Wasser und Wasserversorgung: Wasserqualität

Heilkundelexikon

Wasser und Wasserversorgung: Wasserqualität


Dazu, dass ein Wasser hygienisch einwandfrei sei, gehört natürlich auch, dass es keine schädlichen chemischen Stoffe enthalte. Es kommt in dieser Beziehung namentlich das Blei in Frage, welches gelegentlich aus den für die Wasserzuleitung benutzten Bleiröhren in das Wasser aufgenommen wird. Solche Röhren werden bekanntlich für Hausleitungen ganz allgemein benutzt. Dieselben eignen sich vermöge der Biegsamkeit und gleich förmigen Beschaffenheit sehr gut und werden, wenn sie gefüllt in der Leitung bleiben, von dem Wasser gar nicht angegriffen. Bleiröhren, welche nach weisbar über 300 Jahre zur Wasserleitung gedient hatten, besassen einen kaum millimeter dicken Ueberzug der Innenseite, welcher hauptsächlich aus Bleiphosphat mit Chlorid bestand und sehr wenig kohlensaure alkalische Erden enthielt. Die gewöhnlichen Quellwasser enthalten letztere immer gelöst, und diese scheinen, vermöge der stärkeren Verwandtschaft, den Angriff des Bleies zu verhüten. Bei Versuchen Uffelmann's mit kalkführen dem Quellwasser wurden Bleiröhren selbst nach monatelanger Einwirkung nicht im mindesten angegriffen, wenn die Röhren mit Wasser angefüllt waren; sofort trat aber Blei in Lösung, wenn destillirtes Wasser, stets Kohlensäure und Sauerstoff haltend, genommen wurde oder die Röhren nicht völlig angefüllt waren, so dass Luft einwirken konnte. Auch anderweitige vielfache Versuche haben das gleiche Ergebniss geliefert, dass Bleiröhren ohne Bedenken zu geschlossenen und mit Druck versehenen Wasserleitungen verwendet werden können, dagegen unbedingt verworfen werden müssen bei Pumpbrunnen oder sonst der Luft Zutritt gebenden Einrichtungen. In diesem Falle sind schon wiederholt Bleivergiftungen erwiesen worden. Spätere Untersuchungen haben die genannten Ergebnisse der Üffelmann'schen Versuche bestätigt. Namentlich freie Kohlensäure im Wasser giebt zur Lösung von Blei Veranlassung. Was sonstige chemische Bestandtheile des Wassers, die gelegentlich schädlich wirken, angeht, so gehört hierher ein höherer Gehalt an Gips und an Magnesiasalzen; solches Wasser ruft bei vielen Personen Diarrhöen hervor. Auch ein höherer Gehalt an Salpeter gilt für schädlich. Viel wichtiger aber als die chemischen Bestandtheile des Wassers sind in dieser Beziehung organische Beimengungen. Es kommen hier zunächst eine Reihe von thierischen Parasiten in Frage, namentlich Eingeweidewürmer, ferner pflanzliche Parasiten, und unter ihnen namentlich gewisse Arten pathogener Bakterien. Man beurtheilt deshalb ein Wasser, respective eine bestimmte Wasserversorgung bezüglich der Frage der hygienischen Zulässigkeit im wesentlichen darnach, ob das Wasser frei ist von Infectionsstoffen, und vor allem auch, ob die ganze in Betracht kommende Anlage so beschaffen ist, dass sie vor der Möglichkeit des Dazutretens von Infectionsstoffen geschützt ist. Die Frage der chemischen Beschaffenheit des Wassers kommt hierbei erst ganz in zweiter Linie in Betracht. Was die verschiedenen für Wasserversorgungen in Frage kommenden Arten des Wassers angeht, so unterscheidet man 1. Grund-und Quellwasser, 2. Oberflächenwasser, 3. Meteorwasser. Grundwasser nennt man dasjenige Wasser, welches zunächst als Regen, Thau u. s. w. auf die Boden Oberfläche gelangte, den Boden nach der Tiefe zu durchsickerte und sich dann in der Tiefe des Bodens auf wasserundurchlässigen Schichten ansammelte. Das Grundwasser ist je nach der Lagerung dieser Schichten in geringerer oder stärkerer Bewegung, im Fliessen begriffen, und an geeigneten Stellen kann dann das Grundwasser als Quellwasser zutage treten. Selbstverständlich ist das Vorkommen von Quellen immer an bestehende Unterschiede der Höhen des Terrains ge bunden; wo solche fehlen, da kann das Grundwasser nicht spontan zutage treten, sondern muss, wenn man es haben will, künstlich gehoben werden (Brunnen). Je nach der chemischen Beschaffenheit des durchflossenen Terrains zeigt das Grund-, respective Quellwasser verschiedene chemische Eigenschaften.

