Wein: Industrie

Heilkundelexikon

Wein: Industrie


Die Industrie beschleunigt die Flaschenreife, d. h. das durch die Nachgährung bedingte Fertigwerden des Weines, um diesen eher im Handel verwerthen zu können, durch verschiedene Verfahren des Klärens und Schönens. Ein solches ist beim Weisswein der Zusatz von Hausenblase, welche mit dem Gerbstoff eine unlösliche Verbindung eingeht, die beim Ausfallen auch andere suspendirte Stoffe des Weines mitreisst; für den gerbstoffreicheren Rothwein verwendet man zu gleichem Zwecke Blut, Milch, Gelatine. Auch Thonerde und Kaolin, in England und Spanien eine als Yesogris bezeichnete Erdart, ferner Filtriren bei Luftabschluss, dienen zu gleichem Zwecke. In neuerer Zeit wird zur Haltbarmachung von Export weinen das Pasteurisiren geübt, d. h. das Erwärmen des Weines auf 60 ?70 °C. zur vollkommenen Zerstörung etwaiger Keime, welche eine Nach gährung oder krankhafte Veränderung des Weines bewirken könnten. In Frankreich und in Italien wird zur Schönung des Weines das Gipsen, Plätrage, angewendet. Man versetzt schon den Most mit einer Portion Gips; dieser löst sich allmählich bei der Gährung, während die Hefestoffe des Weines niederfallen, und man erhält bald nach beendigter Weinlese klare schöne Weine. Möglich auch, dass der Gips wasserentziehend wirkt und dadurch den Wein alkoholreicher macht. Ueber die Zulässigkeit dieses Verfahrens, welches nunmehr auch in den übrigen Weinländern stellenweise geübt wird, in hygienischer Beziehung ist in jüngster Zeit viel verhandelt worden. Indem sich nämlich das Calciumsulfat mit dem Kaliumphosphat und -Tartrat zu unlöslichem Calciumphosphat und -Tartrat und zu löslichem Kaliumsulfat umsetzt, enthält der gegipste Wein fast gar keinen Weinstein mehr, dafür aber mehr minder grössere Mengen von Kaliumsulfat. Solche Weine werden weniger durch ihren Gehalt an Sulfaten minderwerthig als durch den Mangel an Weinsäure, weiche einen natürlichen, angenehm schmeckenden Bestandtheil des Weines darstellt. In manchen südfranzösischen Naturweinen beträgt der Weinstein (saures weinsaures Kali) bis zu 16 Grm. pro Liter, während der gegipste Wein dafür 7, 4 Grm. Kaliumbisulfat enthält. Das französische Kriegsdepartement, welches früher in den Militärspitälern solche Weine mit einem Maximum von 4 Grm. neutralen schwefelsauren Kali tolerirte, hat diese Zahl mit Verordnung von 16. Augast 1876 auf 2 Grm. herabgesetzt. In natürlichen Weinen beträgt der Gehalt an Schwefelsäure allerdings nur 0, 25 ?0, 5 Grm. pro Liter, entsprechend 0, 543 ?1, 009 Grm. neutralem schwefelsauren Kali.

Auch die Elektricität suchte man zur Erzeugung einer baldigen Flaschenreife zu verwerthen. Doch die Wirkung des direct in den Wein geleiteten Stromes hatte den gewünschten Erfolg nicht. In jüngster Zeit lässt Fräser die Elektricität nur indirect auf den Wein wirken; er stellt zu diesem Zwecke Fässer her, welche drei Meter lang sind und 5/4 Meter im Durchmesser haben, demnach mehr die Gestalt einer Röhre besitzen, und umzieht dieselben mit vielen Drahtwindungen, durch welche 10 Tage lang ununterbrochen ein starker elektrischer Strom geleitet wird. Nach Ablauf dieser Zeit hat der junge Wein dann all sein Eiweiss ausgeschieden, soll die Farbe und das Bouquet eines alten Weines erlangen und sich ausserdem durch grosse Haltbarkeit auszeichnen.


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