Xanthinstoffe: Hypoxanthin

Heilkundelexikon

Xanthinstoffe: Hypoxanthin


Hypoxanthin (auch Sarkin, von das Fleisch, genannt) kommt in geringer Menge ebenfalls im Fleisch, in Drüsen (Milz, Leber), im Knochenmark meist neben Xanthin vor. Auch im leukämischen und im Leichenblut ist es gefunden worden, während das normale Aderlassblut nach G. Salomon davon frei ist. E. Salkowski fand, und Salomon bestätigte es, im normalen Menschenharn einen dem Hypoxanthin ausserordentlich nahe stehenden Körper; Salomon zeigte dann, dass es sich um wirkliches Hypoxanthin handelt dem ähnliche Stoffe, Paraxanthin und Heteroxanthin (s. diese) beigemischt sind. Salomon fand auch Hypoxanthin als regelmässiges Product der Magen- und Pankreasverdauung von Fibrin. Wie indes Kossel gezeigt hat, ist das Hypoxanthin hier nicht das Digestionsproduct des Fibrins, vielmehr ein Spaltproduct des dem Fibrin stets mehr oder weniger reichlich beigemengten, den Kernen der farblosen Blutzellen entstammenden Nucleins. Dem entsprechend konnte aus jedem nucleinhaltigen Material: Nuclein der Hefezellen, Eiterzellen, kernhaltigen rothen Vogelblutkörperchen, Leber, Milz, Muskel, Nieren (das Eidotter- und Milchnuclein ausgenommen) von Kossel schon durch Kochen mit Wasser, reichlicher durch Kochen mit verdünnten Säuren Hypoxanthin dargestellt werden. Auch aus pflanzlichen Geweben, besonders aus Samen, lässt sich auf die gleiche Weise Hypoxanthin gewinnen. Das Hypoxanthin bildet farblose mikroskopische Nadeln, löst sich in etwa 300 Th. kalten, in 80 Th. siedenden Wassers (Unterschied von dem viel schwerer löslichen Xanthin), fast gar nicht in Alkohol und Aether. Leicht löslich wie das Xanthin ist es in Alkalilaugen und Ammoniak, sowie in verdünnten Mineralsäuren. Es verbindet sich mit Basen, Säuren und Salzen. Die durch ammoniakalische Silberlösung bewirkte flockige Fällung von Hypo-xanthinsilber, CO H4 N4 0, Ag2 0 (die durch Trocknen bei 120° C. die con-stante Zusammensetzung 2 [Cö H2 Ag2 N4 0] H2 0 erlangt und sich so zur quantitativen Bestimmung des Hypoxanthins eignet) ist analog der Xanthin-verbindung, löst sich wie diese in heisser starker Salpetersäure, um indes beim Erkalten sofort krystallinisch (Krystallschuppen) auszufallen (die entsprechende Verbindung des Xanthin scheidet sich beim Erkalten nur sehr langsam aus). Die Ausfällung ammoniakalischer Hypoxanthinlösungen durch Silbernitrat wird nach Salkowski durch gleichzeitige Anwesenheit von Leim, Pepton, Eiweissstoffen u. a. verhindert. Ebensowenig wie Xanthin wird es aus salzsaurer Lösung durch Pikrinsäure gefällt (Unterschied von Guanin). Im Gegensatz zum Xanthin wird reines Sarkin durch Bleisalze nicht gefällt, giebt ferner die »Xanthinreaction« beim Abdampfen mit reiner Salpetersäure nicht, sondern nur mit rauchender Salpetersäure (Salkowski); der gelbe Rückstand löst sich in Alkalilauge mit braungelber Farbe. Mit« Kali bei 200° geschmolzen, liefert das Sarkin nach Kossel reichlich Cyankali.