Nach der Gebirgsformation treten beispielsweise folgende Verschiedenheiten in den gewöhnlich vorhandenen festen Bestandtheilen des Queilwassers auf. 100. 000 Th. Wasser enthalten nach Reichardt2):


AbdampfrückstandOrganische SubstanzSalpetersäureChlorSchwefelsäureKalkMagnesia
Granitformation I2,441,5700.330.390,970,25
" II.7,00,400,120,343,080,91
" III.21,00,470Spur1,034,482,10
Melaphyir16,01,9200,841,716,162,25
Basalt15,00,180Spur0,343,162,80
Thonsteinporphyr2,500,80000,340,560,18
Thonschiefer I.12,000,050,252,405,050,73
" II.6,01,7300,880,170,280,36
" III.7,01,70Spur0,200,500,560,18
" IV.18,02,10Spur1,081,04,41,08
Bunter Sandstein 12,5-25,01,38Spur-0,980,420,887,304,8
Desgl. bei Meiningen30,00,910,400,320,349,520,72
" " lludolstadt900,2600,7501,000,36
" " Gotha19,00,910,400,320,349,250,72
Muschelkalk (Quelle bei Jena)32,50,90,0210,371,3712,92,9
Dolomitischer Kalk (Mittelzahlen)41,80,530,23SpurSpur 3-414.06,5
Gipsquelle (bei Rudolstadt)236,5SpurSpur1,61110,8376,612,25


Je reicher ein Wasser an Kalk-und Magnesiasalzen (auch Eisen-und Thonerdeverbindungen spielen hier eine Rolle) ist, um so härter ist dasselbe.

Häufig wird die Härte nach dem Gehalt an Calciumoxyd, CaO, allein bezeichnet. Die »deutschen Härtegrade« eines Wassers geben an, wie viel Theile CaO in 100. 000 Theilen des Wassers enthalten sind.

Während die gewöhnlichen Quellen von Eisen nur geringe Spuren enthalten, steigert sich der Gehalt bei den »Eisenquellen« bis auf 3 ?4 Th. Eisenoxyd in 100. 000 Th. Wasser.

Die Alkalisalze, Chloride oder Sulfate von Natrium oder Kalium be tragen in den gewöhnlichen Quellen nur äusserst wenig; bei den »Soolquellen« zeigt; sich dagegen ein Gehalt von Chlornatrium bis zu einigen Procenten; endlich enthalten die Heilquellen von Karlsbad, Marienbad, Eger 2 bis 500 Th. Glaubersalz in 100. 000 Th. Wasser, Püllna über 60 Th. Bitter salz, Ems 200 ?300 Th. doppeltkohlensaures Natron.

Wenn Ammoniak, salpetrige Säure, Salpetersäure (in Form von Salzen) sich im Grundwasser finden, so handelt es sich hier um Substanzen, welche von organischen, namentlich thierischen Abfallstoffen herstammen: die stickstoffhaltigen Bestandtheile der letzteren werden durch an der Bodenober fläche, respective in den oberen Schichten des Bodens vegetirende Bakterien umgewandelt. Es bildet sich zunächst Ammoniak; dann (unter Mitwirkung atmosphärischen Sauerstoffs) entstehen Nitrite und Nitrate (Nitrification). Alle diese chemischen Substanzen, ebenso wie die im Wasser vor handene »organische Substanz« (namentlich aus Huminsubstanzen bestehend) haben an sich, selbst wenn sie in grosserer Menge im Wasser vorhanden sind, keine schädliche Wirkung; die Bedeutung ihres Nach weises liegt vielmehr darin, dass sie zeigen, ob das untersuchte Wasser auf seinem Wege durch den Boden in mehr oder weniger grosser Ausdehnung solche Stellen durchflössen hat, an denen sich Vorgänge der Zersetzung organischen Materials (Abfallstoffe) abspielen, respective wie weit die Nitrificirung dieses Materials in dem in Betracht kommenden Boden gediehen ist. Was specien den Gehalt des Wassers an Chlor (Kochsalz) an geht, so würde eine grössere Menge desselben im Wasser aus solchem Terrain, welches nicht gerade in der Nähe unterirdischer Kochsalzlager sich befindet* stets auf eine Verunreinigung des Bodens (und damit des Grundwassers) durch Abfallstoffe, namentlich durch Harn, hinweisen. Eine charakteristische Eigenschaft des Grundwassers (und damit auch des Quellwassers) ist ?feinporiger Boden vorausgesetzt ?die, dass es frei ist von suspendirten Bestandtheilen und damit auch von Mikroorganismen.

