Xanthinstoffe: Xanthin

Heilkundelexikon

Xanthinstoffe: Xanthin


Das Xanthin, 1819 zuerst in einem Blasenstein gefunden (vergl. Con-cremente), ist später in kleinen Mengen im Harn (etwa in 300 Litern zu nur 1 Grm.) und in vielen Drüsen: Leber, Milz, Pankreas, ferner im Muskelfleisch, Gehirn, Thymus, Hoden, theils allein, theils mit anderen Stoffen dieser Gruppe nachgewiesen worden.

Darstellung. Da die Isolirung des Xanthins aus Harn (s. später) wie aus Muskelfleisch sehr umständlich ist, so geht man nach Strecker besser vom Guanin aus. Die Umwandlung erfolgt nach Fischer fast quantitativ, wenn man 1 Th. Guanin in 2 Th. reiner Schwefelsäure und 15 Th.
Wasser kochend löst und nach Abkühlung auf etwa 70° allmählich etwa 4/s Th. in Wasser gelöstes Natriumnitrit langsam unter starkem Umschütteln zusetzt: C5 H4 N4 0. NH + H N02 = C5 H4 N4 02 + N2 + H2 0 Guanin salpetrige Säure Xanthin Stickstoff Wasser Nach etwa 2stündig: em Stehen bei Zimmertemperatur filtrirt man das krystallinisch ausgeschiedene Xanthin ab. Nach Schindler geht auch bei der Fäulniss Guanin in Xanthin über. Gautier hat auf synthetischem Wege durch Erhitzen von Blausäure und Essigsäure im zugeschmolzenen Rohre auf 150° ein Gemisch von Xanthin und Methylxanthin erhalten.

Eigenschaften. Das reine Xanthin bildet ein farbloses Pulver oder harte weisse Stücke, welche beim Reiben Wachsglanz annehmen, kann sich aber auch nach Horbaczewski in glänzenden Krystalldrusen ausscheiden. In kaltem Wasser löst es sich nach Almün etwa wie 1: 14. 000, in kochendem Wasser wie 1: 1300, in Alkohol oder Aether ist es unlöslich. In Lösungen von Aetz- umd kohlensaurem Alkali, auch in Ammoniak (Unterschied von Harnsäure, die in Ammoniak unlöslich ist, während Guanin sich nur sehr: schwer darin löst) löst es sich leicht, beim Verdunsten der ammoniakalischen Lösung scheidet es sich in Krystallblättchen aus; in Säuren löst sich das Xanthin leicht und wird aus der Lösung auch durch Wasserzusatz nicht ausgefällt. Die concentrirte Lösung von Xanthin in Ammoniak wird durch ammoniakalische Lösung von salpetersaurem Silber gallertig flockig gefällt als Xanthinsilberoxyd, C5H4N402, Ag2 0; letzteres löst sich in heisser Salpetersäure und scheidet beim Erkalten nur sehr langsam das salpetersaure Xanthinsilberoxyd, C5H4N402, AgN03, aus (Unterschied von Hypo-xanthin und Guanin, deren salpetersaure Silberverbindungen durch ihre Schwerlöslichkeit ausgezeichnet sind, daher sie beim Erkalten sofort ausfallen). Die ammoniakalische Lösung des Xanthin wird durch Zink- (Chlorzink), Kalk- (Chlorcalcium) und Bleisalze (Bleizucker) schon in der Kälte gefällt, durch Quecksilberchlorid (Sublimat) selbst in stärkster Verdünnung (1: 30. 000), ebenso durch Phosphorwolfram- und Phosphormolybdänsäure, durch Kupfersalze (essigsaures Kupferoxyd) erst beim Kochen in Form gelbgrüner Flocken ausgeschieden. Dagegen wird es aus salzsaurer Lösung durch Pikrinsäure nicht gefällt (Unterschied von Guanin). Wird nach Fischer Xanthinblei, C6 H2 Pb N4 02 mit Jodmethyl bei 100° digerirt, so erhält man Theobromin, das Alkaloid des Cacao; mit dem Theobromin ist das von Kossel im Theeextract gefundene Theophyllin C7 H8 N4 02 (+ H2 0) isomer. Die SiberVerbindung des Theobromin und Theophyllin, mit Jodmethyl behandelt, geben C off ein, das Alkaloid des Kaffees und Thees. Darnach ist Theobromin und Theophyllin, C7 H8 N4 02 = Dimethylxanthin, C5 H2 (CEy, NA 0, Coffein, C8 H10 N4 02 = Trimethylxanthin, C5 H (CH3) 3 N4 02. Mit Salzsäure und chromsaurem Kali auf 60° C. erwärmt, giebt Xanthin (ebenso Theobromin, Theophyllin und Coffein) neben Harnstoff noch Alloxan (Unterschied von Guanin, das Guanidin, Parabansäure und Kohlensäure liefert). Mit starker Salpetersäure vorsichtig zur Trockne abgedampt, giebt eine Probe Xanthin einen citronengelben Ruckstand, der durch Zusatz von Natronlauge intensiv roth gefärbt wird und auch beim Erhitzen ziemlich beständig ist, »Xanthinreaction« (Unterschied von Harnsäure, die, ebenso behandelt, durch Natronlauge blau, durch Ammoniak roth wird; beide Färbungen verschwinden beim Erwärmen). Trägt man nach Hoppe- Seyler in einem Uhrglase zu Natronlauge etwas Chlorkalk ein, rührt um und giebt dann ein Körnchen Xanthin hinzu, so bildet sich um letzteres ein dunkelgrüner, bald braun werdender Ring, der binnen Kurzem verschwindet.

Kocht man eine auf Xanthin zu prüfende Flüssigkeit im Reagensgläschen mit Chlorwasser oder mit Salzsäure und ein wenig Kaliumchlorat, verdampft dann vorsichtig die Flüssigkeit und befeuchtet den Trockenrückstand mit Ammoniak, so färbt er sich bei Gegenwart von Xanthin roth oder purpurviolett (Weidel's Reaction, von E. Fischer modificirt).

Bezüglich des Nachweises und der Trennung des Xanthins von den anderen Xanthinstoffen im Harn und in den Geweben s. später. Zur Aufsuchung des Xanthins in Harnsteinen dient die Löslichkeit in Aetzammoniak, die Xanthinreaction, Hoppe-Seyler's und Weidel's Probe, eventuell die Fällbarkeit durch salpetersaures Silber in ammoniakalischer Lösung und die allmähliche Löslichkeit dieses Niederschlages in heisser Salpetersäure.


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