Hypoxanthin giebt mit Chlorwasser die Weidel'sche Reaction nicht (vergl. Xanthin), durch nascirenden Wasserstoff (Einwirkung von Zink und Salzsäure) wird eine Hypoxanthinlösung roth gefärbt (E. Fischer). Darstellung. Zur Darstellung von Hypoxanthin wird Liebig's Fleisch-extract oder ein enteiweisster wässeriger Fleischauszug vorsichtig mit Bleiessig gefällt, so lange Niederschlag entsteht, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff entbleit, nach Entfernung des Schwefelbleis auf ein kleines Volumen eingedampft und mit ammoniakalischer Silberlösung gefällt. Der abfiltrirte und mit Wasser gewaschene Niederschlag wird in siedender verdünnter Salpetersäure gelöst, heiss filtrirt; beim Erkalten krystallisirt salpetersaures Hypoxanthinsilber aus. Durch Behandlung mit Ammoniak wird ihm die Salpetersäure entzogen, die Silberverbindung durch Schwefelwasserstoff zersetzt; das Filtrat vom Schwefelsilber, zur Krystallisation eingedampft, giebt reines Sarkin. Sehr einfach ist die Darstellung, wenn man nach WeidelCarnin (s. dieses) in heisser wässeriger Lösung mit Bromwasser behandelt; es entsteht dabei bromwasserstoffsaures Hypoxanthin neben Brommethyl und Kohlensäure. Aus dem Silberniederschlage von 500 Litern Harn konnte Salomon das Sarkin als normalen Harnbestandtheil nachweisen. Der Silberniederschlag wurde durch Schwefelwasserstoff zersetzt, aus dem Filtrat vom Schwefelsilber durch starkes Einengen die Harnsäure fast vollständig entfernt, die Lösung abermals mit ammoniakalischem Silber gefällt und der Niederschlag mehrmals aus heisser Salpetersäure umkrystallisirt. Der so resultirende Körper stimmte nach Elementarzusammensetzung und Eigenschaften völlig mit Sarkin überein. Bei diesen Darstellungen im Grossen ist es weiter G. Salomon gelungen, zwei neue, zur Xanthingruppe gehörige Stoffe zu isoliren: Para- und Heteroxanthin; das Paraxanthin hat unabhängig davon auch Thüdichum im Harn entdeckt. Paraxanthin, C7 H8 N4 02, krystallisirt in farblosen, glasglänzenden Tafeln oder langen Nadeln; schmilzt erst über 250° unzersetzt. In kaltem "Wasser ist es schwer, aber leichter löslich als Xanthin, viel leichter in lieissem Wasser, nicht in Alkohol oder Aether. Salpetersaure und ammonia-kalische Lösungen werden durch Silbernitrat flockig oder gelatinös gefällt; aus heisser Salpetersäure krystallisirt die salpetersaure Silberverbindung in weissen seidenglänzenden Büscheln. Aus der salzsauren Lösung wird es durch Pikrinsäure krystallinisch gefällt; auch durch Phosphorwolframsäure, essigsaures Kupfer, Bleiessig und Ammoniak, nicht aber durch vorsichtigen Zusatz von Sublimat oder salpetersaurem Quecksilberoxyd (Unterschied von Xanthin und Hypoxanthin); erst bei einem Ueherschuss von Sublimat fällt Paraxanthinquecksilberchlorid in Krystallen aus. Die »Xanthinreaction« mit Salpetersäure und Natronlauge giebt es ebenso wenig wie das Hypoxanthin; die Weidel'sche Reaction giebt es sehr schön. Lässt man einen Tropfen starker Natronlauge in eine Paraxanthinlösung einfliessen, so scheidet sich fast sofort Paraxanthinnatron krystallinisch aus; diese Reaction ist geradezu charakteristisch. Seiner Constitution nach ist das Paraxanthin als Dimethylxanthin, C5 H2 (CH3) 2 N4 02, anzusehen, wie das Theobromin, unterscheidet sich aber in seinen sonstigen Eigenschaften deutlich von letzterem. Infolge Verbesserungen und Verschärfungen des Darstellungsverfahrens konnte Salomon den neuen Körper bereits aus 20 Litern Harn isoliren; die Darstellung beruht auf der Ausfäliung der Xanthinkörper als Silberverbindung und deren Behandlung mit heisser Salpetersäure; zur Abtrennung des Xanthins und Hypoxanthins ist die Ausfällung durch wenig Sublimat sehr geeignet.


Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Text auf dieser Seite um einen Auszug aus einem über hundert Jahre alten Fachbuch der Medizin handelt.
So entsprechen vor allem die genannten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen nicht dem aktuellen Stand der Medizin, die Anwendung kann nicht nur die Diagnose einer Erkrankung verzögern, sondern auch direkt den Körper schädigen.

Hinweis: Der Text auf dieser Seite entstammt einem über einhundert Jahre alten Fachbuch. Daher entsprechen die gemachten Angaben nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Verwenden Sie niemals die angegebenen Rezepturen und Heilmethoden, da sie gesundheitsgefährdend seien können.