Wir haben also in dem Grundwasser unter normalen Bodenverhältnissen ein Wasser vor uns, welches vor allem stets frei ist von irgend welchen Infectionsstoffen. Dieser Punkt stellt das Grundwasser zur Speisung öffentlicher Wasserversorgungsanlagen bei weitem an die erste Stelle. Die Keimfreiheit verdankt das Grundwasser seiner Passage durch den Boden, in welchem es eine sehr sorgfältige Filtration erfährt. Diese Verhältnisse sind zuerst durch C. Praenkel2) genauer studirt worden. Selbstverständlich kommt es bezüglich der Frage nach dem Keimgehalte im Grundwasser stets auf die Beschaffen heit des Bodens an. Haben wir z. B. felsiges Terrain mit Rissen und Spalten, so kann das zutage tretende Quellwasser gelegentlich kein gut, sondern recht schlecht oder auch gar nicht filtrirtes Grundwasser repräsentiren und damit auch Mikroorganismen in grosserer oder geringerer Menge enthalten.

Das Wasser von Flüssen und Seen (Oberflächenwasser) unter scheidet sich sowohl in chemischer wie in bakteriologischer Beziehung sehr wesentlich von dem Grundwasser. Es ist im allgemeinen viel weniger hart (enthält viel weniger anorganische Substanzen gelöst) als das Grundwasser und ist dagegen viel reicher an organischen Substanzen, speciell auch an
Mikroorganismen. Der Grund liegt auf der Hand: das Oberflächenwasser ist allen möglichen Verunreinigungen direct ausgesetzt. Die wichtigste Rolle spielen hier der Schiffsverkehr, einmündende Canäle, Pabrikabwässer (namentlich von Zuckerfabriken, Färbereien, Gerbereien u. s. w.), ferner das Abspülen benachbarten bewohnten Terrains bei Regengüssen. Ein verun reinigter Fluss macht bei seinem weiteren Laufe, falls nicht weitere Verunreinigungen dazutreten, den Process der sogenannten »Selbstreinigung« durch, d. h. das vorhandene organische Material wird durch die Thätigkeit der Bakterien allmählich mehr und mehr aufgezehrt, und die letzteren setzen sich nach dem Absterben allmählich zu Boden. Die Thatsache aber, dass Oberflächengewässer unter allen Umständen Verunreinigungen von aussen jederzeit preisgegeben sind, macht dieselben für Wasserversorgungen viel weniger geeignet, als es das Grundwasser ist. Jedenfalls ist Oberflächen wasser, ohne dass ein besonderer Reinigungsprocess mit ihm vorgenommen wird, nie zu Wasserversorgungen zu verwenden. Dazu kommt noch, dass das Oberflächenwasser in seiner Temperatur von der Jahreszeit, respective der herrschenden Lufttemperatur abhängig ist, während das Grundwasser in seiner Temperatur viel weniger derartigen Schwankungen unterworfen ist.

Meteorwasser (aus den hier und da oberflächlich sich ansammelnden atmosphärischen Niederschlägen bestehend) ist stets sehr arm an gelösten Salzen. Es enthält Körper, die es bei seiner Passage durch die Luft auf genommen hat: Ammoniak, Oxyde des Stickstoffs und vor allem auch aus der Luft stammende Mikroorganismen. Das Meteorwasser kommt für Wasser versorgungen selten in Frage. Dort, wo es zu diesem Zwecke direct heran gezogen werden soll, ist es von Wichtigkeit, nicht blos die Grosse der Niederschläge zu beachten, sondern auch die Grosse der Verdunstung und infolgedessen auch die gesammte Configuration und Beschaffenheit des Bodens, die herrschenden Winde, die Temperaturverhältnisse, den gesammten klimatischen Charakter. Selbstverständlich werden die meteorischen Wässer je nach der Jahreszeit in ihrer Temperatur grosse Schwankungen zeigen.


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