. Die Therapie der Yaws erfordert vor allem Reinlichkeit: man lässt am besten die Kranken täglich ein warmes Seifenbad nehmen. Dieselben müssen sich ferner warm halten und eine leicht verdauliche, aber kräftigende Nahrung erhalten.

Von Arzneimitteln werden namentlich Jodkalium und Arsenik empfohlen. Bei schwachen und anämischen Patienten ist der Gebrauch von Roborantien angezeigt.

Oertlich werden
Waschungen mit Antisepticis (Sublimat, Carbolsäure), Betupfen mit verflüssigter Carbolsäure, dem Kupfersulfatstifte, dem Höllensteinstifte, Bepinseln mit Jodtinctur angewandt. Lange bestehende Efflorescenzen entfernt man mit dem scharfen Löffel. MENSE fand Bismuthum subnitricum, mit Wasser zu einem festen Brei angerührt, am wirksamsten. Bei Crab yaws ist vor Application der genannten Mittel die verdickte, harte Epidermis durch warmes Wasser oder Breiumschläge zu erweichen und dann wegzuschneiden.

Geschwüre sind antiseptisch zu verbinden. Um eine Weiterverbreitung der Krankheit zu verhüten, müssen die Kranken isolirt und ihre Wohnungen, Kleider und sonstigen Besitzstücke desinficirt werden.

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