Vulva: Garrulitas vulvae

Heilkundelexikon

Vulva: Garrulitas vulvae


Unter Garrulitas vulvae versteht man den Austritt von Luft aus der Scheide unter hörbarem Geräusch, eine Art »vaginalen Rülpsens«, welches die Frauen sehr belästigt. Der in aufrechter Stellung oder in horizontaler Lage positive Innenbauchdruck wird in Knieellenbogen-oder SiMs'scher Lage, ebenso in starker Steiss- rückenlage negativ. Wird nun die Vulva durch ein Rinnenspeculurn eröffnet oder ist ihr Verschluss (durch Dammriss oder im Wochenbett) insufficient, so dringt Luft nach dem Ort des geringeren Druckes, der Scheide, ein, um beim Lagewechsel der Frau unter hörbarem Geräusch wieder auszutreten. Die Auffassung Veit's *), dass allerdings mangelhafter Schluss der Vulva zu dieser Erscheinung prädisponire, dass aber die Grundursache der Ueber- tritt eines gasbildenden Darmpilzes, zum Beispiel des Bacterium coli com- mune, aus dem Darm in die Scheide sei, können wir nicht theilen. Alle bei der Garrulitas vuhae von Veit erhobenen Befunde (Erweiterung der Vulva durch Dammriss, massige Schwellung und Auflockerung der Scheidenschleimhaut und dadurch gegebene günstige Ernährungsbedingungen für Mikro organismen, schaumiges Scheidensecret) scheinen uns viel ungezwungener sich durch Luft-und Bakterieneintritt bei klaffender Vulva und durch con- secutive bakterielle Kolpitis und Endometritis zu erklären, als durch einen hypothetischen gasbildenden Pilz, der bei der Kolpitis emphysematosa in die Wand eindringt und Luftcysten erzeugt, während er bei der Garrulitas vulvae sich auf das Lumen der Vagina beschränken soll und da seine wunderlichen Symptome macht (Veit).

Der beste Gegenbeweis gegen die Annahme eines solchen gasbildenden Mikroorganismus als Ursache der Erkrankung liegt darin, dass man bei Frauen mit Dammriss und klaffender Vulva, besonders im
Wochenbett, durch starke Erhöhung des Kreuzes bei tiefliegendem Kopfe ?Steissrückenlage (z. B. durch Unterschieben eines ziemlich hohen Stechbeckens unter das Kreuz) und durch rasche Wiedereinnahme der früheren Position (halbsitzende Stellung im Bett, mit erhöhtem Intraabdominaldruck) oft willkürlich das qu. Phänomen hervorrufen kann.

Ein fernerer Beweis liegt in der allein wirksamen Therapie der Garrulitas vulvae, nämlich einer Kolpoperineorrhaphie mit Wiederherstellung des Verschlusses der Vulva und Scheide. Literatur: Veit, Handb. d. Gyn. I, pag. 277.


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